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Bildungsbarometer
Ruf nach mehr Chancengleichheit wird lauter

Über den Bildungserfolg in Deutschland entscheidet weiter oft die Herkunft. Das Bildungsbarometer des ifo-Instituts zeigt nun, dass viele Menschen in Deutschland entschiedenere Schritte gegen diese Bildungsungleichheit befürworten würden. Aber es gibt dabei auch Einschränkungen.

Von Claudia van Laak | 28.08.2019
Der Lehrer Florian Schempp unterrichtet an der Friedenauer Gemeinschaftsschule in Berlin in einer Willkommensklasse Deutsch.
Eine Willkommensklasse in Berlin (picture alliance / dpa / Britta Pedersen)
Der Bildungserfolg hängt nach wie vor stark von der Herkunft ab. Kinder aus Akademikerfamilien nehmen dreimal häufiger ein Studium auf als Kinder aus Nicht-Akademikerfamilien. Für die meisten ist diese Bildungsungleichheit ein wichtiges Thema, haben Wissenschaftler vom Münchener ifo-Institut für Wirtschaftsforschung herausgefunden.
Und sie sind gut über dieses Thema informiert. Studienautor Philip Lergetporer führt aus, "dass eine überwältigende Mehrheit sowohl ein hohes Bildungsniveau als auch die Förderung von benachteiligten Gruppen als wesentliches Ziel der Bildungspolitik ansehen."
Reformbereitschaft - aber Skepsis bei Inklusion
Mehr als drei Viertel der Befragten sagen: Der Staat soll die Kita-Gebühren übernehmen, Stipendienprogramme sollen ausgebaut werden und der Staat soll außerdem mehr Geld für Schülerinnen und Schüler aus benachteiligten Verhältnissen ausgeben. Die Deutschen zeigen also eine große Reformbereitschaft, wenn es darum geht, Bildungsnachteile auszugleichen, "beispielsweise Gratiskindergärten oder Kindergartenpflicht, aber auch Dinge, die im Schulbereich passieren, also diese große Reformbereitschaft ist ein wichtiges politisches Ergebnis der Studie."
In einem Punkt zeigen sich die Deutschen allerdings konservativ und wenig reformbereit – wenn es um die Inklusion geht, also um den gemeinsamen Unterricht von Kindern mit und ohne Handicaps. Weniger als die Hälfte der Befragten hält dies für einen sinnvollen Weg, um Bildungsungleichheiten zu beseitigen. Widersprüchlich ist folgender Befund: einerseits hält es eine Mehrheit der Befragten für ein ernsthaftes Problem, dass Kinder mit Migrationshintergrund in der Schule benachteiligt werden, andererseits ist eine überwältigende Mehrheit der Überzeugung, dass ein hoher Bildungsabschluss eher von den eigenen Anstrengungen abhängt und weniger von äußeren Umständen.
Gießkanne oder gezielte Förderung?
Die jährliche repräsentative Bildungs-Umfrage des ifo-Instituts hat auch erhoben, ob zusätzliche Bildungsausgaben gleichmäßig verteilt werden oder direkt benachteiligten Gruppen zugutekommen sollen. Das Ergebnis: Nur eine Minderheit will eine gezielte Förderung Benachteiligter. Studienautor Philip Lergetporer: "Diese starke Präferenz für die Gießkanne kann es unter Umständen schwer machen, Bildungsreformen durchzusetzen, die aufgrund von Förderung benachteiligter Gruppen Bildungsungleichheiten verringern könnten."
Das ifo-Bildungsbarometer hat außerdem die Meinung zu Studiengebühren abgefragt. Die Zustimmung wächst, wenn nach nachgelagerten Studiengebühren gefragt wird, die also erst fällig werden, wenn die Betroffenen im Job sind. Zwei Drittel der Befragten sprechen sich für diese Art der Studiengebühren aus.