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Bildungspolitik
Föderalismus in der Diskussion

Was ist eigentlich besser? Ein zentrales Bildungssystem, bei dem alle Inhalte und Prüfungen im Land gleich sind oder ein dezentrales, bei dem jedes Bundesland selbst entscheidet? Deutschland, die Schweiz und Kanada haben dazu jetzt eine Vereinbarung unterzeichnet.

Von Claudia van Laak | 03.03.2016
    Kanada schneidet regelmäßig gut ab bei den Pisa-Tests, das Bildungssystem ist ein föderales, die Struktur allerdings landesweit einheitlich. Alle Schulen arbeiten im Ganztagsbetrieb, es gibt kein gegliedertes System wie in Deutschland, erläutert Doug Currie, derzeit Vorsitzender des Council of Ministers of Education der kanadischen Kultusministerkonferenz. Er freut sich über die Unterzeichnung des Vertrages mit der Schweiz und Deutschland. Die drei Länder versichern darin, künftig bei der Bildung stärker zusammenarbeiten zu wollen.
    "Wir wollen mehr über die Erfolge des deutschen Schulsystems lernen, natürlich auch über die des schweizerischen. Und: Kanada hat im weltweiten Vergleich ein sehr gut bewertetes Bildungssystem, also was können wir den beiden Partner-Ländern anbieten, was sie von uns lernen können."
    Ein großes Problem von föderal strukturierten Bildungssystemen: Sie machen Familien mit schulpflichtigen Kindern den Umzug schwer. In der Schweiz ist das leider noch viel komplizierter als in Deutschland, gibt Christian Amsler zu. Er vertritt die Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektoren.
    "Wir leben ja in einem mehrsprachigen Land, wir haben ja vier Landessprachen, und da haben wir ein bisschen ein Problem, dass die Kantone da nicht harmonisiert sind, das kann direkt zu Problemen führen."
    Doch: die Gesellschaft wird immer mobiler – die Länder, die auf föderale Bildungssysteme schwören, werden nicht darum herumkommen, ihre Schulen vergleichbarer als bislang zu machen. Die Bremer Bildungssenatorin Claudia Bogedan, seit Anfang des Jahres Präsidentin der Kultusministerkonferenz KMK:
    "Also ich glaube, die Mobilität sollen wir nicht gefährden, daran arbeiten wir als KMK. Wir wollen, dass Menschen mobil sein können, wir wollen auch, dass die Schulsysteme eine größere Vergleichbarkeit haben, aber eine Gleichmacherei, das kann es nicht geben, und dafür steht ja gerade diese trilaterale Kooperation. Uns mit anderen föderalen Systemen auszutauschen, die ähnliche, aber auch gute Erfahrungen machen mit ihren föderalen Systemen."
    Beim Abitur geht es momentan in Richtung Zentralisierung. Es entsteht ein gemeinsamer Aufgabenpool, die nördlichen Bundesländer arbeiten an einem "Nord-Abitur", auch Berliner und Brandenburger Gymnasiasten schreiben in bestimmten Fächern gemeinsame Prüfungen. Die Schweizer raten zu einer noch stärkeren Vereinheitlichung. Wir schwören auf unser Zentralabitur, sagt Erziehungsrat Christian Amsler.
    "Ich glaube schon, dass es Sinn macht. Man kann natürlich auch sagen, es ist schön, wenn etwas Wettbewerb herrscht, und vielleicht verschiedene Niveaus sind, aber das führt natürlich schon zu Problemen. Und ich fände es nicht gut, wenn renommierte Hochschulen wie die Universität Zürich oder die Eidgenössisch Technische Hochschule Zürich mit ganz unterschiedlichen Studenten konfrontiert wären, mit ganz unterschiedlichen Wissensständen, das finde ich nicht gut."
    KMK-Präsidentin Claudia Bogedan dagegen kann sich ein deutsches Zentralabitur nicht vorstellen. "Alle schreiben am selben Tag dieselben Aufgaben, das wird nicht gehen" – ist sie überzeugt. Die Schweiz, Deutschland und Kanada beteuern, voneinander lernen zu wollen – aber vielleicht nur dort, wo es nicht wehtut.