Donnerstag, 28. März 2024

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Blackfacing in Hollywood
Eine dunkle Geschichte

"Blackfacing" heißt es, wenn weiße Menschen ihr Gesicht schwarz anmalen, um Schwarze darzustellen. In den USA wurde jüngst eine solche Aktion des Politikers Ralph Northam kritisiert. Viele Künstler*innen schweigen dazu, denn sie haben "ihre eigene Geschichte mit Blackface", so Kerstin Zilm im Dlf.

Kerstin Zilm im Gespräch mit Anja Buchmann | 28.03.2019
Mann mit verwischter schwarzer Farbe im Gesicht
Blackfacing: eine zweifelhafte Tradition (dommy.de | photocase.de)
Anfang des 19. Jahrhunderts tauchte das Phänomen des "Blackface" zum ersten Mal auf, und zwar in den theatralischen "Minstrel Shows" in den USA. Dort haben sich weiße Schauspieler schwarze Gesichter mit Schuhcreme oder Ruß gemalt, dazu dicke, geschminkte Lippen und geflickte Kleidung angezogen - und das nicht nur, um Schwarze darzustellen, sondern auch, "um sie zu karikieren, die Schwarzen als unzivilisiert, als faul, als dumm, als feige, als Sex versessen dargestellt", berichtete Kerstin Zilm im Gespräch. Auch Schwarze seien damals mit Blackface aufgetreten, aber das nur, um überhaupt die Möglichkeit zu haben, vor weißem Publikum aufzutreten.
Von großer Verbreitung bis zu deutlicher Kritik
In den 1930er- und 1940er-Jahren sei das Blackfacing sehr verbreitet gewesen: Von Judy Garland über Fred Astaire bis zu den Marx Brothers und Bing Crosby seien viele Künstlerinnen und Künstler mit schwarz angemalten Gesichtern aufgetreten. In den 1960er-Jahren, im Zuge der Bürgerrechtsbewegung, sei es dann zunehmend verpönt gewesen. "Allerdings wurde sich an Halloween und bei Studentenparties immer noch als 'Schwarzer' verkleidet, und das bis ins 21. Jahrhundert hinein." Insbesondere in den Südstaaten sei dies üblich gewesen, in denen der heutige Gouverneur von Virginia, Ralph Northam, auch aufgewachsen sei - der Mann, der zugab, sich zumindest einmal als Michael Jackson verkleidet und Blackfacing betrieben zu haben.
February 1, 2019 - A photo from Gov. Ralph Northam s medical school yearbook shows two men, one in blackface and one in a Ku Klux Klan robe and hood, on the same page as the governor. A half-page from the 1984 yearbook, photographed by The Virginian-Pilot on Friday, Feb. 1, 2019.
Aufnahmedatum 01.07.84   
PUBLICATIONxINxGERxSUIxAUTxONLY - ZUMAm67_ 20190201_zaf_m67_013 Copyright: xEasternxVirginiaxMedicalxSchoolx
Ist er es oder ist er es nicht? Der heutige Gouverneur Ralph Northam im Jahrbuch seiner Studien-Klasse. (imago stock&people (Eastern Virginia Medical School) )
Inzwischen seien die Menschen in den USA wachsamer bei solchen Themen, berichtete Kerstin Zilm. Zum Teil auch übertrieben wachsam, wenn etwa die Künstlerin Katy Perry ihre entworfenen Schuhe - schwarz mit roten Lippen und blauen Augen - unter dem Vorwurf des Rassismus aus dem Sortiment nehme. Oder die Moderatorin Megyn Kelly ihre Äußerung, Blackface zu Halloween sei doch okay, nach einem Shitstorm widerrufe. Allerdings sei in den Vorgängern, den Minstrel-Shows, tatsächlich ein "gezieltes Degradieren der Afro-Amerikaner" geschehen, insofern finde sie die Aussage des Komikers Roy Wood sehr überzeugend, der sagte, Blackface sei wie Rauchen im Flugzeug: "Vor langer Zeit war das okay. Wir wissen inzwischen, es verletzt andere, ob man es böse meint oder nicht, ist egal. Man lässt es sein."
Engagierte US-Promis sind dafür bekannt, dass sie Missstände gern anprangern - siehe #OscarsSoWhite oder #MeToo. Im Fall der aktuellen Blackfacing-Diskussion herrsche aber Schweigen. Auch die bissigen Late-Night-Talker Jimmy Kimmel oder Jimmy Fallon hielten sich zurück. Das liege daran, dass insbesondere diese beiden ihre "eigenen Erfahrungen mit Blackface" haben. Sie hätten sich lustig gemacht über den Komiker Chris Rock oder über Oprah Winfrey und "dabei selber ihre Gesichter schwarz gemalt". Wer im Glashaus sitze, solle nicht mit Steinen werfen - insofern hielten sich viele "bei dieser Diskussion doch zurück", so Zilm.