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Behandlungsfehler
Ärzte bestätigen jede sechste Beschwerde

In Deutschland sind im vergangenen Jahr 2.243 Fälle von ärztlichen Behandlungsfehlern festgestellt worden. Laut Bundesärztekammer liegt die Zahl damit auf ähnlichem Niveau wie im Vorjahr. Große Unterschiede bei den Beschwerden gibt es zwischen niedergelassenen Ärzten und den Krankenhäusern.

Von Sören Brinkmann | 23.06.2014
    Gestellte Aufnahme: Auf einem Röntgenbild ist eine vergessene OP-Klemme im Bauchraum eines Patienten zu sehen.
    Ärztefehler wie vergessene OP-Klemmen im Bauchraum sind selten. (dpa / Klaus Rose)
    Wenn Patienten sich an die Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen wenden, dann geht es in den meisten Fällen um Probleme nach Gelenkoperationen und schlecht zusammenwachsende Brüche. Rund 12.000 Patienten haben sich im vergangenen Jahr bei den Ärztekammern wegen vermuteter Behandlungsfehler beschwert. Damit sind die Zahlen im Vergleich zum Vorjahr fast unverändert. In rund einem Viertel der bereits begutachteten Fälle wurden Behandlungsfehler festgestellt.
    Zunehmender Stress sei der Grund für viele dieser Fehler, meint Andreas Crusius, der Vorsitzende der zuständigen Kommission bei der Bundesärztekammer:
    "Überlange Arbeitszeiten und ständiger Leistungsdruck erhöhen natürlich die Fehlerwahrscheinlichkeit. Umso bemerkenswerter ist es, dass trotz des Anstiegs der Behandlungsfälle insgesamt die Zahl der festgestellten Fehler in den vergangenen Jahren konstant geblieben ist. Gemessen an der Gesamtzahl der Behandlungsfälle liegt sie im Promillebereich."
    Die Zahlen, die aus der Statistik für das Jahr 2013 hervorgehen, bilden nur einen Ausschnitt aller Patientenbeschwerden ab. Erfasst werden nur Fälle, die bei den Kommissionen der Bundesärztekammer landen. Kritik daran, dass die Gutachter hier selbst aus der Ärzteschaft kommen, weist der Vorsitzende der norddeutschen Schlichtungsstellen, Walter Schaffartzik zurück:
    "Wir werden nicht umhin kommen, medizinische Sachverständige zu haben – um genau zu sein, ärztliche Sachverständige desselben Fachgebietes. Was wir tun bei der Schlichtungsstelle ist, dass wir gucken, dass sie nicht aus demselben Ort stammen."
    Bereits im Mai hatte der Medizinische Dienst der Krankenkassen seine Zahlen für das Jahr 2013 vorgelegt. Er erstellte demnach rund 14.600 Gutachten wegen Verdachts auf Fehler - gut 2000 mehr als im Jahr davor.
    Die Deutsche Stiftung Patientenschutz fordert ein nationales Register für Behandlungsfehler. Der Vorsitzende Eugen Brysch beklagt, dass momentan jeder die Behandlungsfehler einzeln zählt. Er fordert, dass alle Informationen und Zahlen der Ärztekammern, des Medizinischen Dienstes der Kassen (MDK) und der Zivil- und Sozialgerichte zusammengefasst werden. Walter Schaffartzik von der Ärztekammer relativiert allerdings:
    "Wenn Sie mal vergleichen, was der MDK vorgestellt hat mit unseren Zahlen, dann werden Sie eine sehr hohe Deckungsgleichheit finden. Das heißt, es ist noch nicht klar, worin der Vorteil dann liegen wird. Wir Ärzte wissen, wo es zwickt: Das sind im stationären Bereich die operativen Fächer vor allen Dingen."
    Große Unterschiede bei den Beschwerden gibt es zwischen niedergelassenen Ärzten und den Krankenhäusern. Während in Krankenhäusern meist Probleme nach Operationen beanstandet werden, geht es bei den niedergelassenen Ärzten meist um möglicherweise falsche Diagnosen.