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"Besinnung auf die eigene Kultur"

Deutschland sei eine Kulturnation, sagt der CSU-Abgeordnete Norbert Geis. Und deshalb setzten sich die künftigen Koalitionäre nun in einer Arbeitsgruppe zusammen, mit dem Ziel, die Kultur im Grundgesetz zu verankern. Unter anderem haben sich die Mitglieder auch für die Erhöhung des Kindergeldes stark gemacht.

Norbert Geis im Gespräch mit Jürgen Liminski | 23.10.2009
    Jürgen Liminski: Unlängst erregte eine Debatte die Gemüter. Es ging um die Leitkultur in Deutschland und jetzt beriet und verhandelte eine Arbeitsgruppe der künftigen Koalitionäre eben auch unter dem Titel "Kultur und Integration" über Fragen der Einbürgerung, der Sprache und der kulturellen Identitäten. Mitglied in der Gruppe ist der Aschaffenburger CSU-Abgeordnete Norbert Geis. Er ist nun am Telefon. Guten Morgen, Herr Geis.

    Norbert Geis: Guten Morgen, Herr Liminski.

    Liminski: Herr Geis, die Arbeit Ihrer Gruppe ist schon beendet. Was hat man in Sachen Kultur beschlossen?

    Geis: Wir haben einstimmig beschlossen, das Staatsziel Kultur im Grundgesetz zu verankern. Wir wollen damit zum Ausdruck bringen, dass wir eine Kulturnation sind und dass ja jede Gesellschaft und jeder Staat auf bestimmten Grundlagen sich aufbaut. Diese Grundlagen zusammengenommen, das nennen wir Kultur. Kultur ist also nicht nur Kunst, natürlich ist das Kunst, aber ist vieles andere auch, ist ein Selbstverständnis von dem, wie ich lebe und wie sich die staatliche Ordnung zusammensetzt. Diesen Grundgedanken, der unsere Kultur ausmacht, wollen wir in die Verfassung bringen und das ist nichts anderes, als unsere christlich-abendländische Kultur, denn wir haben keine andere Kultur und können auch nicht nach 2000-jähriger Geschichte einfach aus unserer Kultur aussteigen. Das wollen wir noch einmal präzise festhalten in der Verfassung.

    Liminski: Fiel bei dieser Diskussion auch der Begriff Leitkultur, oder auch deutsche Leitkultur?

    Geis: Nein, der fiel nicht, ganz abgesehen davon, dass dieser Begriff negativ besetzt ist. Aber ich meine, das kann jeder halten wie er will. Ich habe versucht darzulegen, wie wir diese Kultur, die wir jetzt ins Grundgesetz als Staatsziel hineinschreiben wollen, verstehen und wenn man darunter Leitkultur verstehen will, kann man das. Aber ich meine, wir sollten jetzt gar nicht darüber diskutieren, ob das nun eine Leitkultur ist oder nicht. Darüber wurde ja Anfang 2000 diskutiert durch diese Akzentuierung von Friedrich Merz. Ich meine, wir sollten uns darauf einigen – und das haben wir in der Arbeitsgruppe einstimmig, zusammen mit der FDP -, dass wir eine Kulturnation sind und dass wir jetzt beginnen müssen, diese Kultur zu fördern und zu schützen. Deshalb wollen wir das ins Grundgesetz reinschreiben.

    Liminski: Gibt es denn einen Formulierungsvorschlag für einen Eintrag ins Grundgesetz?

    Geis: Das gibt es so genau nicht. Wir haben uns natürlich Gedanken gemacht. Man könnte formulieren, der Staat schützt und fördert die Kultur, aber wir müssen ja diese Verfassungsänderung zusammen mit den anderen Gruppierungen und Fraktionen im Bundestag durchbringen, wir brauchen eine Zwei-Drittel-Mehrheit im Bundestag und im Bundesrat, und deswegen muss man jetzt miteinander reden über die Grenzen der Koalition hinaus.

    Liminski: Wurden in Ihrer Arbeitsgruppe auch Voraussetzungen für die Integration genannt und gefordert?

    Geis: Ja. Wichtigste Voraussetzung für die Integration ist nach unserer Auffassung auch übereinstimmend das Erlernen der deutschen Sprache durch die zu uns kommenden Immigranten. Wir halten dies für eine sehr wichtige Voraussetzung, damit die Menschen sich überhaupt in unserem Land bewegen können, sich miteinander verständigen können, damit sie auch einen Beruf ergreifen können. Deswegen sind wir der Auffassung, dass die deutsche Sprache eine wichtige Voraussetzung für Integration ist, und wir wollen auch dies ins Grundgesetz insofern hineinschreiben, als wir sagen, die Sprache der Bundesrepublik Deutschland ist Deutsch, so in dieser Art von Formulierung. Auch darüber muss man natürlich mit den anderen Parteien sprechen.

    Liminski: Zum Themenkreis Ihrer Arbeitsgruppe gehört auch die Familienpolitik, Herr Geis. Was wurde denn da beschlossen?

    Geis: Wir haben hier einen, glaube ich, auch wichtigen Beschluss gemacht, nämlich wir wollen vor allem die Familien mit Kindern in den Blick nehmen. Hier geht es darum, dass wir den Freibetrag für Kinder erhöhen wollen auf über 8000, also 8001 Euro, und wir wollen gleichzeitig damit auch das Kindergeld auf 200 Euro erhöhen. Wir können ja nicht auf der einen Seite nur Freibeträge beschließen und auf der anderen Seite für die Familien, die solche Freibeträge gar nicht erreichen können, nichts tun. Wir wollen auf jeden Fall auch das Kindergeld auf 200 Euro erhöhen.

    Liminski: Und das wurde beschlossen?

    Geis: Das wurde einstimmig beschlossen, jawohl!

    Liminski: Knackpunkt in der öffentlichen Debatte war das Betreuungsgeld. Hat man da auch eine Einigung erzielt?

    Geis: Nein. Beim Betreuungsgeld haben wir keine Einigung erzielt, was ich sehr bedauere, jedenfalls nicht in der Gruppe, aber das Ganze muss nun von der großen Koalitionsrunde verhandelt werden und da muss man mal sehen, was dabei herauskommt. Es ist nicht so teuer, wie manche glauben, denn es ist ja so, dass die Frauen, Mütter und Väter, die Familien, die ihre Kleinkinder in die Kita geben, ja kein Betreuungsgeld in Anspruch nehmen können, sondern nur die sollen Betreuungsgeld erhalten, die ihr Kind daheim erziehen wollen. Das kann jetzt nicht so ganz viel werden, wie das immer in der Öffentlichkeit diskutiert wird.

    Liminski: Dieses Thema wurde also in die Elefantenrunde der Parteivorsitzenden geschoben. Gibt es auch andere strittige Punkte, die in diese Runde geschoben wurden?

    Geis: Ja, zum Beispiel das Baukindergeld. Wir waren der Auffassung, jedenfalls von CDU/CSU übereinstimmend, dass wir etwas tun müssen für die jungen Familien, die sich ein Eigenheim bauen wollen. Früher hatten wir die Eigenheimzulage; sie wurde abgeschafft, was ich für einen ganz großen Fehler halte. Nun wollten wir über das Baukindergeld eine solche Möglichkeit neu schaffen. Das ist aber gescheitert, da sind wir nicht weitergekommen. Auch das ist an die große Koalitionsrunde oder, wie Sie gesagt haben, Elefantenrunde weitergegeben worden.

    Liminski: Höhere Freibeträge für Kinder, klare Integrationsforderungen, eine Besinnung auf die eigene Kultur. Über die Ergebnisse aus der Arbeitsgruppe Kultur, Integration und Familie sprachen wir hier im Deutschlandfunk mit Norbert Geis (CSU). Besten Dank für das Gespräch, Herr Geis.

    Geis: Ich danke Ihnen auch.