Dienstag, 16. April 2024

Archiv


"Besser ist es, sich dabei helfen zu lassen in dieser schwierigen Situation"

Wenn Frauen erfahren, dass sie an Gebärmutterkrebs erkrankt sind, stellt sich für sie die Frage, wie sie therapiert werden können. Viele entwickeln auch Todesängste und fürchten, schnell zu sterben.

Von Barbara Weber | 22.11.2011
    An der Universitätsklinik Köln gibt es eine Einrichtung, die sich der Betreuung und Versorgung von Krebspatienten widmet. Hier können Krebspatienten über ihre Sorgen und Nöte mit Psychologen sprechen: Haus Lebenswert. Hier traf Barbara Weber vor der Sendung die Diplom Psychologin Birgitt Hein-Nau und fragte sie, was es für Frauen bedeutet, ihre Gebärmutter zu verlieren:

    Hein-Nau: Das ist ganz unterschiedlich. Ich würde sagen, die Brüste als auch die Gebärmutter sind so Symbole der Weiblichkeit als auch der Mütterlichkeit, insbesondere die Gebärmutter steht für Mütterlichkeit. Wenn man schon weiter fortgeschritten ist in seinem Alter spielt das nicht so eine große Rolle, aber es gibt natürlich auch Frauen, auch wenn der Anteil geringer ist, die jünger sind und ihre Gebärmutter verlieren und vielleicht auch noch einen Kinderwunsch haben und den damit auch aufgeben müssen. Aber je nachdem, wo der Tumor auch sitzt ist natürlich der ganze Unterleib mitbetroffen, und dann spielen natürlich auch so Fragen der Sexualität, der Lust, des Umgangs miteinander in der Sexualität eine ganz große Rolle.

    Weber: Mit dabei ist indirekt natürlich auch immer der Partner. Wie gehen Frauen damit um?

    Hein-Nau: Die Frauen sind schon sehr verunsichert. Also da stellt sich immer die Frage, besitze ich noch den gleichen Wert für meinen Partner als Frau ohne Gebärmutter? Wie kann der Partner überhaupt damit umgehen, dass ich plötzlich auf einmal krank bin? Da komme ich zu dieser Rolle, die Frauen auch oft spielen in ihrer Familie, und da sind schon viele auch Sorgen. Werde ich entsprechend getragen? Männer sind oft ganz, ganz hilflos in der Situation. Ich möchte fast noch sagen, Männer wollen immer ganz viel machen und sind sehr lösungsorientiert, lösungsorientiert auch im Sinne vom Finden von schnellen Lösungen und das Halten und Tragen und einfach nur da sein fällt oft schwer, weil sie das Gefühl dann so haben, ich tu ja gar nichts, und das ist ja genau das, was Frauen ja dann auch viel brauchen. Sie brauchen auch praktische Unterstützung. Also wenn man geschwächt ist durch die Erkrankung ist es gut, wenn da jemand da ist, der einem auch etwas abnimmt. Das ist schon eine ganz schwierige Situation, und darüber schwebt immer die Angst, schaff’ ich das.

    Weber: Wie können Frauen denn jetzt lernen mit ihrer Erkrankung umzugehen? Wie können Frauen lernen, dass sie ihre Gebärmutter verlieren?

    Hein-Nau: Ich denke mal das Erste ist wirklich nicht zu verschließen, wenn das möglich ist, das heißt, die Erkrankung auch anzunehmen und auch mit anderen darüber zu sprechen. In dem Moment, wo man das tut, zeigt man auch, ich setze mich mit ihr auseinander. Austausch mit Angehörigen, Austausch mit Freunden oder im Zweifel eben auch, wenn das alles nicht vorhanden ist, man kann ja nicht immer davon ausgehen, ist es auch wichtig, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen und nicht zu sagen, ich muss das alles alleine schaffen. Besser ist es, sich dabei helfen zu lassen in dieser schwierigen Situation. Ja, manchmal muss man Abschied nehmen von Vorstellungen, die man gehabt hat, aber das heißt nicht, dass man nicht auch neue entwickeln kann.