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Besuch in der Bundesstadt
Beethovens Nachfahren in Bonn

Sie tragen alle den Namen des berühmten Komponisten: Auf Einladung des Vereins "Bürger für Beethoven" sind 47 echte Namensvetter Ludwig van Beethovens in seine Geburtsstadt Bonn gereist. Möglich wurde das Treffen der weitläufigen Verwandtschaft durch akribische Telefonbuch- und Internetrecherche.

Von Henning Hübert | 27.05.2019
    Der Konzeptkünstler Prof. Ottmar Hörl installiert auf dem Bonner Münsterplatz direkt zu Füßen des Denkmals von Ludwig van Beethoven mehr als 500 eigenwillig gestaltete, etwa einem Meter hohe Beethovenstatuen.
    Beethoven-Statuen in Bonn. (imago/ Klaus W. Schmidt)
    Beethoven und die Damenwelt, da spitzen die Verwandten besonders die Ohren - beim Stadtrundgang zu Beethoven-Orten in der Bonner Altstadt. Stephan Eisel, der Vorsitzende des Vereins "Bürger für Beethoven", führt die Gruppe vom Geburtshaus des Komponisten zum Markt. Weil hier Babette, eine seiner ersten Klavierschülerinnen, zu verorten ist.
    Bei dem Stadtrundgang geht es weiter zur Schlosskirche zum Münsterplatz, wo einst die Familie Lorchens lebte, die von Breunings. Die van Beethovens dagegen sind keine Adligen, die Präposition sagt nur, dass sie von irgendwoher kommen, nämlich von den Rübenhöfen - oder von dem Rübengarten. Ein flandrischer Herkunftsname also. Die heutigen van Beethovens kennen sich untereinander kaum, zu weitläufig ist die Verwandtschaft inzwischen. Immerhin sind 47 von 136 heute nachweisbaren Namensvettern nach Bonn gereist, im Bus aus der flämischen Stadt Mechelen. Dort sind Vorfahren der Bäckersfamilie Beethoven bis ins frühe 13. Jahrhundert nachweisbar.
    Alle tragen beim Stadtrundgang einen kleinen roten Schal, so wie Beethoven auf dem berühmten Stieler-Gemälde, dass den 50-jährigen beim Komponieren der Missa Solemnis zeigt. Unweigerlich vergleicht man die Gesichter: Wer ähnelt Ludwig besonders? Ein Mann ist um die 50, das Gesicht braun gebrannt, seine grauen Haare wild gelockt. Und wenn er beim Sich-Vorstellen die Sonnenbrille abnimmt, dann passen auch noch die buschigen Augenbrauen zum berühmten Verwandten: "Meine Haare? Die sind einfach so. Mich hat auch vor kurzem ein Professor aus Oxford angefragt, ob er meine DNA untersuchen darf. Das Ergebnis: Wahrscheinlich bin ich in der zehnten oder in der elften Generation mit Ludwig van Beethoven verwandt. Soviel ist gesichert."
    Frank van Beethoven hat mittels eines DNA-Tests seine Verwandtschaft zum Komponisten nachgewiesen.
    Frank van Beethoven hat mittels eines DNA-Tests seine Verwandtschaft zum Komponisten nachgewiesen. (Deutschlandradio / Henning Hübert)
    Von Lüttich nach Bonn
    Ein Instrument spielt er nicht. Verrät aber noch, dass er die 5., die 7. und natürlich "Für Elise" mag. Stephan Eisel, der Vorsitzende des Bonner Vereins "Bürger für Beethoven", klärt auf, warum sich gemeinsame DNA heute im nördlichen Belgien findet, wo der Großvater des 1770 geborenen Komponisten herkam: "Also der Ludwig van Beethoven, der Ältere, das war ein Sänger. Der hat in Lüttich in der Kirche gesungen. Und Lüttich gehörte damals zum Herrschaftsgebiet des Kölner Kurfürsten, der ja in Bonn residiert hat. Und der Kurfürst Clemens August hat den dort singen gehört und hat ihn 1733 nach Bonn engagiert. Und so kamen die Beethovens damals nach Bonn. Und der Enkel, der genau so hieß, das ist der große Komponist."
    Im Kammermusiksaal des Beethoven-Hauses, beim Termin für das Gruppenfoto der Namensträger, sind es zwei Frauen, die sich in ihren roten Schals um den Hals an den Flügel setzen und zaghaft die Tasten drücken. Möglich wurde das Treffen der weitläufigen Verwandtschaft in Bonn durch eine akribische Telefonbuch- und Internetrecherche: "Mein Name ist Walter Sluydts, ich komme aus Lier, das ist in der Nähe von Mechelen. Alles für Beethoven, Beethoven für alle(s). Das ist mein Motto."
    Der Beethovenfan und Ahnenforscher hat alle Namensträger gefunden. Hilfreich war dabei, dass in Belgien bei der Hochzeit die Frauen ihren Mädchennamen behalten. "Die sind alle konzentriert in Flandern. Und in Wallonien, so in Belgien. Und es gibt eine Familie, die lebt im Süden von Frankreich, aber das ist eine belgische Familie. In Bonn keine Beethovens, in Deutschland, Österreich keine Beethovens, leider."
    250. Jubiläum in Bonn
    Bei Heidi van Beethoven zählt nicht so sehr die weitläufige Verwandtschaft. Die ist doch etwas zu kompliziert: Zum gemeinsamen Ahnherrn führen erst von Ludwig acht Stufen auf der Generationenleiter hoch und zu ihr dann wieder 13 Stufen herunter. Ihr reicht schon der Name, auf den sie mehrmals in der Woche angesprochen wird, um sich mit dem Komponisten stark verbunden zu fühlen: "Heute wäre Beethoven auch noch ein Wunderkind. Wenn man zwölf Jahre hat und dann schon so etwas komponieren kann, das ist ja außerordentlich!"
    Sagt Heidi van Beethoven über die Kurfürstensonaten. Die Pianistin Josiane Wahmhoff trägt sie der Gruppe im Kammermusiksaal vor. Bald werden 250 Jahre Beethoven gefeiert. Malte Boecker, Direktor des Beethoven-Hauses, denkt auch an dieses Jubiläum und besonders an den Höhepunkt des Jubiläumsjahres 2020, den 17. Dezember. Die liebe Verwandtschaft aus Belgien bekommt abschließend einen Auftrag, es muss ja weiter gehen mit den Beethovens: Das verbürgte Datum, das wir haben, ist gar nicht das Geburtsdatum, sondern es ist eben der Eintrag der vollzogenen Taufe in der alten Remigiuskirche. Und dieser Taufstein ist noch erhalten. Und da werden wir zum Höhepunkt dieses Jubiläumsjahres eben einen Gottesdienst durchführen. Und ich habe mit einem großen Zwinkern gesagt, dass die Familie jetzt eine Aufgabe hat. Vielleicht sollte man so zehn Monate vor dem Konzert mal überlegen, ob man nicht noch einen Täufling zu diesem Gottesdienst dann beitragen könne. Und das hat hier für ein gewisses Lächeln gesorgt."