Donnerstag, 25. April 2024

Archiv

Bilfinger
Hauptversammlung im Führungschaos

Vor allem auf einen sind die Aktionäre von Bilfinger nicht gut zu sprechen: Roland Koch. Der frühere Ministerpräsident von Hessen war bis 2014 Vorstandschef des Baukonzerns. Das Unternehmen steht heute so schlecht da wie fast noch nie. Nach dem überstürzten Abgang von Vorstandschef Per Utnegaard zum 30. April, sind vor der Hauptversammlung quasi über Nacht auch zwei Aufsichtsräte abgesprungen.

Von Felix Lincke | 11.05.2016
    Vor einem Geschäftshaus im Bankenviertel steht am 05.08.2014 in Frankfurt am Main (Hessen) ein Fahrzeug des Dienstleistungs- und Baukonzerns Bilfinger.
    Logo des Dienstleistungs- und Baukonzerns Bilfinger. (dpa / picture-alliance / Fredrik von Erichsen)
    Die gute Nachricht: Der angeschlagene Traditionskonzern Bilfinger, der sich seit zwei Jahren in einer immer existenzielleren Krise befindet, wird zumindest die gesetzliche Frauenqoute im Aufsichtsrat mehr als erfüllen. Mit der erfahrenen Finanzmanagerin Marion Helmes präsentierte sich heute den Aktionären eine attraktive Kandidatin:
    "Ich freue mich darauf, gemeinsam mit dem Vorstand und den Kollegen im Aufsichtsrat in dieser anspruchsvollen Zeit die Restrukturierung und die strategische Neupositionierung von Bilfinger zu begleiten und meinen Beitrag dazu zu leisten – vielen Dank."
    Doch die überraschende Berufung von Helmes hat einen ernsten Hintergrund. Nach dem überstürzten Abgang von Vorstandschef Per Utnegaard zum 30. April, sind vor der Hauptversammlung quasi über Nacht auch zwei Aufsichtsräte abgesprungen. Zur Lage im Aufsichtsrat sagte der Vorsitzende Eckhard Cordes:
    "Dort hat die intensive, sehr intensiv geführte Diskussion über die strategische Neuausrichtung unseres Unternehmens in zwei Fällen dazu geführt, dass bisherige Aufsichtsratskollegen ihre Kandidaturen kurzfristig zurückgezogen haben."
    Doch worin diese Neuausrichtung von Bilfinger besteht, vermochten weder Cordes noch der Finanzvorstand Axel Salzmann zu sagen, der vorerst die Geschäfte des Vorstandschef kommissarisch leitet, bis der Linde-Manager Thomas Blades übernimmt. Wann Blades genau kommt, weiß man nicht, er hatte heute jedenfalls keine Zeit, sich den Aktionären vorzustellen. Sein Vorgänger Utnegaard hatte erst im Oktober eine neue Strategie präsentiert:
    "Diese neue Strategie ist eine umfangreiche Änderung für uns."
    Heute warf der Aufsichtsrat Utnegaard vor, Reisekosten falsch abgerechnet zu haben. Das steht im Zusammenhang mit einer Compliance-Prüfung der letzten zehn Jahre. Es wird nun nach Fehlern alter Vorstände gesucht, auch bei Roland Koch. Schon nach dem Abgang des CDU-Politikers und früheren hessischen Ministerpräsidenten an der Spitze des Konzerns wurde beschlossen, dass die angeschlagene Kraftwerkssparte weg muss, die auch 2015 nur Verlust machte.
    Nur im Bereich Gebäudemanagement noch Gewinne
    Mit Verlust wurde zudem die Wassersparte jetzt verkauft, und dann brachte der niedrige Ölpreis die Industriesparte noch zusätzlich unter Druck. Alles das ist längst bekannt, auch dass Bilfinger nur im Gebäudemanagement noch Geld verdient. Deshalb befürchten viele eine Zerschlagung. 2.000 von 11.000 Stellen wurden im letzten Jahr gestrichen, weitere werden folgen. Seit dieser Woche werden auch betriebsbedingte Kündigungen nicht mehr ausgeschlossen.
    Es hagelt Kritik von allen Seiten: von Aktionären, von Gewerkschaften. Operativ sei man im Plan, nach Steuern im Minus, an diesem bescheidenen Businessplan will Übergangschef Salzmann festhalten:
    "2016 wird ein Übergangsjahr. Wir setzen das Effizienzprogramm in der Verwaltung um und werden unsere Anstrengungen in der Wachstumsinitiative weiter erhöhen. Mittel- bis langfristig ist unser Ziel wieder durchzustarten und unser Geschäft auszuweiten."
    So weit die altbekannten Aussagen des Bilfinger-Managements. Es ist bereits das dritte Übergangsjahr in Folge für den ehemals zweitgrößten deutschen Baukonzern.