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Baumkuchen und Bierkrieg

Einst zählte Salzwedel im heutigen Sachen-Anhalt zu den wohlhabenden Hansestädten. Die riesige Marienkirche und das Rathaus zeugen noch heute von dem einstigen Reichtum der Stadt. Für Besucher des Hansetags lohnt sich jedoch nicht nur ein Stadtbummel, sondern sie können auch die Salzwedeler Spezialität probieren: den Baumkuchen.

Von Eva Firzlaff | 08.06.2008
    Wir steigen mit der Stadtführerin Jutta Jaeger auf den Turm des früheren Rathauses der Neustadt und gucken auf die ausgedehnte gepflegte Fachwerk-Altstadt, eigentlich auf zwei Städte. Um 800 soll Karl der Große hier gewesen sein, später spricht man von der Stadt am Salzweg, 1236 schon als Hansestadt erwähnt. Dann wurde die neue Stadt gleich an die alte angebaut.

    "Es ist Fachwerk in beiden Städten. Die hauptsächlichen Backsteinkirchen waren in der alten Stadt. Die Straßen sind breiter in der neuen Stadt und sie verlaufen geradlinig, ist schon geplant. In der alten Stadt ist alles um die Burg herum gewachsen."

    Von der Burg steht nur noch der dicke Wehr- und Wohnturm. Erst 1713 - auf kurfürstlichen Befehl - vereinigten sich beide Städte. Das heutige Amtsgericht - ein richtig großer Backsteinbau - war das Altstädter Rathaus. Bei dessen Anblick denkt man an Lübeck oder Stralsund, Hanse eben. Und davor die Kreuzung.

    "Das ist die Handelskreuzung überhaupt. Das ist die Salzstraße, die von Lüneburg nach Schönebeck, nach Magdeburg führte. Die Handelsstraße von Braunschweig nach Hamburg. Das ist die Kreuzung, mit der man Geld verdient hat, Zölle erhoben hat."

    Und das reichlich - wie man heute noch am Rathaus sieht und an der riesigen Marienkirche. Sie wurde gerade frisch restauriert. Wolfgang Heilbrink von der Gemeinde zeigt den prächtigen Hochaltar.

    "Das ist der größte Altar, den wir hier in der Altmark haben. Das ist alles geschnitzt, mit Gold verziert und sehr prachtvoll. Und eine Besonderheit haben wir hier auch: unser Taufbecken. 1520 in Nürnberg gegossen, aus Bronze. Das ist beheizbar und einmalig in Deutschland."

    Ein anderer wichtiger Altar hängt im Museum in der alten Propstei. Museumsleiter Ullrich Kalmbach:

    "Das ist ein Altar von Lucas Cranach dem Jüngeren, also aus dessen Werkstatt. Die haben eine ganze Reihe von Reformationsaltären hauptsächlich im Wittenberger Raum geschaffen. Aber so ein Stück steht auch bei uns. Cranach hat den Weinberg, dieses Motiv 'Der Weinberg des Herren' als Hauptmotiv für den Mittelteil verwandt. Daher der Name 'Weinbergsaltar'."

    Dieser Altar stammt aus der Mönchskirche. Das Kloster ist schon lange keins mehr - und die stattliche Kirche seit 30 Jahren Konzertsaal. Alles, was einen glanzvollen Rahmen braucht, findet hier statt.

    Wichtig für Salzwedel war auch die Jeetze, die bei Hitzacker in die Elbe mündet.
    Man hatte extra die Dumme umgeleitet, um der kleinen Jeetze mehr Wasser zu verschaffen, damit sie schiffbar würde. Die Jeetze zieht sich durch die ganze Stadt. Viele Häuser hatten ihren eigenen Anleger. Es gibt noch eine Straße "Am Hafen" und den alten Hansehof.

    "Das ist heute ein Hotel. Hinter diesem Haus befindet sich der Hof, der Lagerplatz. Hier landeten die Schiffe an. Und damit sie etwas weiter in die Stadt kamen, ist diese Strasse hier etwas erhöht und heißt Hohe Brücke."

    Wobei man sich die Schiffe nicht wie die legendären Hansekoggen vorstellen darf. Es waren Kähne mit flachem Boden, ähnlich wie die im Spreewald. Richtung Elbe konnte man sich wohl mehr oder weniger treiben lassen, doch von Hitzacker nach Salzwedel musste man staken, gegen die Strömung, denn treideln ging nicht am sumpfigen Ufer.

    Der Handel machte Salzwedel reich. Und auch die anderen Hansestädte in der Altmark: Stendal, Tangermünde, Seehausen. Handel mit Salz, flandrischen Tuchen, Holz, Getreide, Bier. Doch Ende des 15. Jahrhunderts kam es zum Bierkrieg. Der Brandenburger Kurfürst belegte das Bier mit einer Extra-Steuer. Die Altmärker weigerten sich, zu zahlen. Doch der Kurfürst bezwang die Städte, nahm ihnen die Privilegien und zwang sie auch, aus der Hanse auszutreten. Vorbei war die Blüte.
    Später fehlte dann für Neubauten das Geld, so blieb der mittelalterliche Charakter erhalten.

    Der Baumkuchen hat nichts mit der Hanse zu tun, ist aber die Salzwedeler Spezialität. Vor 200 Jahren kam ein Bäcker auf die Idee, den Rührkuchenteig nicht in eine Form zu gießen, sondern mit einer Kelle auf eine Holzwalze zu kleckern, die sich vor dem offenen Feuer dreht. Das ist eine Kunst.

    "Baumkuchen Kunst: Das hat mit Augenmaß und Fingerspitzengefühl sehr viel zu tun, das richtige Maß zu finden, wann kommt die nächste Schicht, wann ist der Kuchen gut."

    20 Minuten dauert es, bis ein Baumkuchen fertig gebacken. Dann kommt noch die Schokolade drauf.