Donnerstag, 28. März 2024

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Berlin
Der tägliche Wahnsinn mit dem Rad

Der Victoria-Luise-Platz im Bayerischen Viertel, der Tiergarten, der Kreisverkehr rund um die Siegessäule oder das Regierungsviertel: Dlf-Korrespondentin Claudia van Laak ist täglich in Berlin unterwegs. Einen speziellen Lieblingsort hat sie nicht - aber einen Lieblingsweg: den täglichen Weg mit dem Rad zur Arbeit.

Von Claudia van Laak | 30.07.2018
    Stadtansicht von Berlin
    Dlf-Korrespondentin Claudia van Laak fährt täglich mit dem Rad zur Arbeit - und erlebt Lieblingsorte abseits der Touristenströme (imago/Dirk Sattler)
    Meine Lieblingsstrecke – auf dem Fahrrad – startet auf dem Victoria-Luise-Platz im Bayerischen Viertel in Schöneberg, 1899 angelegt in Form eines lang gestreckten Sechsecks, benannt nach Viktoria Luise von Preußen. In der Mitte befindet sich eine etwa sechs bis acht Meter in die Höhe schießende Fontäne, an einer Seite Kolonnaden, an der anderen Seite der U-Bahn-Eingang. Rund um den Platz stehen dunkle hohe Linden, in zweiter Reihe dann sanierte Gründerzeithäuser, im Erdgeschoss Restaurants und Cafés. Ein entspannter Ort im Sommer!
    Eine Passantin sitzt am 29.04.2014 in Berlin-Kreuzberg bei milden Temperaturen und Sonnenschein am Ufer des Landwehrkanals.
    Claudia van Laak überquert täglich den Landwehrkanal auf ihrem Weg zur Arbeit (picture alliance / dpa / Kay Nietfeld)
    Die Fahrt geht weiter über die Martin-Luther-Straße, den Lützowplatz, über den Landwehrkanal, links die CDU-Parteizentrale, rechts fahre ich vorbei am aserbaidschanischen und chinesischen Kulturzentrum, dann die Konrad-Adenauer-Stiftung. Am Ende der Straße ein großer Kreisverkehr, in der Mitte die Siegessäule. Das Monument – mit der acht Meter 30 hohen vergoldeten, geflügelten Siegesgöttin an der Spitze, erinnert an die Siege Preußens gegen Dänemark, Österreich und Frankreich.
    Plötzlich ist der Großstadt-Verkehrslärm weit weg
    Dann geht es in den Tiergarten – plötzlich ist die Stimmung eine ganz andere, der Großstadt-Verkehrslärm weit weg, es riecht nach feuchter Erde, die Temperatur fällt ab, ich fahre im Schatten von Buchen und Eichen, kann tief durchatmen. Kaum vorstellbar, dass der Tiergarten im Zweiten Weltkrieg fast komplett zerstört war, von ehemals 200.000 Bäumen standen noch 200, die Berliner nutzten nach Ende des Zweiten Weltkriegs den Tiergarten zum Beispiel zum Anbau von Kartoffeln, um ihre Hungersnot zu lindern.
    Herbstlich verfärbte Bäume entlang einer Allee im Berliner Tiergarten.
    Der Berliner Tiergarten ist für die Korrespondentin Claudia van Laak ein Ort zum Durchatmen (Sophia Kembowski/dpa)
    Hinüber zur Spree, vorbei am Haus der Kulturen der Welt (schöner Biergarten!), dann vor mir das Bundeskanzleramt. Dort sitzt an der Spree morgens oft ein Angler, ein Russlanddeutscher namens Michael Tiefbenkel. "Hier ist die Luft so frisch und rein," sagt er in gebrochenem Deutsch. Und: "Merkel hat immer viel Besuch."
    Unter der Moltkebrücke durch, an einer Strandbar vorbei, dann ein kleiner Spurt eine Rampe hoch, kurz vor dem Ziel, dem Haus der Bundespressekonferenz in die Straße eingelassen eine Doppelreihe Kopfsteinpflaster. Diese Linie markiert den Verlauf der Berliner Mauer – und erinnert dezent, nicht aufdringlich daran, dass vor 30 Jahren hier alles ganz anders aussah.