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Baumeister für die ganze Welt

"Magier des Eisens" wurde der Ingenieur Alexandre Gustave Eiffel von Zeitgenossen genannt. Sein größtes Vermächtnis ist der nach ihm benannte 300-Meter-Turm zur Pariser Weltausstellung von 1889.

Von Mathias Schulenburg | 15.12.2007
    Als das Unglück geschah, befand sich Gustave Eiffel auf dem Höhepunkt seiner Unternehmerkarriere, die mit der Katastrophe auch ihr Ende nahm. Die Schweizer Untersuchungsbehörden entlasteten den Ingenieur später mit einem Freispruch zweiter Klasse, aber immerhin: Seine Firma und er hatten die Birsteinbrücke in Mönchenstein bei Basel zu verantworten, die - mit allzu schwachem Material gebaut - im Juni 1891 unter der Last eines vollbesetzten Zuges zusammenbrach und 80 Menschen in den Tod riss. Nicht lange danach nahm Eiffel von allen unternehmerischen Tätigkeiten Abstand - nach einer Karriere voller fabelhafter Höhepunkte.

    Alexandre Gustave Eiffel wurde am 15. Dezember 1832 in Dijon/Frankreich geboren. Seinen Namen verdankte er einem deutschen Vorfahren aus dem Eifelnest Marmagen, der eigentlich "Bönnickhausen" hieß, was in Frankreich nicht vermittelbar war, weshalb er schließlich "Eiffel" genannt wurde, nach damaliger Schreibweise mit zwei "f". Nach einem ingenieurwissenschaftlichen Studium der Chemie und einem Praktikum in einer Eisenhütte fand Gustave Eiffel eine Anstellung als Bauleiter, verantwortete schon mit 26 Jahren eine Aufsehen erregende Brücke in Bordeaux, wechselte die Stellungen und gründete schließlich im Alter von 34 Jahren sein eigenes Unternehmen, das in der Folge Brücken in ganz Europa baute, aber auch in Peru, Bolivien und Ägypten - meist für die Eisenbahn, deren Bedeutung in dieser Zeit einen Höhepunkt erfuhr.

    Gustave Eiffels Zeit wurde von einem ungeheuren Fortschrittsglauben beseelt, dessen lichte Seiten Jules Verne meisterhaft zu schildern wusste. Eine Manifestation dieses Fortschrittsglaubens war die Pariser Weltausstellung von 1889. Als für die ein wahrhaft monumentales Monument gesucht wurde, traten drei Herren vor die Vorbereitungskommission: Die Ingenieure Sebillot und Bourdais trugen, von Bildungsreisen nach Amerika inspiriert, die Idee eines Sonnenturms vor, in herkömmlicher Mauerwerksbauweise errichtet, der an seiner Spitze riesige Scheinwerfer trug, die ganz Paris wie eine künstliche Sonne erleuchten sollten.

    Der dritte Herr, Gustave Eiffel, brachte eine für die Ästhetik der Zeit ungewöhnliche Stahlkonstruktion ins Gespräch, die aus Kostengründen schließlich den Zuschlag erhielt. Der heute so genannte Eiffelturm wurde gebaut.

    Dabei stammten die Idee und die technischen Detailausführungen von einem Angestellten Eiffels, Maurice Koechlin, der freilich nach Art des stillen Gelehrten keine öffentliche Ehrung begehrte. Tatsächlich blieben sich die beiden Ingenieure bis ins hohe Alter gewogen. Ein weiteres Glanzstück aus dem Hause Eiffel war die Freiheitsstatue, ein Geschenk Frankreichs an Amerika, unter deren gefälligem Äußeren sich ein tragendes Gitterwerk aus Stahl befindet - wieder von Maurice Koechlin berechnet.

    Dann kam der Niedergang: Gustave Eiffel sackte in den Korruptionssumpf, der den Bau des Panamakanals umgab, wurde angeklagt, zu zwei Jahren Gefängnis verurteilt und aus formellen Gründen wieder freigesprochen. Aber ein Makel blieb haften. Und dann die Geschichte mit der Birsteinbrücke.

    Eiffel widmete sich fortan nur noch der Wissenschaft und errichtete ein großes aerodynamisches Laboratorium. Sein Windkanal in Auteuil bei Paris, für die Entwicklung von Kampfflugzeugen des Ersten Weltkriegs gebaut, später für zivile Konstruktionen wie Sportwagen verwendet, ist heute noch in Betrieb. Gustave Eiffel starb 1923 im Alter von 91 Jahren in Paris.
    Freiheitsstatue mit Blick auf Manhattan
    Freiheitsstatue mit Blick auf Manhattan. (dradio.de)