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Beliebte Nadeln im Heuhaufen

Seit 1998 besitzen auch die Betreiber von Suchmaschinen im Internet ein eigenes, regelmäßiges Treffen, das sich ganz den Interessen der Anbieter sowie all jener widmet, die gerne von Surfern gefunden werden möchten. So ging es am 10. und 11. November in München nicht alleine um die Optimierung der dabei verwendeten Such-Algorithmen, sondern vor allem auch um die Anbahnung von Kontakten zwischen Suchmaschinenbetreibern und Werbetreibenden. Doch die Schau lieferte auch Einblicke in die Tricks und Kniffe, mit denen in Suchergebnissen geschickt Werbung eingefügt wird.

Michael Gessat | 15.11.2003
    Dass es im Internet vor Werbung für alle möglichen Dinge nur so wimmelt, ist eigentlich unübersehbar. Doch an die unzähligen Bildchen und Banner hat sich der Surfer gewöhnt – und klickt kaum noch darauf. Worauf er dagegen definitiv klickt, das sind die oberen Treffer nach der Abfrage einer Suchmaschine. Bannerwerbung ist out, eine gute Plazierung in Suchmaschinen ist in:

    Es gibt ein allgemeines Verständnis auf Seiten der Industrie dafür, dass eine Suchmaschinenstrategie äußerst wichtig für den Erfolg ihrer Webpräsenz ist, dass dies einen wirklichen Einfluss auf das Unternehmensergebnis hat. Und wir sehen, dass das Suchmaschinenmarketing an Bedeutung zunimmt und seinen gleichberechtigten Platz einnimmt neben den Ausgaben für die Marke und sonstige Werbung. Es gab die Bannerwerbung und jetzt gibt es die Suche: das ist etwas Neues und wichtiges und man muss damit richtig umgehen, wenn die Präsenz im Web davon profitieren soll.

    ...so der Organisator der "Search Engine Strategies Conference & Expo 2003"==, Matthew Finlay. Oft kann der User aber mittlerweile gar nicht mehr recht erkennen, was denn nun das "eigentliche" Ergebnis seiner Suche und was Werbung ist. Kein Zufall, denn die verschiedenen Betreiber haben unterschiedliche Ansätze: Auf der einen Seite die seit jeher offene kommerzielle Ausrichtung bei Overture, bezahlte Treffer bei den Partner-Suchmaschinen und Portalen zu platzieren. Auf der anderen Seite die Google-Philosophie, primär Suchwerkzeug zu sein, "Information bestmöglich verfügbar" zu machen und dann erst quasi als Nebeneffekt damit Geld zu verdienen. Ob man dies dem Marktführer nun abnehmen will oder nicht, ist eine andere Frage. Immerhin wird Werbung hier vergleichsweise am deutlichsten grafisch hervorgehoben und eindeutig als "Anzeige" bezeichnet. Aber eigentlich waren sich auf der Konferenz alle Beteiligten einig: Wenn ein User auf eine Fundstelle klickt, ob bezahlt oder nicht, sollte er ein relevantes Ergebnis bekommen.

    Bezahlte Fundstellen müssen dabei gar nicht schlecht abschneiden: Auch der Auftraggeber ist ja an Relevanz interessiert: Mit einem so genannten "sponsored Link", wie Unternehmen den gekauften Eintrag nennen, ganz an der Spitze einer Trefferliste zu erscheinen, kostet nämlich in jedem Fall richtig Geld. Google's Spezialität, die an der Seite der Trefferliste passend zum Suchbegriff eingeblendeten "AdWords" sind dagegen unter Umständen auch für kleinere Budgets interessant. Dazu Holger Meyer, der deutsche Vertriebsleiter bei Google:

    Wir sehen jetzt schon, dass wir 150.000 aktive Werbekunden haben, die das nutzen, das sind also nicht nur die großen globalen Player oder die großen Marken, sondern das ist gerade der Mittelstand, der dieses nutzt und der mit fünf Euro einsteigt oder bei fünf Cent per Klick liegt und so innerhalb von Minuten eine laufende Kampagne hat. Das ist sehr einfach gemacht, und das macht es eben aus.

    Angstvoll gespannt wartet die deutsche E-Commerce-Szene auf ein weiteres Google-Produkt, das sich ebenfalls über "Adwords" finanzieren soll und in den USA schon im Testbetrieb ist: "Froogle" durchkämmt die Angebote der Internet-Shops und sortiert die Fundstellen nach dem Preis – kostenlos für die Shopbetreiber. Das bringt das Geschäftsmodell von existierenden Shopping-Portalen und Shopping-Suchmaschinen wie "Kelkoo" ins Wanken, die den Händlern Klickgebühren oder Provisionen abzwacken. Überleben wird hier wohl nur, wer einen deutlichen Mehrwert an Information und Aktualität bieten kann, etwa durch direkten Durchgriff auf die Artikeldatenbanken der Anbieter. Bei allen Diskussionen rund um den Kommerz wirkte ein Referat über eine ganz spezielle und obendrein kostenlose Möglichkeit, im Netz zu finden und gefunden zu werden, geradezu exotisch:

    Das Open Directory Project ist ein Zusammenschluss von Freiwilligen, die Webseiten katalogisieren, und zwar weltweit; das Ganze wird von der Technik von AOL/Netscape zur Verfügung gestellt, ist aber ansonsten völlig unabhängig von dieser Firma. die Editoren arbeiten in ihrer Freizeit an den Kategorien, für die sie Verantwortung übernehmen, und suchen nach neuen Webseiten und bearbeiten neue Anmeldungen.

    ... berichtet die unter anderem für den Eintrag "München" zuständige Editorin Dorothee Büttgen. Der auf der Open-Source-Idee beruhende Katalog ist das umfassendste von Menschenhand editierte Verzeichnis von Webseiten. Die Katalogstruktur und die Einträge werden den Suchmaschinen zur Verfügung gestellt und in deren Verzeichnissen und Suchergebnissen gelistet und angezeigt. Und zwar mit hoher Relevanzbewertung:

    Ich denke, wer sich professionell damit beschäftigt, wird auch wissen, wie wichtig das Open Directory Project ist. Ansonsten haben wir - und deswegen sind wir ja auch auf einer Veranstaltung wie hier - ein bisschen ein Publicity-Problem und etwas Marketing könnte uns ganz gut tun...

    Der Eintrag im ODP gehört also mit zur erfolgreichen Suchmaschinen-Strategie – und das auch noch völlig kostenlos.

    Search Engine Strategies Conference