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Bis vor's Verfassungsgericht

Das Land Brandenburg will im Schulbereich sparen, besonders bei den "freien", also den nicht-staatlichen Schulen. Das bringt diese in Existenznöte. Neben den Oppositionsfraktionen im Landtag gehen deshalb die freien Schulen selbst juristisch gegen die beschlossenen Kürzungen ihrer Bezüge vor.

Von Axel Flemming | 03.10.2012
    Sie sind auf die Straße gegangen, sie haben mit der Regierung diskutiert, sie haben ein Protestcamp am Landtag aufgebaut – genutzt hat es wenig, jetzt hoffen sie auf die Richter. Die zehn freien Brandenburger Schulträger, die jetzt klagen, betreiben 47 der 131 freien Schulen im Land.

    Darunter ist auch die Freie Schule Angermünde. Axel Kalhorn hat sie gegründet, sein Herz hängt an dem Projekt, er ist Vorstandsmitglied des Trägervereins:
    "Die Kürzungen selber haben schwere Konsequenzen für unseren Schulhaushalt, wir haben Einnahmeverluste von 60.000 Euro jährlich, die wir nicht ausgleichen können und die die Existenz der Schule gefährden, gravierend gefährden."
    Staatsknete für Privatschulen: In diesem Jahr zahlt Brandenburg noch 129 Millionen Euro Zuschuss; immerhin schon 4,3 Millionen weniger als nach der alten Berechnungsgrundlage. Aber das Ministerium will weiter kürzen, bis 2015 über 14 Millionen Euro pro Jahr. Nicht alle klagen, haben Angst, die Hand zu beißen, die sie füttert; wenn auch nicht mehr so üppig.
    "Das verunsichert die Eltern, weil sie natürlich Angst vor höherem Schulgeld haben."
    Doch Gunar Rihn von der freien Landschule in Wittstock und der evangelischen Gemeinschaftsschule im Kloster Heiligengrabe erhofft sich durch die Klage auch mehr Klarheit:
    "Vom pädagogischen Team gibt's die klare Ausrichtung auf die Arbeit. Klar hat das staatliche System einen Vorrang und wir sind mit unseren Schülerzahlen vielleicht eine Randerscheinung, aber haben immer wertvolle Impulse gegeben. Und ich hoffe auf eine Klärung, dass das Gericht anerkennt, dass wir beide zum öffentlichen Schulsystem des Landes Brandenburg gehören und ein wichtiger Faktor dabei sind."
    Nun sind weder Schulleiter noch die wenigsten Schulträger Juristen.
    Juristisch vertreten werden sie deshalb durch Matthias Dombert, ein ehemaliger Verfassungsrichter. Er klagt und beklagt gravierende Mängel im Gesetzgebungsverfahren und mangelnde Transparenz:
    "Transparenz hätte beispielsweise in Bezug auf die Frage bestehen müssen, wie sich tatsächlich die Kürzungen auswirken. Welche Schulgelder können in Brandenburg überhaupt von Eltern verlangt werden? Wie gehen wir mit den Schwächsten im Glied um: mit den behinderten Schülern etwa von berufsbildenden Schulen? Wie wirkt es sich aus, wenn Schulen schließen müssen, und tatsächlich eine öffentliche Alternative überhaupt nicht in Sicht ist."
    Das bewegt auch die Opposition in Brandenburg. Schon im Mai hatten CDU, FDP und Grüne einen Normenkontrollantrag gegen die Zuschusskürzungen gestellt. Sie kritisieren, dass die Schulen zu einer Erhöhung des Schulgeldes gezwungen würden, mit der Folge verschärfter sozialer Auslese. Ein Weg, den Schulgründer Axel Kalhorn auf keinen Fall gehen will, angesichts der oftmals einkommensschwachen Eltern in der Region. Seine Schule in Angermünde versucht nun, die Kürzungen mit einer höheren Schülerzahl aufzufangen.

    "Das ist ein Elternverein, ein Eltern-getragener Verein. Zum Beispiel der Gründungskredit für die Oberschule – drei Jahre Wartefrist müssen überbrückt werden - das ist ein bürgschaftsfinanzierter gesicherter Kredit. Da sind alle Eltern mit im Boot. Dementsprechend ist die Stimmung ein bisschen angespannt."

    Und wird es noch eine Weile bleiben. Die Klage ist zwar eingereicht, aber wann und wie - oder sogar ob überhaupt - das Gericht entscheidet, ist noch nicht klar.

    "Ich geh' davon aus, dass unsere Anstrengungen Erfolg haben, deswegen rede ich jetzt nicht von einer Schließung."