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Bildungsförderung auch durch den Bund bleibt umstritten

Die direkte Finanzierung von Universitäten und Schulen durch den Bund ist per Grundgesetz verboten - Bildungspolitik ist Ländersache. Die Parteien sind sich darüber uneins, ob dieses Kooperationsverbot aufgehoben werden sollte.

Von Jürgen König | 19.08.2013
    Kai Gehring, Bündnis90/Die Grünen: "Das Kooperationsverbot ist völlig absurd und passt nicht in die Zeit und wir haben deshalb immer dagegen gekämpft."

    Christoph Matschie, SPD: "Wir wollen, da sind sich alle Länder einig, Ganztagsangebote an Schulen ausbauen, aber viele Länder haben die finanziellen Grenzen der Handlungsfähigkeit erreicht und können dieses Ziel nicht umsetzen ohne zusätzliche Unterstützung des Bundes."

    Sylvia Löhrmann, Bündnis90/Die Grünen: "Die Frage des Bildungs- und Teilhabepakets: Es ist doch absurd, dass der Bund jetzt Geld gibt auf Umwegen für Lernförderung und Geld in private Nachhilfeinstitute fließt, weil der Bund nicht direkt etwa Schul- und Sozialarbeit bezahlen kann."

    Ulla Burchardt, SPD: "Das versteht kein Mensch, deswegen gibt es seit Jahren Bewegungen, die sagen: Also ihr Politiker im Bundesrat, im Bundestag, nun macht doch endlich was, und macht diesem Unsinn ein Ende!"

    Ulla Burchardt und Christoph Matschie von der SPD, Sylvia Löhrmann und Kai Gehring von den Grünen – ihre Parteien wie auch die Linkspartei - wollen das Kooperationsverbot abschaffen. Offensiv soll der Bund die Hochschulen wie auch die Schulen finanzieren dürfen. Überfällig sei es, dass Bund, Länder und Kommunen damit anfangen, in Gesamtkonzepten zu denken. Dass das Bundesbildungsministerium derzeit über Umwege wie das millionenschwere Programm "Kultur macht stark. Bündnisse für Bildung" eine Gesamtstrategie kultureller Bildung entwickelt, ohne dabei die Länder auch nur im Mindesten einzubeziehen, ärgert insbesondere die Sozialdemokraten ganz erheblich. Die Linkspartei hegt starke Zweifel, ob solche Programme überhaupt eine gewisse Nachhaltigkeit mit sich bringen.

    Dagegen sehen die CDU und die CSU wie auch die FDP das Kooperationsverbot durchaus als etwas, womit man leben kann, hat es doch Maßnahmen wie das Bildungspaket oder Finanzhilfen des Bundes für den Ausbau der Ganztagsschulen nicht unmöglich gemacht.

    Anpassungen müsse es geben: Man bedauert, dass der Gesetzentwurf zur Lockerung des Kooperationsverbotes bei der Hochschul- und Wissenschaftsfinanzierung von der Opposition nicht akzeptiert wurde. Es zugunsten der Schulen ganz aufheben möchten die Regierungsparteien es indes nicht. Holger Zastrow von der FDP:

    "Die Aufhebung des Kooperationsverbotes bestraft die Leistungsträger in unserer Gesellschaft und bestraft genau die Bundesländer, die in den letzten Jahren immer schon die Prioritäten richtigerweise für die Bildung gesetzt haben."

    Auch die Länder sind sich nicht einig: Hamburg und Schleswig-Holstein haben die Abschaffung des Kooperationsverbotes schon beantragt, Bayern, Sachsen und Mecklenburg-Vorpommern sind ausdrücklich dagegen und beharren auf ihrer Bildungshoheit. Nur die Länder würden die Bedürfnisse ihrer Schulen und Hochschulen wirklich einschätzen können. Würden sie ihre in der Verfassung festgeschriebenen Aufgaben nicht mehr eigenständig wahrnehmen, käme es nicht einer Selbstaufgabe gleich?

    Solche Argumente hört man auch - quer durch alle Parteien - aus anderen Bundesländern: Bis zur Abschaffung des Kooperationsverbotes ist es also noch ein weiter Weg. Möglich wäre sie durch eine Grundgesetzänderung, für die 2/3-Mehrheiten im Bundestag und im Bundesrat nötig wären. Sich zu verständigen, ist also wichtig. Den Vorschlag von SPD und Grünen, einen Reformkonvent zu bilden, in dem Bundestag und Bundesrat ein Gesamtkonzept mit den besten Lösungen für Bildung und Wissenschaft entwickeln, haben die Regierungsparteien bisher nicht aufgegriffen. Sie fordern die Opposition auf, ihre Blockadehaltung aufzugeben: Würde das Kooperationsverbot durch Grundgesetzänderung zugunsten der Hochschulen gelockert, hätten die Universitäten Planungssicherheit für die Zeit nach dem Auslaufen der verschiedenen Hochschulpakte. Das sieht die Opposition genauso, aber es reicht ihr nicht: Sie besteht darauf, dass auch die Schulen einbezogen werden.

    Eine komplizierte Gemengelage also. Sollte es - wie auch immer – zu einer Einigung kommen, wäre eine Grundgesetzänderung zumindest formal einfach. Olaf Zimmermann vom Deutschen Kulturrat:

    "Problemlos machbar. Das ist letztendlich ein normales Gesetzgebungsverfahren. Die Schwierigkeit wird, glaube ich, kommen, wenn man es genau formulieren will. Weil es ja auch im Bundesrat, das ist also verpflichtend, es müssen auch die Länder dem zustimmen. Das ist eine hohe Hürde, deswegen wird man um jedes Wort ringen müssen. Das wird der Grund sein, warum es, glaube ich, nicht in den ersten Monaten der neuen Legislaturperiode passieren wird, aber innerhalb diese vier Jahre, glaube ich, wird es funktionieren."