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Berlins Lehrerausstand zur Abitur-Hochzeit

Berlins angestellte Lehrer streiken. Ihr Ziel: Sie wollen den Beamten gleichgestellt werden und mehr verdienen. Dabei werden gerade jetzt viele Prüfungen für das mündliche Abitur durchgeführt.

Von Claudia van Laak | 13.05.2013
    "Education is not for sale", haben die Lehrerinnen und Lehrer der Heinrich-von-Stephan-Schule auf ihr orangefarbenes Plakat geschrieben. In der letzten Woche haben sie ihren Schülern erklärt, warum sie heute nicht unterrichten. Jetzt sitzen sie beim Protestcamp der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) hinter Berlins Rotem Rathaus, dem Sitz des Regierenden Bürgermeisters.

    - "Ich glaube, der Streik ist ein Menschenrecht, ein Grundrecht. Und wenn der Senat sich entscheidet, nicht mehr zu verbeamten, dann muss er sich auf streikende Lehrkräfte einstellen."
    - "Es geht zum einen um das Gefälle zwischen Angestellten und Beamten, was den meisten, denke ich, am wichtigsten ist. Zum anderen auch natürlich um eine eventuelle Gehaltserhöhung."
    - "Ich bin Grundschullehrerin und arbeite in der neunten, zehnten Klasse. Das heißt, um mich herum sind ganz viele Lehrer, die eine andere Ausbildung haben und doch einiges mehr an Geld bekommen. Und das ist manchmal schwierig, damit umzugehen."

    Die GEW will den Finanzsenator zu Verhandlungen zwingen. Die Forderungen: einen eigenen Tarifvertrag für angestellte Lehrer, eine geringere Arbeitszeit für ältere Kolleginnen und Kollegen, eine Angleichung der Gehälter an das Niveau der Beamten. Doreen Siebernik, Berlins GEW-Landesvorsitzende:

    "Es gibt nur eine Beschäftigtengruppe bundesweit, die keinen eigenständigen Tarifvertrag hat. Und das sind die angestellten Lehrkräfte. Bundesweit betrifft das 200.000, hier in Berlin sind sie eine wachsende Gruppe. Nach den Sommerferien werden wir über 9.000 angestellte Lehrkräfte haben und es gibt keine tariflichen Regelungen zur Entgeltordnung. Jetzt hat die GEW bundesweit sich strategisch aufgestellt. Es ist klar, wir gehen in die Bundesländer, wir sind hier in Berlin die ersten und Herr Nußbaum: Wir wollen an den Tisch mit ihnen."

    Doch Berlins Finanzsenator Ulrich Nussbaum will nicht an den Verhandlungstisch, den die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaften für ihn vorbereitet hat. Nussbaum verweist an die Tarifgemeinschaft Deutscher Länder – dort sei der richtige Platz für die Forderungen der GEW. Doch bei der letzten großen Verhandlungsrunde für den öffentlichen Dienst der Länder konnte sich die GEW mit ihren Forderungen nicht durchsetzen. Deshalb jetzt Warnstreiks in einzelnen Ländern. Heute trifft es die Berliner Gymnasien und Sekundarschulen, morgen und am Donnerstag die Grundschulen, Mittwoch die Berufsschulen, am Freitag dann alle.

    Ganz und gar nicht erfreut ist Berlins Senatsbildungsverwaltung, finden doch in dieser Woche eine ganze Reihe von Prüfungen statt. Eltern und Schüler werden verunsichert, sagt Beate Stoffers, Sprecherin der Senatsbildungsverwaltung:

    "Wir wissen alle aus eigener Erfahrung, wie man sich auf Prüfungen vorbereitet. Und wenn man am Tag selbst erst feststellt, ist mein Prüfer da oder nicht, dann ist das eine sehr belastende Situation, die mit hoher Unsicherheit verknüpft ist. Zumindest wird dieser Streik auch auf dem Rücken der Schülerinnen und Schüler ausgetragen."

    Dies bestreitet die Gewerkschaft: Beamte könnten die streikenden Angestellten vertreten, schlägt die GEW-Landesvorsitzende Siebernik vor:

    "Es soll zu keinen Nachteilen für Schülerinnen und Schüler kommen, die jetzt von Prüfungen betroffen sind. Wenn Kollegen am Streik teilnehmen, dann kann man auch einmal eine Prüfung verschieben. Man könnte sogar sagen, die Schüler erhalten dadurch noch mehr Lernzeit."
    Unterdessen wurde bekannt, dass offensichtlich eine ganze Reihe von Bundesländern ihre Haushalte zulasten von befristet angestellten Lehrerinnen und Lehrern sanieren. Diese werden vor den Sommerferien entlassen und nach den Sommerferien wieder eingestellt. So meldeten sich im letzten Sommer zusätzlich 5400 Lehrer arbeitslos, heißt es bei der Bundesagentur für Arbeit. Bei der Berliner Senatsbildungsverwaltung heißt es dazu: Dies wird bei uns nicht praktiziert. Berlin stellt in diesem Jahr 1400 Lehrer neu ein.