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"Beide haben sich ziemlich stark gehalten"

Barack Obama habe immer wieder versucht darzustellen, dass sein Herausforderer Mitt Romney keine Erfahrung im außenpolitischen Bereich habe, sagt der amerikanische Politikwissenschaftler Steven Sokol. Romney habe sich aber relativ gut gehalten.

Steven Sokol im Gespräch mit Dirk Müller | 23.10.2012
    Dirk Müller: Eins zu eins steht es bislang – kein Spielergebnis aus der Fußball-Bundesliga, sondern aus der Champions League der Politik. Zwei Fernsehduelle gab es bereits zwischen dem Herausforderer und dem Amtsinhaber. Einmal hatte Mitt Romney die Nase vorn, bei der zweiten Runde Barack Obama. Vor gut einer halben Stunde ist die dritte TV-Debatte zu Ende gegangen, sie könnte mit entscheidend sein für den Wahlausgang am 6. November, denn beide Kandidaten liegen auch bei den jüngsten Umfragen ganz dicht beieinander.

    Am Telefon sind wir nun verbunden mit dem amerikanischen Politikwissenschaftler Steven Sokol, Präsident des World Affairs Council in Pittsburgh, der gemeinsam mit seinen Kollegen das TV-Duell verfolgt hat. Guten Morgen!

    Steven Sokol: Guten Morgen!

    Müller: Herr Sokol, wer hat denn bei Ihnen im Institut den Daumen hoch bekommen?

    Sokol: Ach, das ist eine sehr schwierige Antwort. Beide haben ziemlich hart gegeneinander gekämpft und es ist sehr schwierig zu wissen, wie in den Meinungsumfragen diese Debatte ausgehen wird. Wie Sie gerade gehört haben, ist es im Moment sehr, sehr eng. Man kann natürlich sagen, dass Romney im ersten Duell gewonnen hat, Obama wahrscheinlich im zweiten, und jetzt im dritten ist es ein offenes Ergebnis, finde ich. Beide haben sich ziemlich stark gehalten, wobei ich würde sagen, dass Obama versucht hat, Romney auf die Defensive zu bringen.

    Müller: Es ist vielleicht für den amerikanischen Präsidenten, denkt man hier zumindest, zum Thema Außenpolitik – das gehört ja auch zu seinen originären Aufgaben – viel, viel einfacher zu glänzen als für den Oppositionspolitiker. Spielt Außenpolitik doch in der großen Auseinandersetzung in den Vereinigten Staaten nicht immer so die entscheidende Rolle, dementsprechend war Mitt Romney gar nicht so schlecht?

    Sokol: Seit Wochen sagt man hier, dass die Wirtschaft im Mittelpunkt stehen wird und dass Außenpolitik eigentlich keine Rolle spielen wird in der 212. Präsidentschaftswahl. Das hat sich alles verändert mit dem Tod von Botschafter Chris Stevens und das ist natürlich auch ein Thema von der Debatte heute gewesen. Beide haben gegeneinander gefechtet, es ging sehr viel um die Situation im Nahen Osten und gerade Terrorismusbekämpfung.

    Müller: Noch einmal die Frage: Mitt Romney, wie hat er sich geschlagen?

    Sokol: Mitt Romney hat sich relativ gut gehalten, wobei Obama hat immer wieder versucht, einfach darzustellen, dass er keine Erfahrung hat im außenpolitischen Bereich.

    Müller: Und Mitt Romney hatte ja nun objektive Schwierigkeiten damit. Die Außenpolitik, das war nicht sein Schwerpunkt. Sie haben es eben noch mal gesagt, Steven Sokol: Es ging ihm um die Wirtschaftspolitik in den zurückliegenden Wochen und Monaten. Dann hat es dieses Attentat gegeben in Libyen auf die amerikanische Botschaft mit den entsprechenden Folgen. Hat das alles geändert?

    Sokol: Zum Teil. Ich meine, es hat Außenpolitik zu einem größeren Thema in diesem Wahlkampf gemacht. Aber nach wie vor bleibt Innenpolitik und Wirtschaftspolitik im Mittelpunkt von diesem Wahlkampf und es war eigentlich sehr interessant, in einem Streitgespräch, das sich wirklich auf Außenpolitik gerichtet hat, zu hören, wie oft beide Kandidaten sich zurückgezogen haben auf Wirtschaftsthemen, aber auch auf Bildung und was im innenpolitischen Bereich gemacht werden muss, um Amerika zu stärken, um eine wichtige Rolle auf der Weltbühne zu spielen. Beide Kandidaten haben halt gesagt, dass man auch nach innen gucken muss, um diese internationalen Themen zu beantworten.

    Müller: Was haben beide Kandidaten zum Thema Iran gesagt? Gab es da Differenzen?

    Sokol: Es gab ein bisschen Differenzen bei beiden, und das ist natürlich ein wichtiger Themenpunkt. Mitt Romney hat vielleicht eine etwas aggressivere Stellung als die von Obama. Obama sagt, dass er mit Sanktionen sehr stark gearbeitet hat. Beide Kandidaten wollen natürlich nicht, dass Iran nukleare Waffen bekommt, und sehen natürlich, dass die Spannungen im Nahen Osten sich steigern können mit einem nuklearen Iran, und sie haben sich darüber so ein bisschen unterhalten im Laufe dieser Diskussion, gerade in Bezug auf Israel. Und beide haben natürlich gesagt, dass Israel ein großer Partner ist von den Vereinigten Staaten, dass man hinter Israel stehen muss.

    Müller: Es hat ja in den vergangenen Tagen Meldungen gegeben, unter anderem ja von der "New York Times" lanciert, wonach Obama dafür gesorgt hat, dass es bilaterale Gespräche geben soll zwischen Washington und Teheran. Das wurde dann anschließend von der Regierung wieder dementiert. Ist das zur Sprache gekommen?

    Sokol: Das ist sehr kurz zur Sprache gekommen und Obama hat gesagt, dass das eigentlich kein Bestandteil von der Diskussion sei. Er hat gesagt, dass es nach wie vor alle Optionen auf den Tafeln gibt und dass sogar eine militärische Aktion möglich wäre. Das hat er nicht ausgeschlossen. Aber das hat er vielleicht nicht so stark dargestellt, wie manche gehofft hätten.

    Müller: Reden wir über andere Themenkonflikte, Syrien zum Beispiel. Wie ist da die Debatte verlaufen?

    Sokol: Syrien hat natürlich auch eine Rolle gespielt. Beide waren sich einig, dass Assad gehen muss. Die Frage ist einfach genau, wann und wie. Beide haben auch gesagt, dass die amerikanische Regierung natürlich auch mit anderen Leuten in Syrien arbeiten muss, um zu wissen, wer in eine Regierungs- oder Entscheidungsfunktion kommen wird im Nachhinein. Beide waren sich einig, dass Assad gehen muss und dass Amerika nicht in einen Konflikt mit einbezogen sein kann. Man sucht natürlich nach einer effektiven Führungskraft in Syrien und hofft auf eine Lösung.

    Müller: Also eine Intervention ist nach wie vor ausgeschlossen?

    Sokol: So scheint es. So schien es zumindest.

    Müller: Blicken wir in Richtung Afghanistan. Wir haben es eben von unserer Korrespondentin Silke Hasselmann gehört: auch dort grundsätzlich Konsens. Abzug der amerikanischen Truppen bis 2014, das ist beschlossen, daran wird auch Mitt Romney nicht rütteln?

    Sokol: So schien es. So schien es gerade in dieser Diskussion. Was mich überrascht hat ist, dass China erst zur Sprache gekommen ist nach 70 Minuten und von Europa ist fast gar keine Rede gewesen. Man hat natürlich immer wieder über Partnerschaft gesprochen, die Tatsache, dass Amerika wichtige Partner braucht, um manche von diesen internationalen Themen zu lösen. Aber was Europapolitik angeht, ist da weder von dem einen, noch von dem anderen groß diskutiert worden.

    Müller: Wie wird China bewertet von beiden Seiten?

    Sokol: Die Frage ist gestellt worden, ob China die größte Herausforderung ist für Amerika. Obama hat gesagt, dass eigentlich Terrorismus die größte Herausforderung ist. Romney hat gesagt, dass er eigentlich Iran, einen nuklearen Iran als die größte Herausforderung, Sicherheitsherausforderung sieht. Und über China haben beide sich unterhalten, dass es natürlich einen gewissen Wettbewerb mit China gibt, aber auch, dass es Möglichkeiten gibt, mit China zusammenzuarbeiten, dass man darauf hinarbeiten muss. Das ist ein bisschen stärker betont worden von Obama, dass es eigentlich überschneidende Interessen gibt zwischen Amerika und China und dass man dahin arbeiten sollte.

    Müller: Bei uns heute Morgen im Deutschlandfunk Steven Sokol, Präsident des World Affairs Council in Pittsburgh. Vielen Dank für das Gespräch und auf Wiederhören.

    Sokol: Sehr gerne.

    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.

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