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Berliner Feuerwehr
Es brennt beim Nachwuchs

Sie rettet, jetzt ist sie selbst in Not: Die Berliner Feuerwehr braucht dringend Nachwuchs. Ihre Einsätze kann sie nur noch mit Zusatzschichten und Überstunden bewältigen. Doch zukünftige Feuerwehrleute zu finden, ist gar nicht so einfach - denn manche Anforderungen sind sehr hoch.

Von Anja Nehls | 26.07.2018
    Feuerwehrleute der Feuerwehr Berlin bei einem Löschangriff in einer Drehleiter über einem brennenden Dachstuhl in Berliner Bezirk Wilmersdorf in der Nacht zum 25.07.2018.
    Berliner Feuerwehr im Bezirk Wilmersdorf im Einsatz - im Juli 2018 schlugen die Berliner Feuerwehrleute selbst Alarm wegen eklatantem Personalmangel (imago / Marius Schwarz)
    "Alarm, in der Ruppiner Chaussee, dort auf dem Gelände der Feuerwehrschule ein Containerbrand, kommen." "Ja Kurzlagemeldung, Brand bestätigt, ein C-Rohr im Aufbau, kommen."
    Feuerwehrmann - ein Kindheitstraum
    Aus dem oberen der zwei übereinandergestapelten Container auf dem Übungsgelände der Berliner Feuerwehr dringt Rauch. Zwei junge Männer in hellbrauner Schutzkleidung schrauben an einer dicken Schlauchverbindung, zwei andere betreten mit Atemschutzmaske und Luftflasche auf dem Rücken vorsichtig den unteren Container.
    Am oberen Fenster mitten im Rauch steht ein Mann mit einem Kind auf dem Arm und ruft um Hilfe. Blitzschnell platzieren die Feuerwehleute ein Sprungkissen unter dem Fenster und wenige Sekunden später ist das Kind in Sicherheit. In diesem Fall ist das Kind eine Puppe, der Rauch kommt aus der Nebelmaschine und der Einsatz ist eine Übung. Nächste Woche steht für alle Beteiligten die praktische Abschlussprüfung zum mittleren feuerwehrtechnischen Dienst an. Feuerwehrmann war für Dennis und Ben Berufswunsch Nr eins.
    "Ja war wie wahrscheinlich bei vielen ein Kindheitstraum, mein Vater ist auch bei der Feuerwehr, der Beruf wechselt sich ab, man hat nicht immer das gleiche. Und da hat sich auch so bestätigt im Laufe der Ausbildung, selbst ein alter Feuerwehrmann sagt, es gibt nie einen Tag, der gleich ist und das war mir sehr wichtig, mir darf es einfach nicht langweilig werden beim Arbeiten."
    Nur wenige Bewerber schaffen den Test
    Dennis und Ben sind zwei von 300 Nachwuchskräften, die die Berliner Feuerwehr jedes Jahr ausbildet, einstellt und dringend braucht. Inzwischen gibt es bei der Feuerwehr auch Frauen. Die Zahl der Bewerbungen ist zwar jedes Jahr hoch, aber nur ein Bruchteil der Bewerber schafft den Einstellungstest. Zu absolvieren sind ein Online-, ein Team- und ein Sporttest und eine Selbstpräsentation. Ein früher übliches Diktat wurde beim Testverfahren bereits abgeschafft, sagt Nina Lauterbach von der Berliner Feuerwehr.
    "Es wurde auf jeden Fall angepasst und modernisiert. Warum muss ein Feuerwehrmann korrekte Rechtschreibung beherrschen, warum ein Diktat, was ist da der tiefere Sinn dahinter, da gibt es ja andere Anforderungen, deswegen arbeiten wir mit moderner Eignungsdiagnostik und haben da eben diesen Online-Test, der auf andere Aspekte eingeht."
    Ohne Fitness nicht zu schaffen
    Zum Beispiel auf Verantwortungsbewusstsein oder das schnelle Finden kreativer Lösungen. Die meisten Bewerber scheitern dann allerdings beim Sporttest oder bei der Sportprüfung, die nach einem halben Jahr absolviert werden muss. Fünf Kilometer sind in etwas unter 28 Minuten zu laufen, je nach Alter. Und ohne körperliche Fitness ist der Beruf auch nicht zu schaffen, sagen Dennis und Ben. Beide sind durchtrainiert und muskulös und nach der Übung trotzdem total verschwitzt.
    "Also anstrengend ist es alle Male. Die Klamotten sind jetzt auch nicht atmungsaktiv, also nicht so doll atmungsaktiv und man trägt ja auch seinen PA, also unseren Pressluftatmer mit sich herum, dann hat man noch den Schlauch, den man hinterher ziehen muss, das Strahlrohr hält man fest, Helm, Maske auf. Wichtig ist einfach, das man da nicht sagt, ich kann nicht mehr, deswegen sollte man schon mindestens einmal die Woche laufen gehen und wenn man dann körperlich noch ein bisschen was mitbringt, dann passt das eigentlich."
    1.500 Mal retten in 24 Stunden
    Für die beiden passt es. Ben hat bereits eine Berufsausbildung als Industriekaufmann, Dennis war zehn Jahre bei der Bundeswehr. Wer noch keine Ausbildung hat und direkt nach der Schule anfangen will, besucht erst anderthalb Jahre ein Oberstufenzentrum, wo praktische Fähigkeiten wie Tischlern oder Metallbau gelernt werden oder lässt sich bei der Berliner Feuerwehr drei Jahre als Notfallsanitäter ausbilden. Die feuerwehrtechnische Ausbildung schließt sich jeweils an und dauert zwischen zwölf und 18 Monaten. Ausbilder Andreas Ott freut sich über alle, die fit und motiviert sind, denn selbstverständlich ist das nicht.
    "Schon ein relativ harter Job, gerade hier in Berlin, wir haben eben eine relativ hohe Anzahl an Rettungsdiensteinsätzen und wir sind Schlusslicht in der Bezahlung noch in Deutschland. Also wir haben auch viele, die hier ihre Ausbildung machen und dann wieder in die Heimat zurückgehen. Wir sind aber bei Weitem alles andere als Schlusslicht in der Arbeitsbelastung."
    Rund 1.100 Euro bekommen Feuerwehr-Azubis, die direkt von der Schule kommen, wer bereits eine Ausbildung hat, bekommt 60 Prozent mehr. In den ersten Jahren auf der Wache gibt's rund 2.400 Euro und die Verbeamtung. Dafür hat sich die Zahl der Einsätze in den vergangenen Jahren fast verdoppelt - auf bis zu 1.500 in 24 Stunden. Dennis und Ben schreckt das nicht. Die Generalprobe für die Prüfung ist gut gelaufen, und ein bisschen Kritik gibt's immer.
    "Super gearbeitet, alles schick, aber die Geschichte mit dem Funk, ihr habt die Information weitergegeben, Feuer ist aus. Wenn ihr mit de Funk nicht durchkommt und ihr seid safe, dann könnt ihr doch trotzdem weiterarbeiten. Ansonsten war's das von mir, ja, könnte Freitag was werden, läuft."