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Belgien
Alltag im Ausnahmezustand

In Belgien bleibt die höchste Terrorwarnstufe zunächst bestehen - für eine Woche. Die Bewohner der belgischen Hauptstadt müssen mit der Bedrohung eines Terroranschlages und mit verstärkten Sicherheitsvorkehrungen leben, trotzdem versuchen viele, in einen Alltag zurückzufinden.

Von Karin Bensch | 24.11.2015
    Ein Polizist und zwei Soldaten sichern ein Restaurant in der belgischen Hauptstadt Brüssel.
    Für den Großraum Brüssel gilt weiterhin die höchste Terrorwarnstufe (picture-alliance / dpa/ EPA/ Stephanie Lecocq)
    "Ja, ich denke, das war die richtige Entscheidung", sagt Victor. Und meint damit, dass die belgische Regierung die höchste Terrorwarnstufe aufrechterhält - für eine Woche. Sie gilt erst einmal bis kommenden Montag. Aber wird uns nicht davon abhalten, zu leben und was trinken zu gehen, meint der junge Mann. Hat er Angst, wenn er rausgeht, auf die Straße, in belebte Stadtviertel?
    Nein, sagt er. Wenn was passiert, dann passiert es eben. Trotz all der schwerbewaffneten Polizisten und Soldaten in der Stadt, gebe es keine absolute Sicherheit. Und trotzdem, man darf die Terroristen nicht gewinnen lassen, meint sein Freund.
    Verstärkte Sicherheitsbedingungen
    Leben mit dem möglichen Terroranschlag im Kopf. Und sich trotzdem nicht vom Leben abhalten lassen. Das ist im Moment die große Herausforderung in Brüssel. Durch die anhaltende höchste Terrorwarnstufe wird der Ausnahmezustand konserviert. Gleichzeitig soll aber der Alltag zurückkommen. Am Mittwoch werden die Schulen in Brüssel wieder öffnen. Allerdings unter verstärkten Sicherheitsvorkehrungen. Und dann sollen auch wieder die U-Bahnen fahren. Wird Victor die Metro dann wieder nehmen?
    Nein, ist fahre immer mit dem Fahrrad, sagt er. Sein Freund meint, klar, nehme ich die U-Bahn oder den Bus, um zur Arbeit zu fahren. Was soll ich machen?
    Eine ganze Woche mit der höchsten Terrorwarnstufe, dass findet Manou deprimierend und viel zu lang.
    Er hat ein Restaurant in einem beliebten Brüsseler Ausgehviertel und fürchtet, dass viele Leute durch den Ausnahmezustand zuhause bleiben werden. Und es macht auch irgendwie ein komisches Gefühl, meint Camille. Angst hat sie nicht, sagt sie, aber die ganze Situation stresst sie. Viele seien unsicher, würden ständig aufpassen. Die Stimmung ist im Moment ziemlich mies, meint Camille.
    "Wir müssen auch weiterleben"
    Diese massive Präsenz von Soldaten und Polizisten in der Stadt, die sei man einfach nicht gewöhnt, sagt Manou. Wie kann die belgische Regierung sagen, die Lage sei weiter ernst, es gebe noch immer konkrete Hinweise auf einen unmittelbaren Anschlag, und trotzdem morgen wieder die Schulen öffnen und U-Bahnen fahren lassen? Und das, obwohl mehrere mutmaßliche Terroristen der Pariser Anschläge immer noch nicht gefasst sind. Ja, das ist paradox, sagt Manou. Und dennoch, findet er, man könne nicht in einer Situation verharren, in der Menschen abgeriegelt sind.
    "Ich verstehe sehr gut, dass wir uns in einem Ausnahmezustand befinden", sagt Manou. "Aber wir müssen auch weiterleben, und es ist nicht gut, drin zu bleiben, in dieser seltsamen Stimmung."