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Binnenschifffahrt
Als Azubi auf dem Fluss

54 Binnenschiffer-Azubis haben Ende Juni in Duisburg ihr Abschlusszeugnis bekommen. Ihre Chancen auf einen Arbeitsvertrag stehen sehr gut, der Bedarf an Schiffsjungen und Schiffsmädchen ist groß. Und auch die Arbeitszeiten sind sprechen für den Job.

Von Almuth Knigge | 13.08.2016
    Hohenwarthe (Sachsen-Anhalt): Ein Binnenschiff fährt am 13.05.2003 auf dem Elbe-Havel-Kanal in Richtung der im Bau befindlichen Doppelschleuse bei Hohenwarthe. Die 190 Meter lange und knapp 13 Meter breite Schleuse, die zum Magdeburger Wasserstraßenkreuz gehört, soll in diesem Jahr fertig werden. Dann können hier Schiffe aus dem Mittellandkanal in den rund 20 Meter tiefer liegenden Elbe-Havel-Kanal geschleust werden. Das etwa 105 Millionen Euro teure Bauwerk ist Teil des Verkehrsprojektes Deutsche Einheit Nummer 17. Fast 30.000 Tonnen Stahl und über 300.000 Tonnen Beton werden hier verbaut.
    Ein Binnenschiff an der Doppelschleuse bei Hohenwarthe. (picture alliance / dpa / Peter Förster)
    Stefan Kellermann ist offensichtlich ein zufriedener Mensch. Der junge Mann sitzt im Hafen von Dörpen auf dem Deck der MS Saturn – einem alten Binnenschiff, 1927 gebaut, und schaut entspannt in die Ferne. Besuchern zeigt der 20-Jährige gerne das alte Schiff. Stefan Kellermann ist Schiffsjunge auf der Saturn, doch der Hang zum Fluss ist ihm gar nicht in die Wiege gelegt.
    "Ich bin ein absoluter Quereinsteiger, ich habe vorher Maschinenbau studiert und das Ganze, die ganze Materie hat mir irgendwie, das lernen, das hat mir überhaupt nicht gefallen. Und dann habe ich gesagt, ok ich mache etwas anderes, wusste aber überhaupt nicht, was. Und dann bin ich mit meinem besten Freund zu einem Praktikum gekommen, auf einem Binnenschiff. Und das fand ich so klasse, dass ich einfach hiergeblieben bin. Das war auch das Schiff hier, auf der ich war. Ich fühle mich nach wie vor total wohl hier - tolles Team, toller Chef."
    Er strahlt:
    "Ich freu mich, hier zu sein."
    Stefan Kellermann ist im zweiten Ausbildungsjahr zum Binnenschiffer, ständig unterwegs von Hafen zu Hafen. In den letzten Wochen war er viel zwischen Bremen und Antwerpen unterwegs.
    "Ich finde, man muss so ein bisschen reiselustig sein, weil man sehr, sehr selten zu Hause ist."
    Am Stück fahren, am Stück Freizeit
    Die meisten Binnenschiffer fahren zwei oder drei Wochen am Stück und haben dann zwei oder drei Wochen am Stück auch frei. Das ist gut vereinbar mit dem Freundeskreis oder später auch mal mit der Familie
    "Ich zum Beispiel bin vorher auch schon immer am Reisen gewesen, jede freie Möglichkeit genutzt, um woanders hinzukommen. Und das war für mich perfekt mit dem Job."
    Bis vor Kurzen hat er in Duisburg drei Monate lang die Binnenschiffer-Schulbank gedrückt. Bis Januar wird er noch mal die Flüsse und Kanäle befahren. Dann geht es wieder zur Schule:
    "Also, man lernt von Knoten machen, festmachen, Deutsch, Mathe, Englisch, dann halt Nautik, Verkehrsrecht natürlich, wie hat man sich zu verhalten in welchen Situationen."
    Wenn er dann mit seiner Ausbildung fertig ist, wird er schätzungsweise kein Problem haben, einen Job zu bekommen. Der Bedarf an Nachwuchspersonal in der Binnenschifffahrt, so kann man lesen, wenn man ein wenig in der Fachzeitschrift "Binnenschifffahrt" blättert, sei so groß, dass die Übernahmegarantie bei annähernd 100 Prozent liege.
    "Also, ich sag mal so", sagt Holger Hüpkes, der Schiffsführer der Hyperion, die neben der Saturn angelegt hat, als er auf einen Schnack ins Steuerhaus kommt: "Es gibt keinen schnelleren Arbeitsplatz, den man finden kann als auf Schifffahrt. Es werden überall Leute gebraucht, das Problem ist nur hier die Bezahlung."
    Rund 2.200 Euro Einstiegsgehalt
    Rund 2.200 Euro sollte das Einstiegsgehalt von Binnenschiffern sein, doppelt so viel wie im letzten Ausbildungsjahr. Im ersten gibt es 860 Euro.
    "Es gibt wirklich schwarze Schafe, wo das Geld ganz unten im Keller ist." Der Steuermann der Saturn - "Dustin mein Name" - sieht das etwas anders. Der 25-Jährige, der vor vier Jahren seine Ausbildung beendet hat, hat im Steuerhaus das Kommando übernommen. Das Schiff muss verlegt werden:
    "Wenn man jetzt bei einer großen Reederei angestellt ist, die mehrere Schiffe haben, dann ist das sehr, sehr schwierig. Das ist meistens nur, dass die die Leute ausbilden und danach sagen die dann Tschüss. Und mein Chef hat nur ein Schiff, das ist sein eigenes. Und da sind die Chancen dann sehr groß, dass die Leute nach der Ausbildung übernommen werden."
    Das steht so nicht in der Fachzeitung. Dafür kann man aber lesen, dass die Zahl der Schiffsjungen und Schiffsmädchen in der Ausbildung in den letzten Jahren kontinuierlich angestiegen sei, jetzt aber einen kleinen Einbruch erlebe. Stefan Kellermann macht nach dem kleinen Manöver das Boot wieder fest. Sieht nach Knochenarbeit aus.
    - "Fit muss man schon sein?"
    - "Ja, das gehört immer dazu. Das Schlimme ist, wenn die Taue wirklich nass sind, wie jetzt zum Beispiel, dann fangen die an wirklich Gewicht aufzubauen."
    Dafür winkt danach der Pool und die Sonnenterrasse am Heck des Schiffes. Binnenschifferromantik pur.
    "So ein paar Blumen haben wir dann hier stehen, da können wir abends auch mal grillen und sitzen. Das ist gar nicht mal so verkehrt."