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Bio-Fleisch
Skandal um "Neuland"-Fleischsiegel

Das Siegel "Neuland" stand eigentlich für Fleisch von besonders artgerecht gehaltenen Tieren. Vor kurzem war bekannt geworden, dass unter diesem Siegel jahrelang konventionell produziertes Geflügelfleisch verkauft wurde. Laut Presseberichten trifft das teilweise auch für "Neuland"-Lammfleisch zu.

Von Dieter Nürnberger | 10.06.2014
    Das Angebot von Schweinefleisch aus hessischen Unternehmen in einem Supermarkt in Kelkheim, aufgenommen am 26.3.2001. Wichtigstes Anliegen ist es der Marketinggesellschaft "Gutes aus Hessen e.V." zufolge, das bei den Verbrauchern verlorene Vertrauen zurückzugewinnen. Dies könne nur durch Transparenz und Seriösität gelingen. Für den Verbraucher bedeutet dies, dass Umwelt- und Tierschutzaspekten durch kurze Transportwege in hohem Maße Rechnung getragen wird, da die Tiere im zentralen Schlachthof Marburg geschlachtet, in Wetzlar zerlegt und von dort aus direkt in die Supermärkte geliefert werden.
    Ist das "Neuland"-Fleisch wirklich besser als konventionelles Fleisch? (picture alliance / dpa / Werner Baum)
    Der Fall ist deswegen so brisant, weil "Neuland" natürlich ein Premium-, ein Qualitäts-Anbieter von Fleischprodukten ist. Und wichtig ist auch die Frage, inwieweit eine lückenlose Kontrolle im Fleischmarkt überhaupt möglich ist.
    "Neuland" steht für eine artgerechte Tierhaltung. So muss beispielsweise gewährleistet sein, dass die Tiere ganzjährig Auslauf im Freien haben können. Da sind auch nur heimische Futtermittel erlaubt. Zudem: keine Gentechnik usw. Also strenge Kriterien, die eine bessere Qualität und damit verbunden eine artgerechte Tierhaltung garantieren sollen und wofür die Verbraucher ja auch mehr Geld bezahlen als üblich. All das ist nun natürlich durch die aufgedeckten Skandale der vergangenen Wochen ins Wanken geraten.
    Herkunft von Lammfleisch verschleiert
    Im aktuellen Fall geht es um Verstöße hinsichtlich des Verkaufs von Lammfleisch, dessen Herkunft verschleiert worden sei. Es stammt wohl aus einem konventionellen, französischen Betrieb, der nicht nach "Neuland"-Kriterien arbeitet. Inzwischen hat "Neuland" reagiert: In einer Pressemitteilung wird ausgeführt, dass der Vermarktungsgesellschaft "Neuland Süd" künftig die Lizenz zur Nutzung des Logos entzogen werden soll. Der Grund: Verstöße gegen die "Neuland"-Richtlinien. Und auch in der Vermarktungsstruktur soll es Änderungen geben: Eine intensivere Prüfung des Warenflusses soll erfolgen, zudem sollen die Wirtschaftswege und auch die Anforderungen transparenter dargestellt werden. "Wir sind betroffen, und das ist noch milde ausgedrückt". Zitat. So bewertet "Neuland" diese erneuten Vorwürfe.
    Hat der Betrug Methode?
    Die Frage ist nun, handelt es sich um ärgerliche und kriminelle Einzelfälle oder liegt der Fehler doch im System? "Neuland" wurde vor rund 25 Jahren von engagierten Landwirten gegründet. Hinter dem Verein stehen auch drei Trägerverbände - der Deutsche Tierschutzbund, der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), und die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft. Wie es nun weitergehen soll, ist unklar. Natürlich hat der Deutschlandfunk heute Vormittag bei den Trägerverbänden um eine Stellungnahme nachgefragt. Reaktionen gab es bislang keine. Im April, als die ersten Vorwürfe gegen "Neuland" aufkamen, sprach die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft von Versäumnissen und Fehlern, vor allem bei der Kontrolle. Es gebe auch Schwierigkeiten, überhaupt Betriebe für eine artgerechte Geflügelmast zu gewinnen, zu sehr sei die industrielle Massentierhaltung in Deutschland vorherrschend.
    Das Vertrauen der Kunden ist getrübt
    Generell müssen sich die Trägerverbände auch fragen lassen, wie konkret die Kontrolle ausgeübt wurde. Sie bekommen zwar beispielsweise einen jährlichen Bericht von "Neuland", doch stellt sich die Frage, ob dieser dann überhaupt kritisch hinterfragt wurde. Können die Verbände, die ja mit ihrem guten Namen für Neuland stehen, generell auch Unterlagen einzelner Betriebe einsehen? Usw. Das alles sind Fragen, die hinter diesen Vorwürfen stehen.
    "Neuland" ist davon überzeugt, so steht es auch in der Pressemitteilung, dass die ursprüngliche Geschäftsidee einer artgerechten Tierhaltung auch weiterhin wichtig und richtig ist. Die Verantwortlichen hoffen, dass sich die bisherigen Kunden nicht abwenden. Aber einen Imageverlust, denn wird es ohne Zweifel geben. Die Frage ist, ob "Neuland" das Vertrauen der Verbraucher schnell wiedergewinnen kann.