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Bezahlung für Drehbücher
Eiszeit im sonnigen Hollywood

In Hollywood haben viele Drehbuchautoren ihre Agentinnen und Agenten gefeuert - weil die ihrer Meinung nach vor allem in die eigene Tasche wirtschaften. Das soll vor allem über das sogenannte "Packaging" funktionieren, bei der die Beteiligung weit mehr als die sonst üblichen zehn Prozent beträgt.

Von Nicole Markwald | 02.05.2019
Der Mythos bröckelt: Drehbuchautorinnen und -autoren in den USA fordern bessere Bezahlung
Der Mythos bröckelt: Drehbuchautorinnen und -autoren in den USA fordern bessere Bezahlung (imago / ZUMA Press / Dreamstimex)
David Simon ist einer der ganz großen Autoren Hollywooods. Von ihm stammt die Erfolgsreihe "The Wire". Es geht um Drogen, Rassismus, Gewalt und Geld im heruntergekommenen Baltimore.
Dramatisch geht es derzeit auch in Hollywood zu: Es dreht sich ebenfalls ums Geld. Und David Simon ist mittendrin. Gemeinsam mit sieben anderen Autorinnen und Autoren und Unterstützung der Gewerkschaft Writers Guild of America ist er vor Gericht gezogen. Sie klagen gegen die vier größten Künstleragenturen. Der Vorwurf: Die Agenuren hätten gegen Landes- und Bundesrecht vestoßen - und mehr Geld verdient als ihnen eigentlich zusteht. Der Zankapfel heißt "Packaging", also "im Paket liefern".
"Packaging" als attraktives Geschäftsmodell
Normalerweise liefen die Geschäfte in Hollywood so: Die Agentur bringt das Drehbuch des Autors unter, dafür erhält die Agentur zehn Prozent der ausgehandelten Gage. Doch über die Jahre hat sich die Praxis des "Packaging" etabliert. Ein Agent oder seine Firma liefert bei einer Serie oder einem Kinofilm mehrere Teile gleichzeitig oder gleich das komplette kreative Personal eines Projekts. Und verhandelt bei der Gelegenheit ein Honorar für sich, das weitaus höher liegen kann als die traditionellen zehn Prozent.
Ein Interessenkonflikt, so Matt Belloni vom Hollywood Reporter: "Die Autoren sagen, dass die Agenturen nicht mehr ihr bestes Interesse im Sinn haben. Beispiel Meredith Stiehm: Sie hat die Krimiserie 'Cold Case' geschrieben und hat nach Jahren festgestellt, dass ihre Agentur für jeden Dollar, den sie mit der Serie verdient, selbst 94 Cent kassiert."
Gerichte sollen entscheiden
Die Gewerkschaft WGA schätzt, dass fast 90 Prozent aller geskripteten Serien 2016/2017 als Paket verkauft wurden. Es geht also um sehr viel Geld für die Agenturen.
Matt Belloni: "Die Agenten sagen, das wurde alles ganz oben entschieden, und die Klienten wüssten Bescheid. Oftmals würden sie sogar mehr verdienen, weil sie die zehn Prozent nicht abgeben müssen, wenn es eine Paketvereinbarung gibt. Nun muss das Gericht entscheiden, weil keine der beiden Seiten nachgibt."
Die Gewerkschaft schlug vor, im neuen Verhaltenskodex das "Packaging" zu verbieten. Die Interessenvertretung der Künstleragenturen lehnte das ab. Daraufhin forderte die Gewerkschaft ihre Mitglieder auf, ihre Agenten zu feuern, was tatsächlich mehr als die Hälfte tat.
Für Serienfans noch keine Auswirkungen
Ein schwerer Schritt, erzählt Autor Mark Rizzo dem Sender KCRW: "Ich bin mit meiner Agentin eng befreundet. Wir haben darüber gesprochen, und sie hat verstanden, warum ich das mache. Hier geht's nicht um uns als Personen, sondern um das System."
Für Serienfans hat das vorerst keine Auswirkungen, die anstehenden Staffeln sind abgedreht. Aber langfristig müssen Produktionen die richtigen Autoren ohne die Hilfe der Agenturen finden. Eine Lösung ist derzeit nicht in Sicht. Es herrscht Eiszeit im sonnigen Hollywood.