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Bertelsmann, Vodafone & Co.
Wie Stiftungen die Bildungspolitik beeinflussen

Eine ganze Reihe von unternehmensnahen Stiftungen in Deutschland hat sich dem Thema Bildung und Wissenschaft verschrieben. Sie bieten sich den Bildungseinrichtungen gern als finanzkräftige Kooperationspartner an. Damit setzen sie öffentlich Themen - ganz ohne demokratische Legitimation, wie Kritiker bemängeln. Ist der Einfluss der Stiftungen auf die deutsche Bildungspolitik wirklich problematisch?

Von Claudia van Laak und Benedikt Schulz | 03.07.2015
    Liz Mohn, Vorstandsmitglied der Bertelsmann Stiftung, winkt dem Fotografen zu
    Liz Mohn sitzt im Bertelsmann-Aufsichtsrat und ist Vorstandsmitglied der Bertelsmann Stiftung. (picture alliance / dpa/ Jens Kalaene)
    Pariser Platz 6a, Berlin. Diese Adresse gehört zu den besten in Deutschland. Ein Bürogebäude direkt am Brandenburger Tor neben der französischen Botschaft. Ein repräsentatives Treppenhaus in Granit, große helle Räume – natürlich mit Blick auf das Brandenburger Tor.
    "Die Stiftung ist ja hier nur Untermieter. Und insofern verdanken wir diese Adresse dem Unternehmen. Es gibt aber keinen Grund sich zu beklagen."
    Sagt Mark Speich, Geschäftsführer der Vodafone-Stiftung. Der 45-Jährige hat vor einigen Jahren seinen Job in der CDU/CSU-Bundestagsfraktion aufgegeben, um diese Stiftung mit einem Jahresetat von fünf Millionen Euro zu leiten. Die Vodafone-Stiftung will die Chancen auf Bildung, den sozialen Aufstieg und den gesellschaftlichen Zusammenhalt verbessern - so lautet die Selbstbeschreibung.
    "Für mich haben Stiftungen das Versprechen beinhaltet, längerfristig arbeiten zu können. Prinzipiell haben Sie die Möglichkeit, Dinge in Ruhe zu entwickeln, ohne dass sie zerschossen werden, bevor sie das Licht des Tages erblickt haben."
    Professionelle Pressearbeit dank Vodafone-Stiftung
    An diesem Tag hat die Vodafone-Stiftung gemeinsam mit dem Deutschen Jugendinstitut zu einer Pressekonferenz eingeladen. "Entkoppelt vom System – Jugendliche am Übergang ins junge Erwachsenenalter" - lautet der Titel. Auf der Tischvorlage für die Journalistinnen und Journalisten prangt nur das Logo der Vodafone-Stiftung, nicht das des Deutschen Jugendinstituts.
    "Ich freue mich, dass Frau Dr. Reißig da ist, die diese Studie betreut und geleitet hat."
    Birgit Reißig leitet die Außenstelle Halle des Deutschen Jugendinstituts. Ein Forschungsinstitut, das etwa zu einem Drittel vom Bundesjugendministerium bezahlt wird und zu zwei Dritteln von Auftragsforschung lebt. Die Vodafone-Stiftung ist einer dieser Auftrag-, also Drittmittelgeber.
    "Es gibt ja eine ganze Reihe von Stiftungen, die sich mit ihrem Profil genau in diesem Bereich bewegen, in dem wir auch forschen. Und die auch Forschung unterstützen. Und damit ist es für uns ein gutes Zusammenkommen, hier auch mit Stiftungen zusammenzuarbeiten."
    Birgit Reißig vom Deutschen Jugendinstitut sieht nur Vorteile in der Zusammenarbeit mit unternehmensnahen Stiftungen. Sie lobt besonders die professionelle Pressearbeit, die die Vodafone-Stiftung ebenfalls finanziert hat.
    "Ich kann in der Erfahrung mit der Vodafone-Stiftung sagen, was Öffentlichkeitsarbeit betrifft, was die Verbreitung und Erstellung des Berichts angeht, da sind wir natürlich extrem unterstützt worden. Das ist ja sonst etwas, wo man sich selbst drum kümmern muss und wo man extra Mittel beantragen muss, wenn man andere Studien macht."
    "Die Stiftungen bieten sich häufig als Kooperationspartner an. Das ist dann sehr bequem. Und ich glaube, diese Rundumversorgung, dieses Angebot, ganze Prozesse zu organisieren, auch Politiker und Wissenschaftler zu entlasten, das ist dann für viele sehr verlockend."
    Analysiert der stellvertretende Bundesvorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft, Andreas Keller.
    "Also die Stiftungen haben natürlich einen Wettbewerbsvorteil dadurch, dass sie durch die Unternehmensfinanzierung dann auch nicht kleckern müssen, sondern klotzen können. Und das war ein Wettbewerbsvorteil, ist es eigentlich bis heute, dass sehr aufwendige Kongresse gemacht werden, Hochglanzbroschüren, dass eben auch ganz konkrete Projekte an Hochschulen, an Bildungseinrichtungen gefördert werden können."
    Vorwurf: Die Stiftungen verfolgen eine neoliberale Agenda
    Für Gewerkschaftler, Studierendenvertreter und Bildungspolitiker aus dem linken Spektrum stehen die unternehmensnahen Stiftungen unter Ideologieverdacht. Ihr Einfluss, ihre Macht sei seit den 90er-Jahren stark gewachsen. Die Stiftungen verfolgten - nicht immer offen - eine neoliberale Agenda, wollten aus Deutschlands Schulen und Hochschulen wettbewerbsgetriebene Einrichtungen machen. So der Vorwurf. Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft hat sich ausführlich mit den unternehmensnahen Stiftungen beschäftigt. Andreas Keller:
    "Weil Stiftungen eine immer größere Rolle spielen in der Bildungspolitik, auf diese Weise auch Bildungspolitik beeinflussen. Das kann man auf jeden Fall sagen, dass Stiftungen auf die öffentliche Meinung einen großen Einfluss gezielt nahmen, dass sie auch in der Bildungspolitik, ganz konkret in der Hochschulpolitik, auf Umstrukturierungen drängten, das ist ganz systematisch seit den 90er-Jahren gemacht worden."
    In Deutschland hat sich eine ganze Reihe von unternehmensnahen Stiftungen dem Thema Bildung und Wissenschaft verschrieben. Größter Player ist dabei die Bertelsmann-Stiftung, die jährlich rund 78 Millionen Euro ausgeben kann. Dazu kommen unter anderem die Telekom-, die Mercator-, die Bosch-, und die Vodafone-Stiftung und nicht zuletzt das zu weiten Teilen von Bertelsmann finanzierte Centrum für Hochschulentwicklung, CHE. Sie geben Studien in Auftrag, organisieren Kongresse, betreiben eigene Think-Tanks - Denkfabriken - und fördern konkrete Projekte.
    Berlin: Blick vom Berliner Dom auf die Straße Unter den Linden mit dem Gebäude der Bertelsmann-Stiftung und dem Kronprinzenpalais (r), 
    Blick auf die Repräsentanz der Bertelsmann-Stiftung in Berlin, Unter den Linden 1 (picture alliance / ZB / Peer Grimm)
    Doch: Wie groß ist der Einfluss dieser Stiftungen wirklich? Schreiben sie heimlich die Schulgesetze? Sind sie Lobbyisten - und wenn ja, wofür? Linke Studierendenvertreter haben da eine klare Meinung:
    "Lobbyismus funktioniert genau danach, dass partikulare Akteure Einfluss nehmen auf den parlamentarischen Gesetzgebungsprozess, das gehört zum Parlamentarismus dazu, befruchtet ihn auch, dem liegt aber eine Ungerechtigkeit zu Grunde: Wer kann sich überhaupt leisten zu lobbyieren? Natürlich nur diejenigen, die über die Ressource verfügen."
    Sandro Philippi ist Vorstandsmitglied im freien Zusammenschluss von StudentInnenschaften, kurz fzs, und damit qua Amt ein Kritiker des Einflusses, den Stiftungen auf die deutsche Bildungspolitik nehmen. Für ihn sind sie Meinungsmacher. Philippi nennt ein Beispiel: Kaum ein Artikel zum Thema frühkindliche Bildung kam im vergangenen Jahr ohne einen Verweis auf die Bertelsmann-Studie aus, die ein Defizit von 120.000 Erzieherinnen und Erziehern festgestellt hatte. Themen öffentlich setzen, das gelingt den Stiftungen mit Erfolg. Drei Überschriften aus den letzten Monaten:
    "Studie der Bertelsmann-Stiftung: Flüchtlinge sollen leichter Jobs bekommen"
    "Studie der Vodafone Stiftung: 20.000 Jugendliche sind vom Sozialsystem entkoppelt"
    "Studie der Mercator-Stiftung: Die Bildung ihrer Kinder geht Migranten über alles"
    Einfluss nehmen auf gesellschaftliche Debatten, das tun auch andere. Gewerkschaften veröffentlichen ebenfalls Untersuchungen, die Studierendenschaften wollen gehört werden und machen Pressearbeit. Das weiß auch Sandro Philippi. Er vermisst aber die demokratische Legitimation der Stiftungen.
    "Weil wir eigentlich versuchen, auf demokratischem Wege von der Basis nach oben durchdelegieren zu lassen. Und genau das passiert bei diesen Stiftungen nicht. Bei Stiftungen sind die Kapitaleigner und der Stiftungszweck über alles bestimmend."
    Widerspruch bei der Vodafone-Stiftung. Wir sind unabhängig, bei uns gibt es keine verdeckte Unternehmensagenda - sagt Geschäftsführer Mark Speich:
    "Uns geht es ja nicht um Macht. Uns geht es darum, Gehör zu finden. Manchmal ist man gerade dann erfolgreich, wenn es nicht die große öffentliche Wirkung hat, manchmal geht es aber auch darum, Themen öffentlich zu setzen."
    Und da arbeiten die Stiftungen äußerst effektiv. So gab die Bertelsmann-Stiftung allein im letzten Jahr rund fünfeinhalb Millionen Euro für Unternehmenskommunikation aus - das reicht von der obligatorischen Pressemitteilung bis zum Betrieb des eigenen Buchverlags.
    Centrum für Hochschulentwicklung - nachweislicher Einfluss
    Mit ihrem Centrum für Hochschulentwicklung CHE - einer gemeinsamen Institution von Hochschulrektorenkonferenz und Bertelsmann-Stiftung - hat diese Stiftung nachweislich Einfluss auf die Bildungspolitik genommen. Ernst-Dieter Rossmann, wissenschaftspolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, moniert:
    "Wenn ich Einfluss hätte in der Hochschulrektorenkonferenz, würde ich mir eine solche Kooperation verbitten, weil ich finde, dass das einen Tick zu viel ist. Da müssen wir in der Tat aufpassen, dass es nicht aus Finanznot der öffentlichen Hand dazu kommt, dass sich dann eigentlich öffentliche Aufgaben, die über den Staat gemacht werden oder die von öffentlich geprägten Institutionen gemacht werden, mit anlehnen an wirtschaftliche Unterstützung."
    Der Einfluss des CHE auf die Politik, speziell auf das 2006 beschlossene nordrhein-westfälische Hochschulfreiheitsgesetz, ist mehr als deutlich.
    Noch bevor der damalige FDP-Wissenschaftsminister Andreas Pinkwart den Kabinettsentwurf für sein Gesetz präsentierte, formulierte das Centrum für Hochschulentwicklung CHE zehn Anforderungen an ein Hochschulfreiheitsgesetz. Mit klarer Stoßrichtung - weniger Staat und mehr Autonomie für die Hochschulen.
    In der Einleitung des CHE-Vorschlags heißt es: "Dabei sollte grundsätzlich gefragt werden, welche Regelungsbedarfe überhaupt bestehen. Eine Vielzahl von Detailregelungen ist auf dieser Ebene generell verzichtbar."
    Damit stand das CHE unter seinem damaligen Chef Detlef Müller-Böling ganz im Zeichen der von ihm selbst entwickelten Idee der "entfesselten Hochschule". Als Andreas Pinkwart wenige Wochen später sein Gesetz vorstellte, hätte man meinen können, Müller-Böling selbst hätte in die Tasten gegriffen. Während es beim Centrum für Hochschulentwicklung hieß:
    "Es geht insbesondere um die Möglichkeit einer Stärkung der körperschaftlichen Seite der Hochschulen bei gleichzeitiger Minderung ihrer Eigenschaften als staatlicher Einrichtung."
    Hieß es beim Entwurf des FDP-geführten Wissenschaftsministeriums:
    "Die Hochschulen werden als Körperschaften des öffentlichen Rechts verselbständigt und sind künftig keine staatlichen Einrichtungen mehr. Wir lösen damit die Hochschulen aus dem staatlichen Weisungsrecht."
    Auch die CHE-Forderung nach einem auch von außen besetzten Hochschulrat erfüllte der Gesetzentwurf.
    Leitbild der unternehmerischen Hochschule eingeführt
    Hat da eine Lobbyorganisation dem Minister die Feder geführt? Andreas Pinkwart, heute Rektor einer privaten Leipziger Hochschule, wollte sich zu diesen Vorwürfen nur schriftlich äußern. Das Gesetz, so Pinkwart, sei ausschließlich von ihm und Mitarbeitern des Ministeriums erarbeitet und mit den Regierungsfraktionen im Landtag abgestimmt worden.
    Das nordrhein-westfälische Hochschulgesetz wurde inzwischen von Pinkwarts Nachfolgerin Svenja Schulze von der SPD wieder abgeschafft. Doch etwa die mächtigen Hochschulräte bleiben.
    Mehr Autonomie für die Hochschulen, eine stärkere Drittmittelfinanzierung und eine leistungsorientierte Mittelvergabe wie die Exzellenzinitiative: Diese Forderungen des CHE haben sich inzwischen bundesweit durchgesetzt, meint GEW-Vertreter Andreas Keller.
    "Das CHE hat sehr erfolgreich es geschafft, ein neues Leitbild in die Hochschulforschung einzuführen, nämlich das Leitbild der unternehmerischen Hochschule. Es hat auch erfolgreich für die Einführung von Studiengebühren gesorgt."
    In der Diskussion um Studiengebühren, die vor rund zehn Jahren in praktisch allen Bundesländern teils erbittert geführt wurde, hatte sich das Centrum für Hochschulentwicklung stets für die Einführung eingesetzt - teils mit wissenschaftlich fragwürdigen Mitteln wie einer Umfrage, bei der Studierende zwischen verschiedenen Campusmaut-Modellen wählen konnten. Ein generelles Nein zu Studiengebühren war nicht vorgesehen.
    In mehreren Bundesländern wurden Gebühren eingeführt. Doch dass diese inzwischen überall wieder abgeschafft worden sind, ist für den SPD-Bildungspolitiker Ernst Dieter Rossmann ein Zeichen dafür, dass man den Einfluss von Bildungsstiftungen nicht überschätzen sollte:
    "Wo ist da der dominierende einengende Einfluss von Stiftungen, solange man sich die politische, parlamentarische Souveränität sich nicht nehmen lässt?"
    Kritik am Hochschulranking
    Durch das Hochschulranking, eine Art Stiftung Warentest für Hochschulen, übt das CHE einen beträchtlichen Einfluss auf die deutsche Hochschullandschaft aus. Und auch wenn die Gütersloher seit Jahren an der Methodik feilen – die Kritik daran begleitet das Ranking seit seinem Bestehen.
    "Was sich dort abzeichnet, ist im Grunde genommen, dass man die Hochschulen in einen vergleichbaren Rahmen setzen soll, um zu schauen, welche Hochschule Geld bekommt. Und ich würde sagen, natürlich, das ist der erst Schritt zur Ökonomisierung und da fängt's an, ganz, ganz falsch zu werden."
    Meint Studierendenvertreter Sandro Philippi. Das Ranking ökonomisiere die Bildung, Hochschulen stünden dadurch in einem falschen Wettbewerb, schreibt auch Torsten Bultmann, Geschäftsführer des Bunds demokratischer Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler. Er kritisiert am CHE-Ranking:
    "Es mag zwar vielfältiger und differenzierter sein als andere, dennoch erzeugt es in gewisser Weise überhaupt erst synthetisch den Wettbewerb, dessen Ergebnisse es zu messen behauptet."
    Der Geschäftsführer des CHE, Frank Ziegele, kennt natürlich diese Kritik. Er hält allerdings das Ranking für ein neutrales Instrument, um die Leistungsfähigkeit von Studiengängen zu messen und Abiturienten eine Orientierung zu geben:
    "Wo das Ranking sicherlich überschätzt wird in seiner Wirkung, sind seine politischen Wirkungen. Ich kenne nicht viele Beispiele, wo wirklich ein Land jetzt gesagt hätte: Ich mach dich jetzt zu. Das ist etwas, was faktisch nicht passiert. Das wird häufig als Kritik gebracht, aber ich kenne keine Beispiele dafür."
    Ob und wie sich Politik und Hochschulen von diesem Ranking beeinflussen lassen, lässt sich in den seltensten Fällen konkret belegen. Doch Hinweise gibt es: Sandro Philippi vom fzs, der an der Exzellenz-Uni Konstanz studiert, war selbst dabei, als Vertreter seiner Uni vor den Gutachtern der Exzellenz-Initiative deutlich auf die Erfolge der Hochschule im Ranking hingewiesen haben.
    Studierendenvertretern wie Sandro Philippi geht es nicht nur um den unmittelbaren Einfluss von Bildungsstiftungen, sondern auch um die Frage, welche - vielleicht verdeckte - Agenda diese verfolgen.
    "Ich bin ziemlich sicher, dass die Ideologie eine solche ist, dass die besten Steuerungseffekte, die effizienteste gesellschaftliche Leistung daraus resultiert, dass man in einem Wettbewerb zueinander steht. Und zwar auf allen Ebenen."
    Die Art des neu an den Unis entstandenen Wettbewerbs aber begünstige nicht unbedingt die beste Bildung.
    Jüngste Vodafone-Veröffentlichungen lesen sich gar nicht neoliberal
    Mark Speich von der Vodafone-Stiftung erklärt dagegen: Uns geht es um Chancen- und Teilhabegerechtigkeit - und tatsächlich lesen sich die jüngeren Veröffentlichungen von Vodafone ganz und gar nicht neoliberal. Mark Speich:
    "Wenn es neoliberal ist, dass man sich dafür einsetzt, dass Kinder aus sozial schwachen Familien gelingenden Bildungsaufstieg erleben können, dann würde ich mich zu dem Begriff auch ganz offensiv bekennen, also insofern ist dieser schillernde Begriff etwas schwierig."
    Ebenso wie Vodafone-Stiftung setzen sich auch Bertelsmann, Bosch und Telekom für traditionell linke Themen ein, wie die Förderung der frühkindlichen Bildung, bessere Integration von Migranten, und Inklusion. Doch Kritiker bleiben skeptisch, denn hinter den Stiftungen stecke weiterhin:
    "Eigentlich ein ganz klar liberaler Grundsatz, den man auch wertebasiert formulieren kann, den kann ich aber inzwischen aber sehr, sehr gut rein aus ökonomischem Kalkül formulieren und ich glaub, beides fällt gerade zusammen."
    In der Tat müssen sich arbeitgeberseitiges Interesse an mehr Fachkräften und der linke Gedanke der Chancengerechtigkeit nicht widersprechen - für beide stellt die Tatsache, dass das deutsche Bildungssystem seit Jahrzehnten als sozial zu undurchlässig gilt, ein großes Problem dar.
    Darüber hinaus verdächtigen Studierendenvertreter die Stiftungen, in erster Linie den Interessen des dahinterstehenden Konzerns zu dienen. Das gilt vor allem für die Stiftungen, die den Konzern nicht nur im Namen tragen, sondern Eigentümerin des Unternehmens sind, etwa bei Bosch und Bertelsmann.
    Die Bertelsmann-Stiftung hält die Mehrheit am Konzern und finanziert sich im Wesentlichen durch dessen Gewinne. 2014 hat die Stiftung so etwa 117 Millionen Euro eingenommen. Ein solches Modell hat Vorteile für das Unternehmen - es spart Steuern. Andreas Keller von der GEW kritisiert:
    "Auf diese Weise haben sie die Möglichkeit, salopp formuliert, zweckgebunden Steuern zu zahlen, sie sparen Steuern und geben dieses gesparte Geld dann über Stiftungen für bestimmte Zwecke aus, das ist nicht alles reine Philanthropie, wie das häufig so getan wird, das sind Steuersparmodelle."
    Aber diese Ersparnis sei gering, kontert Jörg Dräger von der Bertelsmann-Stiftung, ohne dass er konkrete Zahlen nennen will. Mark Speich von der mit gerade einmal fünf Millionen Euro Jahresetat vergleichsweise kleinen Vodafone-Stiftung ergänzt:
    "Es gibt Steuersparstiftungen in Liechtenstein und anderen Ländern, die manchmal durch die Presse gehen und die das Bild der Stiftungen in hohem Maße eintrüben- Aber aus steuerlichen Gründen, das ist nicht der Grund, dafür sind ehrlich gesagt die Summen in der Dimension nicht gewaltig genug, um dem Unternehmen da irgendwelche Vorteile zu verschaffen."
    Grundsätze für die Zusammenarbeit mit Stiftungen
    Ist der Einfluss der Stiftungen auf die deutsche Bildungspolitik wirklich problematisch? Oder anders gefragt: Helfen die privaten Einrichtungen nicht, der föderalen Kultusbürokratie Beine zu machen? Diese Meinung vertritt Michael Kretschmer, Vize-Vorsitzender der Unionsfraktion im Bundestag und im Beirat des Bundesverbands deutscher Stiftungen.
    "Das, was die Stiftungen im Bereich Wissenschaft und Bildung tun, sind neue Innovationen, das Ausprobieren von Dingen, die bislang nicht da waren, neue Konzepte, dafür fehlt in den Ländern in aller Regel das Geld und es fehlt am Ende auch an den kreativen Ideen."
    Dass die Stiftungen früher als andere Defizite im deutschen Bildungswesen erkannt und Impulse gegeben haben, geben auch Kritiker wie Andreas Keller von der GEW zu. Der SPD-Politiker Ernst Dieter Rossmann formuliert folgende Grundsätze:
    "Stiftungen dürfen nicht Gesetze schreiben, Stiftungen dürfen nicht die öffentliche Hand, deren Finanznot, ausnutzen können. Stiftungen sollen ihren Rahmen finden, aber in diesem Rahmen können sie Impulse geben, können sie Diskurse mit fördern, können sie Gutes tun. So würde ich die Stiftung aktuell wahrnehmen im Bildungsbereich - und so sollten wir das auch für die Zukunft halten."