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BBC Guernsey
Radio als "Dienstleister für die Nachbarschaften"

Die BBC ist weltweit bekannt als großer nationaler Sender, doch die britische Anstalt kann auch regional: Eines der kleinsten Studios sendet auf Guernsey. Die Kanalinsel untersteht direkt dem britischen Königshaus, was Besonderheiten für die Berichterstattung mit sich bringt.

Von Klaus Martin Höfer | 28.08.2018
    Das Logo von BBC Guernsey auf den Glastüren vor den Redaktionräumen
    Redaktionräume von BBC Guernsey (Deutschlandfunk / Klaus Martin Höfer)
    Moderator John Randall hat es sich im Studio 1 gemütlich gemacht: Sandalen ohne Socken, kurze Hose. Locker führt er durch seine Show. Kurz vor 15 Uhr ist es, Nachrichtensprecher Simon Fairclough kommt ins Studio, die Zettel mit den Nachrichtentexten in der Hand.
    Moderator John Randall im Studio 1 von BBC Guernsey sitzt am Sendepult mit Sandalen ohne Socken und kurze Hose
    Moderator John Randall im Studio 1 von BBC Guernsey (Deutschlandfunk / Klaus Martin Höfer)
    "BBC Radio Guernsey News at 3 o'clock, I am Simon Fairclough..."
    Die Hornissen stehen Vorort an erster Stelle
    Erst eine Meldung zum Mindestlohn auf Guernsey, dann eine zu gefährlichen Hornissen: Es geht sehr lokal zu. Anders als einige öffentlich-rechtliche Radios in Deutschland schaltet die BBC das Hauptprogramm nicht auseinander, um dann kurze Fensterprogramme aus Regionalstudios zu senden.
    Die BBC macht es umgekehrt: Studios wie das auf Guernsey werden von der BBC in London mit internationalen und nationalen Nachrichten beliefert, die dort in die lokalen Sendungen eingebaut werden, präsentiert von vertrauten Stimmen. Lokalnachrichten stehen dabei immer an erster Stelle, wie die von Nestern mit asiatischen Hornissen, die gerade ausgehoben worden sind.
    "Two more Asian hornets nests have neen treated in Guernsey today, both in St. Peter's. The first is a small nest treated in a hedgehog house next to a nest treated."
    Das seien Nachrichten, die die Zuhörer interessierten, sagt Kay Langlois. Sie wird am frühen Abend mit ihrer eigenen Show auf Sendung gehen, jetzt sitzt sie mit ihren Kollegen im Großraumbüro.
    "Wir sind ein Nachrichtenlieferant, Dienstleister für die Nachbarschaften. Reisethemen sind wichtig. Können die Flugzeuge starten und landen? Sind die nationalen Zeitungen per Flugzeug angekommen? Regnet es? Müssen Sie das Licht beim Autofahren einschalten, weil es so langsam dunkel wird? Welche Straßen sind gesperrt?"
    Zwei Videojournalisten und zwei fürs Internet
    Das Sendegebiet ist die Insel: Guernsey, 62.000 Einwohner, 25 Quadratkilometer. Dazu kommen die drei kleinen Nachbarn Herm, Sark und Alderney. Sie bilden das "Bailiwick of Guernsey", übersetzt etwa die "Vogtei Guernsey". Das ist etwas Besonderes, denn das Gebiet gehört nicht zum Vereinigten Königreich, sondern untersteht direkt dem britischen Königshaus, und ist auch nicht Teil der Europäischen Union. Genauso wie die andere Kanalinsel Jersey, wo die BBC ebenfalls ein eigenes Studio hat und dort für 100.000 Einwohner sendet. Gemeinsam machen sie auch ein kleines Lokalfernsehen.
    "Wir haben zwei Videojournalisten, die dort im Fernsehbüro arbeiten. Hier ist die TV-Kamera, die aber von Jersey, der großen Insel, aus gesteuert wird. Und wir haben noch zwei Leute fürs Internet. Wir haben nämlich Fernsehen, Radio und Internet, eine Website mit den BBC-Nachrichten und unsere lokale Seite."
    Die Website sei wichtig, sagt Kay Langlois, denn über ihre Handys bekämen vor allem die Jugendlichen die Nachrichten für die Inseln. Auch, wenn viel Musik zu hören ist, versteht sich BBC Guernsey eher als Wortprogramm mit Nachrichten, immer mit dem speziellen Bezug zu Guernsey.
    Keine Freizügigkeit auf Guernsey
    Wegen seiner Unabhängigkeit von EU und Königreich gelten einige Besonderheiten, auch für die Berichterstattung. Es gibt keine Mehrwertsteuer, eine Steuerobergrenze von 20 Prozent, ein eigenes Gesundheitssystem. Und keine Freizügigkeit, selbst wenn es um Briten geht. Wer nicht auf Guernsey geboren ist, dort aber wohnen und arbeiten will, muss dies beantragen - auch BBC-Journalisten.
    "Einige haben eine beschränkte Aufenthaltsgenehmigung, erst einmal für ein Jahr. Wenn wir sagen, wir brauchen die Leute wirklich, heißt es dann, okay, sie erhalten eine Genehmigung für drei Jahre. Und dann so weiter."
    Guernsey und Jersey - nicht nur die Kühe unterscheiden sich
    Auf der Kanalinsel Jersey betreibt die BBC ein weiteres Studio und ein ähnliches Programm. Ein paar Stunden in der Woche senden Guernsey und Jersey gemeinsam. Doch die Bewohner unterscheiden sich zu sehr, um das ständig zu machen.
    Zum Beispiel haben sie eine andere Art der politischen Selbstverwaltung, Unterschiede bei den Verkehrsregeln, und einen unterschiedliche Dialekt, bei dem die französisch-stämmigen Wörter anders ausgesprochen werden. Auch die traditionellen Guernsey- und Jersey-Kühe, auf die jeweils beide Inseln stolz sind, unterscheiden sich vom Körperbau und der Anmutung her. Alles keine Kleinigkeiten für die Lokalberichterstattung - und für die BBC Grund genug, zwei Studios mit eigenständigen Programmen zu betreiben.
    Kay Langlois ist da ausgeprägte Lokalpatriotin, schließlich hätten die Bewohner von Guernsey als Wappentier den Esel, und Jersey eine Kröte, stichelt sie.
    "Wir sind die Guernsey Esel, weil wir starrköpfig sind und wir uns von keinem was sagen lassen. Das ist ein Charakterzug. Jersey Kröte, sehen Sie, das klingt ja nun wirklich nicht so beindruckend."