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BKA-Tagung
Kriminelle IT-Spezialisten organisieren sich im Netz

In der Wirtschaft herrscht in Sachen Internetkriminalität weitgehend "digitale Sorglosigkeit", stellte die Bundesregierung bei einer Tagung des Bundeskriminalamts fest. Das BKA setzt daher auf die Zusammenarbeit mit Unternehmen - und auch dem FBI.

Von Ludger Fittkau | 09.09.2015
    Internetkriminalität hat zugenommen.
    Internetkriminalität hat zugenommen. (dpa / picture-alliance / Karl-Josef Hildenbrand)
    James C. Trainor war heute einer der Hauptredner der "Cyber Crime"-Tagung des Bundeskriminalamtes in Wiesbaden. Trainor ist FBI-Agent und ein weltweit begehrter Experte zu Internet-Gangstern. Er beobachtet eine zunehmende Zusammenarbeit krimineller IT-Spezialisten im Netz, um Computerbetrug insbesondere zu Lasten von Unternehmen zu organisieren.
    "Es wird noch schlechter werden, bevor es wieder besser wird. Die Cleverness der Akteure ist beunruhigend. Wir haben Schwierigkeiten, herauszufinden, von wo aus sie agieren. Es ist ein globales Problem. Viele der Kriminellen agieren aus Ländern außerhalb der Vereinigten Staaten oder Deutschlands. Deswegen brauchen wir die internationale Partnerschaft der Polizei, der Nachrichtendienste – aber auch des privaten Sektors. Cyber-Crime ist eine schnell wachsende Industrie, es ist ein sehr ernstes Problem."
    Hohe Dunkelziffer der Schäden
    Allein in Deutschland wurden im Jahr 2014 rund 250.000 Fälle erfasst, die unter "Nutzung des Tatmittels Internet" begangen wurden, so heißt es im Jargon des Bundeskriminalamtes. Der erfasste Schaden durch Computerbetrug oder Manipulationen beim Online-Banking belief sich im vergangenen Jahr auf rund 40 Millionen Euro. Weltweit sollen sich die Schäden durch Internetkriminalität laut Studien auf 100 bis 500 Milliarden US-Dollar belaufen. Die Dunkelziffer der möglichen Schäden ist dabei enorm hoch, so Peter Henzler, Vizepräsident des Bundeskriminalamtes:
    "Die Gründe: Angriffe werden zum Beispiel gar nicht bemerkt oder es wird gerade von Wirtschaftsbeteiligten aus Angst vor Reputationsverlusten keine Anzeige erstattet."
    Grundsätzlich gäbe es immer noch eine weitgehende "digitale Sorglosigkeit" bei vielen Unternehmen und Privatpersonen, beklagte bei der Wiesbadener Tagung Ministerialrat Stefan Grosse aus dem Bundesinnenministerium:
    "Und das, obwohl sich der Blick der Deutschen auf das Internet durch die großflächigen Angriffe von Identitäten, das kaum regulierte Datensammeln und auch durch die berichteten Aktivitäten von Nachrichtendiensten deutlich verschlechtert hat, also man ist skeptisch gegenüber dem Netz, ziehen die Menschen erstaunlicherweise kaum Konsequenzen."
    IT-Sicherheit geht alle an
    Bis zum Jahresende sollen zusätzliche Rechtsverordnungen zum deutschen IT-Sicherheitsgesetz regeln, wie Wirtschaft und Staat bei dem Ziel, die Sicherheit der Computersysteme zu stärken, besser kooperieren können als bisher. Die Bundesregierung setze dabei bewusst auch auf freiwillige Kooperation der Wirtschaft, so Stefan Grosse aus dem Bundesinnenministerium. Er griff den Begriff der "geteilten Mission" auf, den US-Präsident Obama zu Thema "Internet-Sicherheit" vor Kurzem geprägt habe.
    "Wir halten den für einen guten Begriff. Weder der Staat noch die Wirtschaft können IT-Sicherheit alleine schaffen. Jeder muss seinen Teil dazu beitragen."
    Das Bundeskriminalamt arbeitet zu diesem Zweck seit Längerem regelmäßig mit IT-Spezialisten dreier Großbanken zusammen, war heute auf der Wiesbadener Tagung zu erfahren. In einer Art Modellprojekt gegen die "digitale Sorglosigkeit" in der Wirtschaft.