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Bildungsstudie
Chancengleichheit bleibt Baustelle

Sozial benachteiligte Kinder haben in Deutschland weiterhin schlechtere Bildungschancen. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie im Auftrag der Bertelsmann-Stiftung. Neben der sozialen Herkunft spielt auch der Wohnort eine immer wichtigere Rolle.

11.12.2014
    Die Bildungschancen sind laut der Studie, die die Bertelsmann Stiftung zusammen mit der Technischen Universität Dortmund und der Friedrich-Schiller-Universität Jena veröffentlichte, auch innerhalb der einzelnen Bundesländer regional höchst ungleich verteilt. Dies bezeichneten die Autoren als "im Ausmaß überraschend".
    Demnach verlassen beispielsweise in Bayern landesweit weniger als fünf Prozent die Schule ohne Abschluss. Regional schwanke dieser Anteil jedoch zwischen 0,7 Prozent und mehr als zwölf Prozent. Noch deutlichere Unterschiede wurden beim Erreichen des Abiturs festgestellt. So gibt es etwa Kommunen in Sachsen, in denen nur rund 30 Prozent der Schüler zur Hochschulreife gelangen. In anderen schaffen es gut 60 Prozent.
    "Stetige, aber nur langsame Fortschritte"
    Insgesamt mache die Chancengerechtigkeit in den deutschen Schulsystemen "zwar stetige, aber nur langsame Fortschritte". Weniger Jugendliche verließen die Schule ohne Abschluss, und der Anteil der Hochschulzugangsberechtigten steige. Jedoch hätten Neuntklässler aus höheren sozialen Schichten etwa in Mathematik bis zu zwei Jahre Vorsprung vor ihren Klassenkameraden aus "bildungsferneren Familien".
    Als Konsequenz aus den Erkenntnissen fordert Jörg Dräger, Vorstand der Bertelsmann Stiftung, einen erheblich schnelleren Ausbau der Ganztagsangebote, denn diese könnten "potenziell am ehesten die Nachteile derjenigen Kinder ausgleichen, die in ihren Familien nur geringe Unterstützung erfahren". 2012 besuchten 32,3 Prozent der Schüler - gut anderthalb mehr als im Vorjahr - eine Ganzstagsschule; die Nachfrage der Eltern liege bei 70 Prozent.
    Der "Chancenspiegel" analysiert jährlich, wie gerecht und leistungsstark das jeweilige Schulsystem der Bundesländer ist. Bildungsforscher vergleichen dafür die Durchlässigkeit der Schulsysteme sowie die Möglichkeiten der Schüler, sich gut ins Schulsystem zu integrieren, fachliche Kompetenzen zu entwickeln und gute Abschlüsse zu erhalten. Erstmals untersuchte der "Chancenspiegel" nicht nur die Länderebene, sondern auch die Kreise und kreisfreien Städte.
    (bor/kis)