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Bayernwahl
Mit der CSU im Häuserwahlkampf

In Bayern hat der Wahlkampf-Endspurt begonnen, die Kandidaten mobilisieren letzte Kräfte. Zum Beispiel in Münchens multikulturellem Innenstadtbezirk: Nach Prognosen fest in grüner Hand, versucht hier der CSU-Kandidat Hans Theiss, der Konkurrenz die Wähler abzujagen.

Von Tobias Krone | 12.10.2018
    Wahlplakat des Direktkandidaten Hans Theiss zur Landtagswahl in Bayern 2018
    Wahlplakat des Direktkandidaten Hans Theiss zur Landtagswahl in Bayern 2018 (dpa / Revierfoto)
    Ein Professor neigt normalerweise nicht zum Klingelputzen. In diesen Tagen ist das anders. Hans Theiss drückt jede Klingel, die er drücken kann.
    "Hallo?"
    "Grüß Sie, Theiss hier, ich hätte Informationen zur Wahl da. Dürften wir kurz rein?"
    "Ja."
    "Danke."
    Hans Theiss, Professor der Medizin an der Ludwig-Maximilians-Universität München, eilt mit rotem Kopf im weißen Polohemd die Treppe hoch. Unterm Arm einen Packen Flyer. Wahlwerbung für ihn und die CSU.
    "Grüß Gott, mein Name ist Hans Theiss. Darf ich Ihnen Informationsmaterial zur Landtagswahl dalassen. Ich kandidiere in München Mitte. Würde mich freuen, wenn ich Ihnen was dalassen dürfte."
    "Dalassen gerne."
    "Tschüß."
    Informieren: ja. CSU wählen: eher unwahrscheinlich. Hier auf der Schwanthaler Höhe, einem traditionellen Arbeiterviertel in Nachbarschaft zur Oktoberfestwiese reiht sich Döner-Imbiss an Hipster-Café. Nicht gerade das Stammpublikum der Konservativen, gibt Theiss zu:
    "Es gibt hier natürlich im Viertel eher eine linke Mehrheit, das gebe ich zu. Dennoch sind die Leute hier sehr nett, es gibt viele junge Familien. Es gibt ,glaube ich auch Leute, die noch unentschlossen sind. Und solange man ihnen eine Freude macht, denke ich, kommt es auch gut für uns rüber."
    Sneaker statt Janker
    Wahlhelfer Philipp Mayer, 24, hat selbst eine dunkle Hautfarbe und trägt lässige Sneakers. Er passt zum Team. Wer hier im Lodenjanker auftritt, reißt nichts. Das ist auch Hans Theiss bewusst, der seinen Häuserwahlkampf ebenfalls in jugendlichen Schnürschuhen bestreitet. Auch sein Plakatdesign unterscheidet sich radikal vom üblichen CSU-Weißblau:
    "Es ist so, dass ich vom Zivilberuf her Arzt bin, das auch 15 Jahre ausgeübt habe und das möchte ich als Person auch deutlich machen über die Plakate. Deswegen haben wir ein Logo, das ein, ja, origami-gefaltetes Herz ist, aber als solches auch erkennbar ist, das auch als Sprechblase dienen kann.
    Dann ist es so, dass die Bildsprache eine andere ist, meinen Arztberuf und als Hochschullehrer ausdrückt. Und das eher unkonventioneller ist, das deutlich macht, dass die CSU selbstverständlich auch die Trachtengruppen auf dem Land abbildet, aber auch großstädtisch auftreten kann."
    Wahlkampf ohne Asylpolitik
    Und so blickt Hans Theiss auf den Plakaten dem großstädtischen Latte-Macchiato-Publikum im leicht verwaschenen T-Shirt entgegen. Unprätentiös will der Mediziner, Jahrgang 1977, auftreten. Das Thema Asylpolitik klammert er lieber aus. Im hippen Multikulti-Viertel ist anderes wichtiger.
    "Ich denke, dass es die zwei Schlüsselthemen gibt. Wohnraum und Mobilität. Hier brauchen wir wirklich kluge Antworten für die nächsten Jahre und Jahrzehnte. Wir müssen das auch miteinander verzahnen - und tun das glaube ich auch sehr erfolgreich im Stadtrat seit 2014, dem ich ja auch angehöre."
    Doch dass zum Beispiel das städtische Verbot für Zweckentfremdung von Wohnungen noch nicht so richtig greift, merkt der CSU-Kandidat selbst:
    "Na, man hat schon im Glockenbach-Viertel teilweise Häuser erlebt, wo man 20 Wohnungen durchklingelt - und wenn dann zehn aufmachen, sind sechs oder sieben klar Airbnb-belegt. Wenn dann Mayer, Huber, Schulze an der Tür steht und vier Amerikaner aufmachen, ist die Sachlage klar."
    Überraschung an der Wohnungstür
    Hans Theiss ist frohen Mutes. Er hat hier nichts zu verlieren. Und so schocken ihn auch nicht Momente der Ablehnung, wie dieser.
    "Was ist das?"
    "Hans Theiss. Ich kandidiere in München Mitte für den Landtag. Darf ich Ihnen Infomaterial dalassen."
    (Lachen.)
    "Ähm. Ich wähle nicht die CSU, deswegen ..."
    "Hätten Sie sonst Fragen. Anregungen ..."
    "Nee. Tschuldigung. Ich habe gedacht, ich kriege jetzt ein Paket."
    "Ach so."
    "Dann noch einen erfolgreichen Wahlkampf."
    "Das ist nett. Danke. Tschüß."
    Die Frau an der Tür hatte den Paketboten erwartet. Von der CSU nimmt sie nichts an. Auch das erlebt Hans Theiss in den Blöcken der Münchner Innenstadt. Doch die Hälfte der Wähler sei noch unentschlossen. Und das zählt für den Kandidaten:
    "Es bleibt sicherlich bis zum Schluss spannend, und ich werde auch bis zum letzten Blutstropfen sozusagen um diesen Stimmkreis kämpfen. Und dann schauen wir am 14. Oktober um 18 Uhr, wo wir stehen."