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BGH-Urteil zu Bewertungsreserven
Lebensversicherer dürfen Auszahlung kürzen

Die Lebensversicherung als Altersvorsorge: Lange Zeit war sie besonders beliebt. Wer sie sich jetzt auszahlen lässt, muss sich aber häufig mit weniger zufrieden geben als ursprünglich versprochen. Die Versicherungen kürzen wegen der Niedrigzinsphase. Der Bundesgerichtshof hat jetzt entschieden: Das ist rechtens.

Von Brigitte Scholtes | 27.06.2018
    Ein Taschenrechner und Münzen liegen auf einem Blatt Papier, auf dem Lebensversicherung steht
    Die Verzinsung von Lebensversicherungen ist für Sparer derzeit unattraktiv (dpa/picture alliance/Arno Burgi)
    Ein wenig mehr Transparenz müssen die Kunden künftig haben, das verlangt der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung: Lebensversicherer können aber aus finanziellen Gründen die Auszahlung der Bewertungsreserven an ihre Kunden kürzen. Sie müssen aber begründen, warum ohne die Kürzung die
    zugesagten Garantiezinsen für Lebensversicherungsverträge nicht sichergestellt werden kann. Die Transparenz, die der BGH von den Versicherungen verlangt, freut Axel Kleinlein, den Sprecher des Bundes der Versicherten zwar:
    "In dem Hauptpunkt, der uns beschäftigt, nämlich die Frage, ob die Kürzung der Beteiligung an den Bewertungsreserven, ob das verfassungsrechtlich sauber ist oder nicht, dazu hat der BGH uns leider nicht den Hinweis gegeben, den wir uns gewünscht hätten – stört uns aber nicht. Wir werden mit langem Atem weiterkämpfen, bis wir vor dem Bundesverfassungsgericht sind und hoffentlich dann genauso wie 2005 wieder gewinnen."
    Finanzaufsicht beaufsichtigt intensiver
    Damals hatte der Bund der Versicherten das Recht auf Ausschüttung erstritten. Die niedrigen Zinsen sind eine Belastung für die Branche, die ja in den 90er-Jahren ihren Kunden noch Zinsen von bis zu vier Prozent versprochen hatte – und das für die gesamte Laufzeit. Allein diese Garantiezusagen einzuhalten, ist deshalb für die Lebensversicherungen schwierig. So schwierig, dass nun die Finanzaufsicht BaFin 34 von 87 Gesellschaften etwas stärker beaufsichtigt. Das Bundesfinanzministerium versichert zwar, man wolle vorausschauend handeln, eine intensivierte Aufsicht über Unternehmen bedeute jedoch nicht, dass finanzielle Schwierigkeiten bestünden. Das versichert auch Peter Schwark, Mitglied der Geschäftsführung des Gesamtverbands der deutschen Versicherungswirtschaft:
    "Bei den schwächeren Unternehmen guckt die Aufsicht besonders intensiv hin, und dann werden auch Maßnahmen besprochen, um finanzielle Schwierigkeiten in der Zukunft zu vermeiden. Wichtig ist: Es geht hier immer um den Risikopuffer. Es geht nicht darum, ist ausreichendes Kapital da, damit alle Kundenansprüche befriedigt werden können. Es ist die Frage sind ausreichende Risikopuffer da, auch wenn die Zinsen nochmal zurückgehen, wenn es einen Crash am Aktienmarkt gibt. Das ist die Aufsichtsperspektive. Und die hat erstmal mit der Erfüllbarkeit der Leistungsversprechen nicht sofort was zu tun."
    Puffer von 60 Milliarden Euro
    Doch die Bundesregierung will der Branche offenbar weiter helfen: Sie hatte die Gesellschaften 2014 verpflichtet, eine Zinszusatzreserve aufzubauen, die sollte die Risiken aus den hohen Zinsgarantieversprechen abpuffern. Der Puffer hat inzwischen ein Volumen von 60 Milliarden Euro erreicht. Nun sollen die Gesellschaften weniger zuführen als bisher. Grundsätzlich hält das auch der Bund der Versicherten für richtig, dessen Sprecher Kleinlein mahnt aber, diese Zuführung dürfe nicht nur aus den Kundengeldern finanziert werden:
    "Wir müssen schauen, dass zum einen die Versicherungsunternehmen selber auch zur Kasse gebeten werden und die Aktionäre, und zum anderen die Versicherungsnehmer einen Ausgleich bekommen, eben in Form von einer fairen und angemessenen Überschussbeteiligung. Es kann nicht sein, das alle vier Jahre, immer zur Fußball-WM, Geschenke an die Lebensversicherungsunternehmen gemacht werden und die Kunden in die Röhre gucken." Denn der Finanzausschuss des Bundestags soll das heute Nachmittag absegnen.