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Berlusconi vor dem Comeback

In den vergangenen Monaten war wenig zu hören vom "Cavaliere", Italiens Ex-Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi. Nun arbeitet der umtriebige Tausendsassa an einem Comeback: Erstaunt, belustigt, wütend reagieren darauf die Italiener - und doch gibt es kaum eine Alternative.

Von Karl Hoffmann | 23.07.2012
    "Was Berlusconi als Politiker gemacht hat, mag ja ganz in Ordnung gewesen sein. Aber sein sonstiges Benehmen ist mit seinem Amt nicht vereinbar. Er hat sich aufgeführt wie ein Clown. Ja genau, der soll doch hingehen, wo der Pfeffer wächst – meine Frau ist immer etwas drastisch."

    Italien ist so, wie es ist. Hier gibt es immer noch eine Menge Leute, die an ihn glauben. Und Berlusconi hat wieder einmal genau erkannt, wie die Stimmung unter den Italienern ist. Er hat immer noch einen Haufen Anhänger, regelrechte Fans. Er ist ein Star, ja ein Superstar, da hat man nun mal eine Menge Fans."

    "Ich mache mir schon lange keine Gedanken mehr über die italienische Politik. Wenn's nach mir ginge, würde ich allesamt nach Hause schicken. Weg mit ihnen!"

    Noch ist Berlusconis Ansehen massiv geschwächt. Im November letzten Jahres, auf dem Höhepunkt der Finanzkrise, musste er zurücktreten. 54 Prozent der Italiener glauben immer noch, er habe dem Ansehen Italiens mehr geschadet, als jeder andere Politiker in den vergangenen 30 Jahren. Aber außer Mario Monti, der nur noch bis zum nächsten Jahr Regierungschef bleiben will, gibt es kaum eine Alternative zu Berlusconi. So sehen es jedenfalls viele Italiener. Die Opposition ist wie immer heillos zerstritten, die Protestbewegung der "Grillini" nach Anfangserfolgen bereits deutlich weniger populär. Und so tritt Berlusconi erneut an. Über den Kopf seines Parteisekretärs Angelino Alfano hinweg erklärte er sich zum Spitzenkandidat seiner Partei für die nächsten Wahlen. Alfano fügte sich gehorsam und lobte den Chef und sein Charisma über den grünen Klee:

    "Ich kenne mich sehr gut in der Partei aus. Berlusconi kann auf eine Führungsriege verzichten. Er braucht niemandem, der ihm hilft, und auch keine Zauberkünstler."

    Kurz: Berlusconi wird's schon richten, seine Gefolgsleute werden keinen Aufstand wagen. Trotz der derzeit noch miserablen Umfrageergebnisse ist der Zeitpunkt günstig. Im römischen Parlament besitzt Berlusconi nach wie vor die stärkste Fraktion und auch sein Medienmonopol hat er jüngst wieder erfolgreich verteidigt. Ministerpräsident Monti konnte zwar seine Kandidatin zur Präsidentin der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalt RAI machen. Eine Ökonomin wird sich um die Defizite der RAI kümmern. Doch bei der Neuwahl der sieben Parlamentsvertreter konnte Berlusconi vier von sieben Sitzen, und damit die Mehrheit, für sich ergattern. Das ist entscheidend, denn die Parlamentarier bestimmen weitgehend die Inhalte. Milena Gabanelli, engagierte und kritische Journalistin der RAI, ist tief enttäuscht:

    "Wieder einmal wurden da selbstherrlich Leute eingesetzt, die nicht im Interesse der RAI und des Publikums arbeiten."
    Abteilungsleiter, Chefredakteure und Redaktionsmitarbeiter wurden von Berlusconi eingesetzt und handeln in seinem Sinne. Über fehlende journalistische Unabhängigkeit kann sich manch einer mit einem fürstlichen Gehalt und luxuriösen Büroräumen hinweg trösten. Sobald Silvio Berlusconi Ernst macht mit dem nächsten Wahlkampf, dürfte er sie zu seinem Nutzen aktivieren. Zurzeit wird ein neuer Chefredakteur für die abendliche Hauptnachrichtensendung im Ersten Programm gesucht. Berlusconi favorisiert derzeit weibliche Kandidaten. Denn trotz aller Skandale findet er immer noch Anklang bei den weiblichen Wählern:

    "Er ist ein Spatz, der überall herumfliegt und wunderbare Dinge tut. Ich schick dir ein Küsschen, kleiner Silvio."