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Bilanz der re:publica 2019
Neue Ideen und alte Diskussionen

Drei Tage lang haben sich in Berlin auf der re:publica Netzaktivisten, Politiker und Journalisten getroffen. Urheberrechtsreform, Netzpessimismus, Netzregulierung - Europas größte Digitalkonferenz hat viele große Themen berührt. Ein Überblick.

Von Stefan Fries | 08.05.2019
Der Schriftzug "re;publica 19" steht auf einer Scheibe bei der Internetkonferenz.
Die "re:publica" gilt als Europas größte Digitalkonferenz. (picture alliance / dpa / Britta Pedersen)
Mehr als 500 Veranstaltungen, mehr als tausend Redner und Diskussionsteilnehmer – die re:publica und die angeschlossene Medienkonferenz Media Convention Berlin haben wieder Tausende Teilnehmer nach Berlin gezogen. Oft wird den Machern vorgeworfen, kritische Gegenstimmen zu ihrer tendenziell politisch eher linken Haltung nicht einzuladen.
Dieses Mal aber kam einer der Hauptgegner der re:publica-Gemeinde: der CDU-Europapolitiker Axel Voss, der die umstrittene EU-Urheberrechtsreform federführend ausgearbeitet hat. In einem kontroversen Gespräch stellte er sich Netzpolitik-Aktivist Markus Beckedahl.
Voss: "Was da ja zum Ausdruck kommt, ist, dass eine private Homepage nicht dem Artikel 13 unterfällt..."
Beckedahl: "…aber trotzdem unter dem Urheberrecht steht. Und wenn ich da etwas publiziere, was die Rechte anderer verletzt, dann hab ich…"
Voss: "Ja, aber die Diskussion geht doch um Artikel 13."
Beckedahl: "Nee, bei mir geht die Diskussion darum, dass das Urheberrecht zu kompliziert ist."
Voss: "Ja, aber dann müssen wir natürlich ganz von vorne beginnen und schlichtweg einfach mal feststellen, das Urheberrecht - mal völlig unabhängig von dieser Reform - , das Urheberrecht als solches..."
Beckedahl lehnt vor allem Uploadfilter ab, die mit der Urheberrechtsreform unvermeidlich seien. Dass die oft falsch liegen, mussten ausgerechnet die re:publica-Macher erleben. Ihr eigener Livestream bei Youtube wurde unterbrochen, weil während eines Vortrags ein Ausschnitt aus einer Arte-Sendung gezeigt wurde. Die Filter erkannten nicht das legale Zitat, sondern fälschlicherweise eine Urheberrechtsverletzung.
Pörksen warnt vor Netzpessimismus
Auf der re:publica haben Wissenschaftler, Journalisten, Aktivisten und Unternehmer Ideen vorgestellt und Theorien entwickelt. So etwa der Tübinger Medienwissenschaftler Bernhard Pörksen, der gegen das anredete, was er den Netzpessimismus nennt.
"Ich glaube, dass unser Diskurs und unsere Debatten zu dystopisch sind im Moment. Es gibt eine große Gewissheit, das Ende der Demokratie ist gleichsam beschlossene Sache, das ist eine sehr düstere Geschichtsphilosophie. Wir beobachten angeblich das Verlöschen von Kommunikation und Rationalität und Respekt und eine totale Manipulation im digitalen Zeitalter. Ich halte das in dieser Form für eine Übertreibung, und im Letzten aber, das ist mein entscheidendes Argument, für kontraproduktiv, denn: Wer so denkt, betreibt das Geschäft der Entmutiger."
Pörksen fordert unter anderem, dass Journalisten ihre Arbeit transparent machen und mit dem Publikum in einen Dialog treten sollen, um einen Beitrag zur Medienkompetenz zu leisten.
Und dann die alte Frage: Wie Plattformen regulieren?
Wie schon in den vergangenen Jahren wurde auf der re:publica auch wieder über die Regulierung von Plattformen diskutiert. Wie dämmt man die Marktmacht großer Akteure so ein, dass kleine Unternehmen noch eine Chance haben? Plattformen wie etwa Amazon oder Facebook zu zerschlagen, hält EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager nicht für den richtigen Weg. Die Unternehmen würden vor Gericht ziehen.
"Dann verbringen Sie Jahre vor Gericht, bevor Sie einen Effekt erzielen. Also kümmern wir uns um den Zugang zu Daten. Wenn Unternehmen Wettbewerbern Zugang zu Daten geben müssen, erreichen Sie denselben Wettbewerbsdruck. Diese haben dann eine faire Chance."
Es sind Diskussionen, die nach der re:publica weitergeführt werden – auch bei der nächsten Konferenz 2020.