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Berlin
Holpriger Start ins neue Schuljahr

Im Ländervergleich gibt Berlin pro Schüler seit Jahren das meiste Geld aus - und landet dennoch regelmäßig bei Bildungsrankings auf dem letzten Platz. Das sorgt für Vorwürfe und Kritik - und bringt SPD-Bildungssenatorin Sandra Scheeres in Erklärungsnot.

Von Claudia van Laak | 15.08.2019
Schüler in einem Klassenzimmer in einer Grundschule in Berlin-Tempelhof.
Fast 10.000 fehlende Schulplätze nach den nächsten Sommerferien, lautet die aktuelle Prognose (imago images / photothek)
Seit Jahren schon gibt Berlin im Bundesvergleich das meiste Geld pro Schüler aus und seit Jahren landet die Hauptstadt bei Bildungsvergleichen auf den hinteren Rängen. Heute hat dies der Bildungsmonitor der Initiative Soziale Marktwirtschaft wieder bestätigt – Platz 16 im Bundesländervergleich. Auch wenn diese Studie als politisch gefärbt in der Kritik steht – andere Bildungsvergleiche kommen zu ähnlichen Ergebnissen. Paul Fresdorf von der FDP-Opposition:
"Bei der Bildung geht ein Riesenweckruf durch die Stadt. Der Landeselternausschuss und die Gewerkschaft rufen Alarm, es geht so nicht mehr weiter. Und die zuständige Senatorin zuckt kurz hoch und drückt die Schlummertaste auf dem Wecker."
Das Land gibt viele Millionen aus, um Familien zu entlasten. Kostenlose Kita und kostenloser Schulhort, seit kurzem ein kostenloses warmes Mittagessen für alle Grundschüler, auch für das Nahverkehrsticket ihrer Kinder müssen Eltern nichts bezahlen. Das SPD geführte Bildungsressort führt das als großen Erfolg an – die Opposition kritisiert: die Regierung verwechsele Sozial- mit Bildungspolitik:
"Wir kommen einfach nicht vom Fleck seit vielen Jahren. Seit 23 Jahren hat die SPD die Verantwortung für dieses Ressort, und seit 23 Jahren dümpeln wir in Berlin im Bildungsbereich herum. Seit 23 Jahren ist die Herkunft immer noch entscheidend für den Bildungserfolg. Das ist doch eine Schande für sozialdemokratische Bildungspolitik."
Bildungssenatorin Sandra Scheeres verweist dagegen auf Erfolge – so sei es in diesem Jahr gelungen, alle Lehrerstellen zu besetzen. Sechs von zehn neuen Lehrkräften sind allerdings Quereinsteiger - erwidert die Opposition. Was die Leistungen der Berliner Schülerinnen und Schüler angeht – über das durchweg schlechte Abschneiden bei Bildungsvergleichen kann die SPD-Politikerin nicht glücklich sein:
"Wir nehmen sehr viel Geld in die Hand und wir können nicht zufrieden sein mit den Schulabbrecherzahlen, und wir können nicht zufrieden sein mit den Leistungsdaten, aber diese Probleme gehen wir an, und nicht ohne Grund habe ich ja im Februar ein Qualitätspaket auf den Weg gebracht, weil das liegt ja auf der Hand, wir müssen mehr tun und die Situation ist nicht einfach."
Fehlende Schulplätze
Der Start nach den Sommerferien war holprig – das kostenlose warme Mittagessen stellt viele Schulen vor große Probleme: es fehlen Mensen, es fehlt Personal, die Kinder müssen in Schichten essen – zum Teil von 11 bis 14 Uhr. Geschockt waren viele Eltern, als sie die Schlagzeile lasen: 24.000 fehlende Schulplätze in Berlin. Dann habe die Schulsenatorin nachgerechnet, ätzt CDU-Oppositionsführer Burkhard Dregger:
"Und siehe da, jetzt sollen es angeblich noch 9.500 fehlende Schulplätze sein. Wenn es nicht so traurig wäre, könnte man darüber lachen. Bei der dritten Nachberechnung wäre die Schulplatzlücke vermutlich weg gewesen, sehr geehrte Frau Bildungssenatorin."
Sandra Scheeres in Erklärungsnot. 24.000 fehlende Schulplätze, das sei eine Maximalprognose, beruhigte sie. Doch auch die aktuelle Zahl von fast 10.000 fehlenden Plätzen nach den nächsten Sommerferien dürfte die Verantwortlichen nicht beruhigt schlafen lassen. Die SPD-Bildungssenatorin leistet Abbitte:
"Ich verstehe die Eltern, die Sorgen hatten, wo sie gehört haben, dass viele Schulplätze fehlen, dass sie sich Gedanken machen, wie ist denn das, habe ich denn 2021 einen Schulplatz zur Verfügung. Und ich möchte deshalb in aller Deutlichkeit sagen: Die Eltern müssen sich in Berlin keine Sorgen machen. Denn es wird auch 2021 so sein, dass alle Kinder einen Schulplatz erhalten."
Doch dieser Schulplatz muss sich nicht zwangsläufig in einem festen Gebäude befinden. Fliegende Klassenzimmer könnte es geben, zeltartige Gebilde aus Holz. Schnell auf- und abzubauen und an anderer Stelle wiederverwendbar. Nicht sehr klimafreundlich, aber dafür aus nachwachsenden Rohstoffen. Dann passt es wieder zu den Zielen des rot-rot-grünen Senats.