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Bezahlung nach Leistung oder Fixgehalt?

"Gleiche Arbeit, gleiches Geld." Dass dieses Ideal noch in der Ferne liegt, zeigt sich beispielsweise daran, dass Frauen im Schnitt weniger als Männer verdienen. Nach einer Studie des Instituts zur Zukunft der Arbeit soll liegt das aber nicht unbedingt an Diskriminierung. Denn während Männer eine leistungsabhängige Bezahlung bevorzugten, favorisieren Frauen ein Fixgehalt - auch wenn es geringer ausfällt.

Moderation: Ulrike Burgwinkel | 29.03.2006
    Ulrike Burgwinkel: Geleistete Arbeit wird bezahlt, sehen wir jetzt mal von den vielen Praktikanten ab. Also der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer entscheiden letztlich beide darüber, wie die Entlohnung aussieht, festes Gehalt oder nach Leistung. Wer entscheidet sich wofür aus welchen Gründen? Da gibt es deutliche Unterschiede, auch zwischen den Geschlechtern. Multidimensionale Selektionsentscheidungen sind das, und die hat Professor Armin Falk vom Institut zur Zukunft der Arbeit mit seinen Mitarbeitern untersucht. Herr Falk, wie äußern sich denn die Unterschiede zwischen den Geschlechtern, was ist da am augenfälligsten?

    Armin Falk: Zwischen Geschlechtern ist das Augenfälligste, dass sich Männer sehr viel häufiger für leistungsorientierte Entlohnungsschemata entscheiden als Frauen, also stärker eine Entlohnung suchen, bei der sie mehr bekommen, eine höhere Entlohnung, wenn sie auch mehr leisten, während wir bei Frauen tendenziell eher feststellen, dass sie sich für sicherere Entlohnungsschemata entscheiden, also zum Beispiel Fixlöhne, bei denen ähnlich wie beispielsweise bei den Beamten, also bei den meisten Beamtenverträgen jedenfalls, die Entlohnung nicht unbedingt abhängt von der Leistung, jedenfalls nicht direkt von der Leistung, vielleicht langfristig von der Leistung über Beförderung usw., aber eben nicht unmittelbar an die Leistung gekoppelt ist.

    Burgwinkel: Dann haben Sie doch sicherlich auch untersucht, welche Gründe da eine Rolle spielen könnten, zum Beispiel persönliche Charaktereigenschaften, nehme ich an?

    Falk: Also wir haben uns nicht nur angeschaut, [was] ist der Unterschied zwischen Frauen und Männern, sondern eben viel allgemeiner gefragt, wer arbeitet eigentlich in welcher Firma, wer fühlt sich eigentlich von welcher Art von Organisation angesprochen und welche Motive oder Charaktereigenschaften, welche Persönlichkeitsmerkmale sind dafür verantwortlich, und wenn wir uns den Frauen-Männer-Unterschied noch mal kurz anschauen, dann ist eben noch augenfällig, dass Frauen im Gegensatz zu Männern eben sehr viel mehr das Risiko scheuen, und wenn es eben so ist - und das haben wir auch in dem Experiment noch mal bestätigt gefunden -, dass Frauen Risiken gegenüber skeptisch oder reservierter sind, dann kann man darüber auch erklären, warum Frauen sehr viel häufiger sich eben für Fixentlohnung entscheiden.

    Burgwinkel: Und somit geringer bezahlt werden.

    Falk: Und somit auch geringer bezahlt werden. Lassen Sie mich eine Sache vielleicht noch eben einfügen, es ist natürlich nicht der einzige Grund. Also wenn wir gerade auch anschauen meinetwegen öffentlicher Dienst versus Privatindustrie, sage ich mal, dann ist der Anteil der Frauen, die im öffentlichen Dienst arbeiten, höher als der Anteil der Frauen, die in der Privatwirtschaft arbeiten, und bei Männern ist es genau andersrum. Das ist aber nicht nur wegen der Selbstselektion oder wegen des Risikos, sondern natürlich auch, weil der öffentliche Dienst viele Dinge ermöglicht, die es gerade bei der Vereinbarkeit von Beruf und Familie sehr viel leichter machen, und das sind eben noch zusätzliche Gründe, die über die Risikoaversion wahrscheinlich eine Rolle spielen. Was die Belohnung angeht: Ja, es ist richtig, es ist einer der Skandale, wenn man so will, in allen entwickelten Volkswirtschaften. Wir glauben, dass unsere Ergebnisse hier eine mögliche Erklärung bieten neben anderen, die möglicherweise auch eine Rolle spielen, und das ist, dass Frauen es einfach so lieber haben, dass sie also bereit sind, auch auf etwas mehr Geld zu verzichten, wenn es dafür sicherer ist und sie eben weniger Risiken ausgesetzt sind.

    Burgwinkel: Welche Rolle spielt denn dabei der Wettkampfgedanke?

    Falk: Es gibt andere Arbeiten, die bereits gezeigt haben, dass sich Frauen weniger gerne im direkten Wettbewerb befinden als Männer. Während Männer eher bereit sind, den direkten Wettbewerb zu suchen, ist es bei Frauen weniger stark ausgeprägt, und wir finden übrigens auch - und das ist auch eine typisch männliche Eigenschaft -, dass sie sich besser einschätzen als sie wirklich sind, und das ist natürlich für eine Entscheidung, wo möchte ich arbeiten, die durch Wettbewerb gekennzeichnet ist, von entscheidender Bedeutung. Wenn ich glaube, dass ich sehr gut bin, dann scheue ich es natürlich auch nicht, in den direkten Wettbewerb einzutreten mit anderen. Das ist, was wir als Overconfidence bezeichnen, und das ist eben nichts anderes, als dass Leute, die overconfident sind, eben von sich glauben, sie sind besser, als sie tatsächlich sind.

    Burgwinkel: Das muss halt der Arbeitgeber auch ein bisschen aufpassen. Wenn es zum Beispiel eine Bank ist, dann möchte der vielleicht nicht so gerne, dass seine Angestellten overconfindent sind und mit dem Geld der Kunden dann risikoreiche Geschäfte abschließen.

    Falk: Das ist absolut richtig, und ich glaube, das ist auch eine Sache, die sowohl Unternehmen als auch die Forschung bisher komplett unterschätzt hat. Der Focus der bisherigen Forschung, aber auch der Unternehmenspolitik ist sehr stark, Anreize zu setzen, Leute zur Leistung zu motivieren. Welche Wirkungen das aber auf die Art der Belegschaft hat, die am Schluss bei mir arbeiten, das heißt, dass also die Wahl von Anreizinstrumenten, meinetwegen von Organisation usw. auch einen Einfluss darauf hat auf die Zusammensetzung der Menschen, die dann tatsächlich bei mir arbeiten, und dass die Charakteristika und die Eigenschaften, die hier mit selektiert werden, für mich gut oder schlecht sein können, das ist bisher viel zu wenig bedacht worden, und das ist nicht nur wichtig für die Perspektive der Bewerber, sondern vielleicht noch viel wichtiger aus Sicht der Unternehmen, was erreiche ich mit welchen Anreizen, wen attrahiere ich und wer arbeitet bei mir und welches Portfolio von Eigenschaften versammelt sich dann dort in meiner Firma und was hat wiederum für Konsequenzen für die Entscheidungen, die die dann für den Unternehmenserfolg dann auch treffen.