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Beppe Grillo - Komiker und Verweigerer

Das Ringen um eine Regierung in Italien geht weiter. Pier Luigi Bersanis Linksbündnis will statt Silvio Berlusconi den große Gewinner Beppe Grillo beteiligen. Der will aber nicht. Im Wahlkampf hatte er versprochen, alle Parteien von rechts bis links nach Haus zu schicken und sich in die absolute Opposition begeben.

Von Kirstin Hausen | 05.03.2013
    "Ich kann doch nicht schlecht über meine Berufskategorie reden."

    Sagt Roberto Benigni auf die Frage, was er persönlich von Beppe Grillos politischen Positionen halte. Der Schauspieler, Regisseur und Oscar-Preisträger für die Tragikomödie "Das Leben ist schön" gibt traditionell keine allzu ernsten Antworten. Auch beim heißen Thema Grillo zwinkert er amüsiert in die Fernsehkamera, hüpft von einem Bein auf das andere. Benigni stammt aus der Toskana und ist bekannt für seine Liebe zu den Linken. Doch auch über Beppe Grillo mag er nichts Schlechtes sagen.

    "Komiker sind in der Politik von heute schwer in Mode. Komiker an die Macht. Also, ich erwarte mir wenigstens einen Posten als Außenminister oder Staatspräsident, Grillo, vergiss deine alten Freunde nicht!"

    Zu den alten Freunden zählt auch Adriano Celentano, Sänger, Schauspieler und bekannt für seine öffentliche Kritik an Silvio Berlusconi. Ihm ist jemand, der wie Grillo gegen die Politikerkaste wettert lieber als jemand, der gegen Richter und Staatsanwälte hetzt wie Berlusconi. Die Vorstellung, die gesamte Politikerklasse nach Hause zu schicken und das Parlament mit idealistischen politisch unerfahrenen Leuten zu besetzen, wie Grillos es im Wahlkampf versprach, ist für die Italiener weniger erschreckend als für das Ausland. Denn die Italiener lesen seit Jahren jeden Tag in der Zeitung, wer sich gewissenlos aus der Staatskasse bedient, wer mit dem Dienstwagen die Kinder zu Schule fahren lässt und wer Bewirtungsspesen von zehntausend Euro pro Abend abrechnet. Sie haben gar keine Zeit mehr, sich über einen Skandal zu empören, da ist bereits der Nächste aufgedeckt. So systematisch korrupt und moralisch am Boden war Italien zuletzt in den Neunziger Jahren. Damals wurden die etablierten Parteien von Protestbewegungen hinweggefegt. Heute wissen die Italiener, dass Berlusconis Forza Italia und Umberto Bossis Lega Nord die Sache auch nicht besser gemacht haben und wenden sich einem neuen Hoffnungsträger zu. Eben Beppe Grillo. Sein prominentester Unterstützer ist Literaturnobelpreisträger Dario Fo. Er hat sich über Grillos Wahlerfolg gefreut und kein Problem damit, das offen auszusprechen:

    "Ich schau mir seine nächsten Schritte genau an, wir sind befreundet, vor einer halben Stunde habe ich noch mit ihm telefoniert."

    Dario Fo ist ein zutiefst politischer Mensch. Sein literarisches Werk steht in engem Zusammenhang mit seinem öffentlichen Engagement zugunsten der Linken. Zusammen mit seiner Frau Franca Rame nimmt er seit Jahrzehnten an Demonstrationen für den Sozialstaat, für mehr Demokratie und Bürgerbeteiligung teil. Denn Fo ist auch unkonventionell, gegen Parteienapparate und verkrustete Strukturen, ein Freigeist, ein Rebell. Und insofern Beppe Grillo gar nicht so unähnlich. Eine Bewegung, die von unten kommt und die oberen Parteispitzen erzittern lässt wie die 5 Sterne Bewegung ist ganz nach seinem Geschmack. Was Fo an Grillo schätzt?

    "Er hat viele junge Leute in die Politik geholt. Intelligente, wache kritische junge Menschen."

    Dass Beppe Grillo seinen Mitstreitern nahe legt, Talkshows zu boykottieren und keine Interviews zu geben, haben ihm die Medien sehr übel genommen. Zensur, Diktatur - waren die Schlagworte, aber dahinter steckt auch die Enttäuschung der Journalisten über den eigenen Machtverlust. Denn Beppe Grillo braucht die etablierten Medien nicht. Er hat seinen Blog. Und er twittert mit seinen Anhängern, statt über die Mattscheibe zu kommunizieren. Seine giftigen Töne finden aber auch Ablehnung in der Kultur. Der sizilianische Schriftsteller Andrea Camilleri hat Beppe Grillo seinen Vergleich zwischen der schutzgelderpressenden Mafia und dem steuereintreibenden Staat nicht verziehen.
    Andrea Camilleri:

    "Mir fällt es schwer, so einen dummen, absurden Vergleich zu kommentieren. Die Mafia ermordet diejenigen, die kein Schutzgeld bezahlen. Wenn ich richtig informiert bin, bringt der Staat säumige Steuerzahler nicht gleich unter die Erde."

    An Beppe Grillo scheiden sich die Geister. Und auch die Großen der italienischen Kultur.