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"Bayern als Exzellenzstandort wirklich weiterentwickeln"

Bayerns Unis haben Angst: Ludwig Spaenle, der neue Superminister für Schulen und Wissenschaft, könnte sich rein zeitlich gar nicht ausreichend um den Riesenbereich kümmern. Für den neu gekürten Minister kein Problem - dank eines ganzheitlichen Ansatzes.

Ludwig Spaenle im Gespräch mit Manfred Götzke | 21.10.2013
    Manfred Götzke: Es gibt nur einen wahren Superminister unter den neuen Superministern in Bayerns neuem Kabinett, und das ist weder Heimat- und Finanz-Superminister Söder noch Wirtschafts- und Medien-Superministerin Aigner – es ist Ludwig Spaenle, Superminister für Schulen und Wissenschaft. Spaenle ist damit für ein Drittel des gesamten Haushalts und 100.000 Untergebene verantwortlich, und das schmeckt nicht allen. Letzte Woche haben die bayerischen Universitäten ein Positionspapier mit Bedenken und Forderungen publiziert. Wolfgang Herrmann, der Präsident der TU München, der sagte bei uns, in Campus & Karriere:

    Wolfgang Herrmann: Was die Universitäten und Hochschulen betrifft, muss der neue Minister Doktor Spaenle schon gewaltig aufdrehen. Wenn Bayern nicht zurückfallen soll, wenn wir hier nicht vorbereitet sind mit unserer jungen Intelligenz, an der Spitze der Wissenschaft und Forschung zu bleiben, dann kann sich Bayern abschreiben. Deswegen fordere ich so vehement eine Sonderbetrachtung, ich sage sogar eine Sonderbehandlung der Wissenschaft zum jetzigen Zeitpunkt an.

    Götzke: Ob die Universitäten damit rechnen können, darüber habe ich mit Ludwig Spaenle vor der Sendung gesprochen, und ich habe ihn zuerst gefragt: Ist im Kulturministerium so wenig zu tun, dass Sie sich jetzt noch mehr Arbeit suchen?

    Ludwig Spaenle: Das ist eine Leitentscheidung des Ministerpräsidenten, die der bayerische Landtag bestätigt hat, die jetzt ermöglicht, und das halte ich für eine wirkliche Chance, dass wir den gesamten Bereich der Bildungspolitik von der Grundschule bis zu den hohen Schulen, letztlich bis hin zur Erwachsenenbildung aus einem ganzheitlichen Ansatz heraus gestalten. Das fordert den ganzen Mann, da wird – alle Tage sind gleich lang, aber die müssen jetzt halt ein wenig breiter werden.

    Götzke: Herr Spaenle, der Präsident der TU München, Wolfgang Herrmann, sagt, Sie müssten, was die Hochschulen betrifft, gewaltig aufdrehen. Werden Sie das tun, werden Sie den Geldhahn zum Beispiel aufdrehen.

    Spaenle: Also erst mal bin ich ja mit dem Herrn Professor Herrmann ja schon seit Langem im Gespräch, auch über meine Tätigkeit als Kultusminister, weil ja die TU mit einer innovativen School of Education auch einen wichtigen Akzent gesetzt hat. Insofern verstehe ich das als Rückenwind für eine wichtige Aufgabe.

    Götzke: Ja, jetzt haben Sie meine Frage aber nicht beantwortet: Wird es mehr Geld geben?

    Spaenle: Zunächst einmal ist der Doppelhaushalt in Bayern beschlossen. Wir werden im Nachtragshaushalt gewisse Akzente setzen, und jetzt darf ich schon einmal darauf hinweisen, dass wir in weiten Bereichen, was die Hochschulfinanzierung angeht, in Bayern ja im bundesweiten Wettbewerb uns im vordersten Bereich bewegen.

    Götzke: Die Hochschulpräsidenten befürchten, dass das bald nicht mehr so ist, und dass Bayern in Rückstand gerät gegenüber den Universitäten in Baden-Württemberg zum Beispiel. Was wollen Sie tun, damit die Hochschulen nicht zurückfallen, wie Wolfgang Herrmann zum Beispiel befürchtet?

    Spaenle: Ich verstehe ein Stück weit – oder ich wundere mich ein bissel über die Verzagtheit mancher bayerischer Universität, die ein Stück weit ja die eigenen Leistungen scheinbar, sag ich jetzt mal, klein redet.

    Spaenle verspricht "zielorientierten Wissenschaftspolitik"
    Götzke: Die Hochschulpräsidenten, die ängstigen sich vor allem um die Hochschulautonomie, die ihr liberaler Vorgänger, Wolfgang Heubisch, ausgebaut hatte. Werden Sie zum Beispiel rückgängig machen, dass die Hochschulen die Profs alleine, autonom berufen können? Oder können Sie da die Universitäten beruhigen?

    Spaenle: Es gibt einen Beschluss des bayerischen Landtags, der das Wissenschaftsministerium und die bayerischen Hochschulen zur Evaluierung dieser jetzt bislang befristeten Übertragung des Berufungsrechts bis zum Ende des Jahres auffordert. Dieser Bericht, so wurde mir bei meinen Einstiegsgesprächen mitgeteilt, ist gerade im Werden. Ich werde mir den natürlich sehr, sehr gründlich anschauen und dann dazu auch eine Meinung bilden. Vor mir braucht sich niemand ängstigen, sag ich jetzt einmal, und da sehe ich auch keinen besonderen Ausdruck von Liberalismus, sondern das gehört zu einer zielorientierten Wissenschaftspolitik, dass man im Dialog mit den Hochschulen dann auch die Weiterentwicklung ihres Handlungsspielraums und ihrer normativen Grundlagen gestaltet.

    Götzke: Wenn ich Sie da richtig verstehe, heißt das aber auch, wenn die Evaluierung negativ ausfällt, könnte das Berufungsrecht wieder genommen werden.

    Spaenle: Das können Sie nicht verstehen, weil ich Ihnen genau beschrieben hab, wie der Vorgang ist, den der Landtag in der letzten Periode festgelegt hat. Und dieses wird im Moment evaluiert mit Zielvorgaben wie etwa der Frage, die Geschwindigkeit der Berufungsverfahren, die hat sich, wie mir gesagt wird, positiv entwickelt und so weiter. Also werde ich mir diesen Prozess anschauen, sonst bräuchte ich einen Evaluierungsprozess, den mein Vorgänger eingeleitet hat, ja gar nicht mehr zu Ende bringen.

    Exzellenzstandort für Wissenschaft und Forschung
    Götzke: Was wollen Sie anders machen als Ihr Vorgänger Wolfgang Heubisch?

    Spaenle: Ich habe jetzt keine Kritik an einem Koalitionspartner zu üben, mit dem wir und auch ich ganz persönlich als Kultusminister mit den Kollegen im Wissenschaftsressort wirklich gut zusammengearbeitet habe. Mein Ziel ist, Bayern als Exzellenzstandort wirklich weiterzuentwickeln, und zwar Exzellenz im Bereich von Wissenschaft und Forschung. Aber ich will auch ein Exzellenzstandort der Lehre werden.

    Götzke: TU-Präsident Wolfgang Herrmann, ich beziehe mich immer wieder darauf, weil er dieses Papier verfasst hat, er fordert, dass Sie die Interessen der Hochschulen im Bund stärker vertreten. Werden Sie das tun, zum Beispiel, indem Sie sich für die Abschaffung des Kooperationsverbots zwischen Bund und Ländern im Hochschulbereich einsetzen?

    Spaenle: Da rennen wir durch dieselbe Türe. Es sind die unionsgeführten Länder, die auf eine Änderung des Artikels 91 b des Grundgesetzes massiv gedrängt haben, und es waren die SPD-geführten Länder, die die Möglichkeit hier bereits, jetzt hätte ich gesagt, schon vor knapp einem Jahr, also mindestens seit dem Jahreswechsel, die Möglichkeit gehabt hätten, indem der Bundesrat eben sich dem zur Verfügung stellt mit der Zweidrittelmehrheit, diese Grundgesetzänderung herbeigeführt zu haben. Man hat es aus wahltechnischen Gründen blockiert.

    Ich bin einer der ersten gewesen, der das auch als Sprecher der B-geführten Länder massiv angemahnt hat. Wir haben einen Vorschlag unterbreitet, dass wir in anderen Feldern mit dem Instrument des Staatsvertrages auch hier für bessere Verlässlichkeit auf Bundesebene sorgen.

    Götzke: Lassen Sie uns über diese anderen Felder sprechen, das ist ja genau der Punkt der SPD. Die will das Kooperationsverbot auch im Bereich Schule wieder aufknüpfen. Da war die Union lange Zeit dagegen. Jetzt hört man aus der "FAS", dass Union und SPD sich vor den Koalitionsverhandlungen einig sind, dass Deutschland mehr Ganztagsschulen brauche, und möglicherweise es dort auch Finanzierung aus dem Bund gibt.

    Spaenle: Also zunächst einmal bin ich der Auffassung, dass wir im Bereich der Ganztagsschulen natürlich entsprechende Entwicklungen brauchen, das gilt ja für mich in meiner bisherigen Arbeit auch als Kultusminister. Wir haben das massiv ausgebaut, die Bertelsmann-Studie hat uns hier die größte Ausbaudynamik bescheinigt unter allen Ländern.

    Zum Zweiten haben wir einen Vorschlag unterbreitet, der sich stützt auf einen einstimmigen Beschluss der Ministerpräsidentenkonferenz vom Dezember letzten Jahres, der nämlich die Übertragung eines Umsatzsteuerpunktes auf die Länder im Bereich der Bildung einfordert. Jetzt ist völlig klar, dass der Bund sagt, ja, ja, Freunde, so wetten wir nicht, wir geben euch Geld und es versickert irgendwo. Deswegen ist es der Vorschlag der unionsgeführten Länder, insbesondere von Sachsen und Hessen und Bayern, einen Staatsvertrag anzubieten …

    Götzke: Warum dieser Umweg über einen Staatsvertrag?

    Spaenle: Weil das Anliegen oder die Kernkompetenz der schulischen Bildung aus unserer Sicht ein Teilbestand der wichtigen Aufgabe der Länder ist, schulische Bildung insgesamt, und zwar nahe bei den Menschen, demokratisch durch die Wahlen zu den Landtagen rückgebunden zu organisieren.

    Götzke: Warum sollte Kooperation im Bereich Hochschule möglich sein, im Bereich Schule, Ganztagsschule nicht?

    Spaenle: Weil wir eine völlig andere Rechtsgrundlage jetzt schon haben. Über den 91b können schon jetzt und über andere Möglichkeiten kann der Bund projektbezogen und in anderen Fällen in der Wissenschaftspolitik mitwirken. Das ist auch durch die Föderalismuskommission II. nie verändert worden. Und ganz im Gegenteil, wir sagen, wir wollen, dass genau diese Tradition und Kultur der Mitwirkung des Bundes im Bereich der Hochschul- und Wissenschaftsfinanzierung durch die Änderung des 91b hin in Richtung einer institutionellen Förderung erweitert wird.

    Götzke: Mehr Geld für Schulen, aber bitte nicht durch die Abschaffung des Kooperationsverbotes, sagt Ludwig Spaenle, der neue Superminister für Wissenschaft und Schulen in Bayern. Danke schön!

    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.