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Bewegung in die Sache bringen

Die Bundesregierung will den Elektroantrieb als Antriebstechnik auf dem Automarkt fördern. Deshalb ruft die Regierung die Nationale Plattform Elektromobilität ins Leben, um stromgetriebene Fahrzeuge zu fördern und gemeinsame Standards zu schaffen.

29.04.2010
    In der Tat ist die Bundesregierung vom selbst gesteckten Ziel, im Jahr 2020 auf deutschen Straßen rund eine Million Elektroautos fahren zu sehen, noch sehr weit entfernt. Experten gehen davon aus, dass es derzeit maximal ein paar tausend Exemplare sind, die kontinuierlich genutzt werden. Und vor dem Elektro-Auto-Gipfel mit Bundeskanzlerin Merkel und führenden deutschen Herstellern am kommenden Montag in Berlin formulieren nun auch die Verbände und Lobbygruppen ihre Vorstellungen zur künftigen Elektromobilität. Beispielsweise der VDE, der Verband der Elektrotechnik.

    Rik de Doncker ist Professor für elektronische Antriebe an der Technischen Hochschule in Aachen und für den Verband Leiter einer Arbeitsgruppe. Er selbst fährt seit Jahren sozusagen elektrisch – und die Zielmarke der Bundesregierung – eine Million Fahrzeuge bis 2020 – hält er für technisch machbar, es könne sogar darüber hinausgehen. Man bräuchte aber vor allem weitere Investitionen in die Forschung und auch staatliche Impulsprogramme.

    "Ein wichtiger Punkt wäre, dass man für Elektrofahrzeuge eine Art steuerliche Vergünstigung anbietet, womit die teilweise Risiken durch die hohen Investitionskosten für Batterien ausgleichen kann. Damit auch die Kunden erfahren, wie gut und angenehm ein E-Auto fährt. Es ist sehr leise, hat sehr viele Drehmomente, also Beschleunigung. Die Reichweite von heutigen modernen Batterien reicht völlig aus, um über 90 Prozent der regulären Fahrten, die wir täglich haben, zu bewerkstelligen. "

    De Doncker setzt also auch auf eine Art Domino- oder Vorführeffekt, je mehr solcher Autos auf den Straßen unterwegs seien, desto eher würde sich auch eine Neugier potenzieller Kunden und Käufer einstellen. Der Knackpunkt bei der künftigen Entwicklung sei aber weiterhin die Nutzung der notwendigen Batterien. Die sind derzeit noch sehr schwer, auch sehr teurer, sie nehmen viel Platz in Anspruch und auch die Leistung, die spätere Fahrleistung also, sei noch zu steigern.

    "Forschung und Entwicklung sollte sicherlich dahin gehen, dass Energie- und Leistungsdichte der Batterien noch zu steigern. Also ein Steigerungsfaktor zwei oder sogar drei wäre in den nächsten Jahrzehnten sicherlich möglich. Dann hätten wir Fahrzeuge mit Reichweiten von 200 bis 300 Kilometern. Auch mit einem Kostensenkungspotenzial der Batterien bis zur Hälfte. Sodass man dann auch konkurrenzfähig sein kann – in Vergleich zu Dieselfahrzeugen."
    Auf dem Elektroauto-Gipfel sollen ja auch Arbeitsgruppen eingesetzt werden: Antriebstechnologie und Batterietechnik stehen dabei im Vordergrund. Aber es geht auch um Infrastruktur, um Normung, es geht um Recycling und Materialien – und nicht zuletzt auch um gesetzliche und steuerliche Rahmenbedingungen.

    Heute Vormittag traten auch die führenden Umweltverbände vor die Presse hier in Berlin. Man könnte ja erst einmal vermuten, dass diese das generelle Ziel der Einführung von Elektroautos gutheißen – es war jedoch überwiegend ein "Ja, aber" zu hören. Die Umweltverbände teilen nicht ganz die Euphorie von Industrie und Bundesregierung in Bezug auf die E-Mobile. Im Sinne eines effektiven Klimaschutzes müssten diese erst noch die Bewährungsprobe bestehen. Deshalb lehnen die Verbände auch eine alleinige Förderung dieser speziellen Fahrzeuge ab, Kriterium für steuerliche Anreize dürfe ausschließlich der CO2-Ausstoß eines Automobils sein. Dietmar Öeliger ist Verkehrsexperte des Naturschutzbundes Deutschland.

    "Diese Anreize müssen technikneutral sein. Die gezielte Förderung einer bestimmten Technik, wie sie Elektroauto darstellt, ist aus unserer Sicht falsch. Dies bürgt immer das Risiko von Fehlanreizen. Eine Förderung sollte deshalb für Elektroautos genauso gelten wie effiziente Hybridmodelle. Auch für sparsame Benziner oder Dieselfahrzeuge, auch für entsprechende Gasautos."

    Der deutschen Automobilindustrie warf man auch vor, dass Thema verschlafen zu haben, in anderen Ländern sei man hier deutlich weiter. Man fordert einen Realitätscheck für die Elektromobilität. Denn ein Elektroauto sei nur dann wirklich weitgehend emissionsfrei, wenn der benötigte Strom auch ausschließlich aus erneuerbaren Energien komme, was derzeit nicht gewährleistet sei.

    Viele Fragen vor dem E-Auto-Gipfel am Montag sind somit noch unbeantwortet. Aber dass Bewegung in die Sache kommt, das wird auf jeden Fall begrüßt.