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Berlin
Ferienwohnungen zu Mietwohnungen

Weil in Berlin so gut wie keine freien Wohnungen mehr zu bekommen sind, geht der Berliner Senat seit zwei Jahren mit drastischen Maßnahmen gegen den Mangel vor. Per Gesetz sollen Betreiber von Ferienwohnungen gezwungen werden, ihre Wohnungen regulär zu vermieten. Am 1. Mai endete die Übergangsfrist. Nun wehren sich aber die Vermieter nach Kräften und sind vor Gericht gezogen.

Von Anja Nehls | 12.05.2016
    Ein Schlüssel mit einem Schlüsselanhänger, auf dem "Ferienwohnung" zu lesen ist, hängt an einer Wohnungstür in Berlin.
    In Berlin ist es seit dem 1. Mai 2016 verboten, die eigene Wohnung gegen Geld als Ferienwohnung anzubieten. (picture-alliance/ dpa / Britta Pedersen)
    Wer für das kommende Wochenende noch für einen spontanen Berlin Urlaub eine Ferienwohnung sucht, findet beim Vermittlungsportal Wimdu immerhin noch über ein Dutzend, für kommenden Monat sogar mehr als 50. Ob diese Wohnungen überhaupt noch als Ferienwohnungen vermietet werden dürften, ist nicht ganz klar, denn seit zwei Jahren gilt in Berlin das Zweckentfremdungsverbotsgesetz. Seit 1. Mai ist auch die Übergangsfrist für die Vermieter vorbei, die ihre Ferienwohnungen bei den Bezirksämtern angemeldet haben. Nur noch entsprechende Unterkünfte in Apartmenthäusern, Ferienwohnungen in Gewerbeobjekten und welche mit Ausnahmegenehmigung dürfen ab jetzt in Berlin an Urlaubsgäste vermietet werden. Stephan von Dassel, Stadtrat im Bezirk Mitte, dem Bezirk mit der größten Ferienwohnungsdichte in Berlin, will das Gesetz jetzt auch sofort und rigoros durchsetzen. Illegalen Anbietern droht eine Strafe von 100.000 Euro. Auf eine Ausnahmegenehmigung dürfe so gut wie keiner der Anbieter hoffen:
    "Wir tun alles parallel. Natürlich gehen wir nach wie vor vor Ort, gehen den Hinweisen nach, gucken bei denjenigen, die uns bekannt sind, ob hier die Ferienwohnungsnutzung beendet worden ist, bzw. werden wir natürlich auch die online Portal Betreiber auffordern, uns die Daten zur Verfügung zu stellen, um auch diejenigen anschreiben und gegebenenfalls auch aufsuchen zu können, die sich bis dato eben darum gedrückt haben, das auch offiziell anzuzeigen."
    So einfach wird das nicht werden. Airbnb will nicht mit dem Berliner Senat kooperieren, hat aber bereits viele Ferienwohnungsvermieter, die mehr als eine Wohnung anbieten, vom Portal entfernt. Bei Wimdu haben bereits circa 20 Prozent der Gastgeber aus Angst vor den Strafen gekündigt. Die Namen der verbliebenen Anbieter will man auch bei Wimdu nicht herausrücken und hat außerdem zusammen mit einigen Betreibern von Ferienwohnungen gegen das neue Gesetz geklagt, sagt Peter Vida von Wimdu:
    "Wir sind der Überzeugung, dass die Gesetzeslage in Berlin derzeit nicht verfassungsgemäß ist. Sie beschränkt die Berufsausübungsfreiheit, die Eigentumsfreiheit vieler Gastgeber und sie ist auch nicht im Sinne der Gleichbehandlung, wenn wir daran denken, dass Rechtsanwälte, Freiberufler, Ärzte in ihren Praxen, die in Wohnhäusern sich befinden, weitermachen dürfen ohne jegliche Beschränkung. Und wenn wir daran denken, dass all die Gastgeber ja schon Investitionen getätigt haben, Kredite aufgenommen haben, auch Arbeitsplätze geschaffen haben, die um die Wohnung herum quasi tätig sind, dann werden die in vertrauensschutzwidriger Weise verletzt."
    Und solange bis klar ist, ob die Gerichte dieser Auffassung folgen, halten einige Bezirke noch die Füße still, auch Angst vor Schadensersatzansprüchen der Kläger im Falle eines Erfolgsvor Gericht:
    "Und wir wissen auch aus mehreren Bezirksämtern, dass solche, ich sag mal Regelungen, Stillhalteabkommen getroffen worden sind, dass man erstmal die ersten Präzedenzfälle entscheidet, so dass solange das nicht geschehen ist, wir selbstverständlich die Leute als legal betrachten und behandeln. Und im Übrigen ist es Aufgabe des Landes Berlin nachzuweisen, wer legal und illegal ist."
    Und mit wie viel Nachdruck das nun geschieht, entscheidet jeder Bezirk für sich. In Mitte will man durchgreifen, in Pankow zum Beispiel erstmal abwarten. Unmöglich, findet das der Berliner Stadtentwicklungssenator Andreas Geisel (SPD) und droht dem zuständigen Pankower Stadtrat (CDU) mit einem Disziplinarverfahren. Es sei sinnlos, die Gerichtsentscheidung abzuwarten, da der Verlierer in jedem Fall Berufung einlegen werde, der Fall dann in die nächste Instanz gehe und bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung Jahre vergehen würden. Um die Betreiber von geschätzt 12.000 illegalen Berliner Ferienwohnungen aufzuspüren haben die Bezirke jetzt mehr Personal genehmigt bekommen und über das Internet sind sogar Nachbarn aufgerufen worden, Ferienwohnungen zu melden. Andreas Geisel will, dass das Gesetz rigoros durchgesetzt wird:
    "Man sollte es nicht auf eine Klage oder gar ein Bußgeldverfahren ankommen lassen, denn mag sein, dass es noch ein oder zwei Jahre dauert bis wir alle erwischen, aber wir erwischen alle."
    Weil den Betreibern die Rechtslage zu unsicher ist, sind rund 1.000 bisherige Ferienappartements nach Schätzungen der Bezirke bereits wieder als normale Mietwohnungen vermietet worden. Genau das war mit dem Zweckentfremdungsverbotsgesetz beabsichtigt worden. Bei einem Bedarf von über 100.000 Wohnungen in Berlin fallen die Ferienwohnungen allerdings kaum ins Gewicht. Damit und mit dem möglichen wirtschaftlichen Verlust für den Berliner Tourismus argumentieren die Gegner des Gesetzes. Am 8. Juni wird das Gesetz vor dem Berliner Verwaltungsgericht verhandelt.