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Berlin
Polnische Partei Deutschlands ins Leben gerufen

Der Club der Polnischen Versager ist seit 16 Jahen eine kulturelle Institution in Berlin. Nun wollen die Vereinsmitglieder auch Politik machen und haben die Polnische Partei Deutschlands gegründet. Eine Satire-Partei will sie aber nicht sein.

Von Marianne Allweiss | 11.01.2018
    Die Buchstaben "PPD" in Brotteigform stehen für die Polnische Partei Deutschlands in Berlin
    Die Buchstaben "PPD" in Brotteigform stehen für die Polnische Partei Deutschlands (picture alliance / Gregor Fischer/dpa)
    Es ist schon kurz nach elf, die rund 30 versammelten Journalisten und Freunde des Clubs der Polnischen Versager müssen aber noch ein paar Minuten warten. Der Bäcker kommt noch. Kaffee gibt es in den Räumen der Deutschen Gesellschaft in Berlin-Mitte zwar nicht. Dafür Gebäck in Form der Parteibuchstaben: PPD für Polnische Partei Deutschlands. Vier Gründungsmitglieder nehmen Platz vor einer großen Leinwand.
    "Herzlich willkommen zur ersten Pressekonferenz der PPD. Vielen Dank, dass Sie gekommen sind. Vor ihnen sitzen Professor Dr. Brygida Helbig-Mischewski, Adam Gusowski, Piotr Mordel und Olga Bowgierd."
    Ein Ableger soll im Saarland gegründet werden
    Normalerweise sind Olga Bowgierd und die drei anderen im Club der Polnischen Versager in einem alternativen Kulturhaus anzutreffen. Bei Lesungen, Konzerten oder Satire-Shows. Jetzt meinen Sie es ganz ernst: Einlass nur gegen Visitenkarte, bitte hier das eigene Werbematerial und dann eine 20-minütige Powerpoint-Präsentation. In der erzählt Adam Gusowski, was der Club im nächsten Jahr zu seiner Hauptaufgabe machen will:
    "Wir werden einmal im Monat Expertentreffen organisieren zu einem bestimmten Thema, das das Parteienleben oder das Parteiensystem oder die Demokratie in Deutschland betrifft. Dann gibt es eine Woche später zu dem gleichen Thema eine Satire-Show."
    Stammtische und offene Treffen wollen sie auch veranstalten. Und auch bundesweit wirbt das Parteigründungsprojekt um Unterstützung: Seit heute ist eine Internetseite freigeschaltet. Dort gibt es auch Beitrittsformulare zum Runterladen. Aus den sozialen Netzwerken kam schon eine Anfrage aus dem Saarland. Dort soll ein Ableger der PPD gegründet werden. Schließlich gebe es zwei Millionen Polen in Deutschland.
    Idee entstand vor zwei Jahren
    Aber nicht nur an die wenden sich die Berliner: Ihr Illustrator ist arabischer Herkunft und eine Italienerin ist auch im Start-Team dabei. Die Idee sei ihnen allerdings schon durch die Machtübernahme der konservativen PiS-Partei vor mehr als zwei Jahren in Polen gekommen. Aber auch die Wahl Donald Trumps oder der Einzug der Alternative für Deutschland in den Bundestag habe eine Rolle gespielt:
    "Der Club der Polnischen Versager beschäftigt sich seit Jahren mit unserer Gesellschaft, kommentiert auch gerne unser Leben. Bisher waren es eher gesellschaftliche, soziale, kulturelle Themen, die wir bearbeitet haben. Aber die veränderte politische Lage in Polen hat uns auch immer wieder in Richtung Politik gedrängt. Immer wieder mussten wir auch politische Themen ansprechen oder waren ein Teil eines Politikums."
    Fast ein Jahr lang haben die eher liberalen Gründungsmitglieder intensiv an der Idee gearbeitet, politisch aktiv zu werden. Die Übersetzerin Olga Bowgierd als Schatzmeisterin:
    "Wir haben zuerst diese Idee gehabt und dann haben wir nach Möglichkeiten gesucht, wie wir dafür eine Finanzierung finden können. Das war nicht so einfach, weil die Idee ein bisschen zu innovativ für verschiedene Stiftungen ist."
    Es geht um Demokratie, politische Bildung und Teilnahme
    Die Bundeszentrale für politische Bildung übernimmt nun die Förderung, nachdem das Projekt eine Wettbewerb gewonnen hat. Die Polnische Partei Deutschlands hat keine Vorbilder. Sie will keine Satire-Partei werden wie die Partei "Die Partei" des ehemaligen Titanic-Chefredakteurs Martin Sonneborn. Der sitzt schon seit einigen Jahren im Europaparlament. Ob die PPD das auch erreichen wird, lassen die Initiatoren bewusst offen. Ihnen geht es angesichts der Entwicklungen in Polen, aber auch in Deutschland um Demokratie, politische Bildung und Teilnahme. Nur den Spaß am Ende kann sich der Journalist, Autor und neuerdings Parteigründer Adam Gusoswki dann doch nicht verkneifen:
    "Wir wollen ein Jahr lang das Projekt begleiten, auf die Beine stellen und dann letztendlich nicht nur die Macht übernehmen, sondern vor allen Dingen mal einen polnischen Bundeskanzler erleben."