Donnerstag, 28. März 2024

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Blues-Veteran John Mayall
Routiniert und mit Freude

In den 1960ern entdeckte der britische Musiker John Mayall Ausnahme-Gitarristen wie Eric Clapton, Peter Green oder Mick Taylor für seine Band The Bluesbreakers, seinem Blues-Sound ist er über Jahrzehnte treu geblieben. Ans Aufhören denkt dieses Urgestein noch lange nicht. Den Zeitpunkt habe er schlichtweg verpasst.

Von Marcel Anders | 03.02.2019
    Ein Mann im bunten Hemd steht auf einer Bühne.
    Alle zwei Jahre ein neues Album (imago stock&poeple (Rudolf Gigler))
    Musik: "Nobody Told Me"
    John Mayall: "Ich habe nie darüber nachgedacht, in Rente zu gehen. Das tue ich erst, wenn ich nicht mehr in der Lage bin, eine einigermaßen energetische Performance hinzulegen. Zum Glück ist das noch nicht passiert. So lange ich die Kraft habe, mache ich weiter."
    Das Leben genießen
    John Mayall ist ein Überzeugungstäter: Alle zwei Jahre nimmt er ein neues Album auf und bedient ein treues Publikum. Der Brite mit dem schneeweißen Haar wird als Koryphäe verehrt – und hat nichts von seiner Kraft verloren. Das einzige, womit er Probleme hat – sagt seine Assistentin - sind Ereignisse der jüngsten Vergangenheit. Wie sein 85. Geburtstag vom letzten November, den er schlichtweg negiert.
    "Soweit bin ich noch nicht. Und für mich ist das auch keine große Sache. Ich finde, seinen Geburtstag sollte man feiern, wenn man zehn wird - oder 21. Aber das liegt schon weit hinter mir. Außerdem bedeutet mir das Alter nichts - solange ich gesund bin und machen kann, was ich will. Ich genieße einfach das Leben und versuche es in vollen Zügen auszukosten."
    Musik: "The Moon Is Full"
    Seit den frühen 1960er Jahren ist Mayall nun schon aktiv - und kann sich nichts besseres vorstellen, als den Blues zu spielen. Denn der war für den Musikersohn aus dem tristen Macclesfield schon immer die perfekte Realitätsflucht - und ein Weg, um die britische Armee und das nasskalte England hinter sich zu lassen. So konnte Mayall mit seinen Helden aus den USA auftreten, aber auch selbst junge, frische Talente fördern. Seine Band Bluesbreakers war ein Sprungbrett für zahlreiche Größen der Blues- und Rockgeschichte, die später Karriere bei Colosseum, Cream, Fleetwood Mac, Free, The Nice und den Rolling Stones machten. Darauf ist Mayall mächtig stolz - zu Recht.
    Vieseitige Mischung
    "Als Bandleader bin ich immer meinem Geschmack gefolgt und habe Musiker verpflichtet, von denen ich dachte, dass sie zu dem passen, was ich mache. Zu denen ich eine Beziehung aufbauen konnte und die einen Stil hatten, der sie von anderen absetzte. Wenn das der Fall war, habe ich demjenigen einen Job angeboten. Das ist es, was ein Bandleader tut. Wobei ich mich aber nicht erinnern kann, wann und wo ich Eric Clapton zum ersten Mal begegnet bin. Das ist zu lange her. Es muss zu seiner Zeit bei den Yardbirds gewesen sein. Als er da ausgestiegen ist, war er verfügbar."
    Musik: "Evil And Here To Stay"
    Ein spannender Gesprächspartner ist Mayall nicht – er wirkt eher hölzern und trocken. Aber er ist definitiv ein großer Musiker. Das unterstreicht auch sein neues Album "Nobody Told Me", das er im Studio von Foo Fighter Dave Grohl aufgenommen hat. In knapp drei Tagen, wie immer mit Analog-Technik und seiner Stammband um Schlagzeuger Jay Davenport und Bassist Greg Rzab (ar-zep). Aber auch illustren Gästen wie Joe Bonamassa, Alex Lifeson, Carolyn Wonderland oder Steven Van Zandt.
    "Wenn ich ein Album zusammenstelle, verwende ich eigene Stücke und Material von Leuten, die ich mag und zu denen ich eine Verbindung spüre. Dabei achte ich darauf, dass die Mischung so vielseitig wie eben möglich ist. Und so interessant, dass der Hörer sich nicht langweilt. Ich glaube nicht daran, dass ein Stück wie das andere klingen sollte. Ich will sicherstellen, dass alle Tempi und Stile abdeckt sind und sich daraus ein möglichst interessantes Album ergibt."
    Musik: "The Hurt Inside"
    Mal mit Bläser, mal mit Klavier, mal mit kantigen Gitarren und Harmonika: John Mayall ist in den meisten Spielarten der Blautöne zu Hause - wie es sich für einen der Urväter gehört. Auf seinem neuen Album spielt er nicht nur routiniert, sondern immer noch mit großer Freude. Er interpretiert Magic Sam, Gary Moore, Jeff Healy und Joe Bonamassa neben obskuren Künstlern wie Gwendolyn Collins. Seine drei Eigenkompositionen stehen dem qualitativ in Nichts nach - und überraschen durch kritische Texte zum Zeitgeschehen. Im Song "It´s So Tough" bezeichnet er Donald Trump als - Zitat - "größtes Problem der Gegenwart."
    Zukunft des Blues
    "Schaut euch um, was in der Welt passiert. Das liefert genug Material, um daraus gute Songs zu machen. Songs, die sich bemühen, Lösungen für die aktuellen Probleme zu finden. Denn der Blues gibt dir die Möglichkeit, deine Meinung zum Ausdruck zu bringen."
    Musik: "It´s So Tough"
    Aus seinem Anspruch des kritischen Beobachters und Kommentators macht Mayall eine regelrechte Mission. Ende Februar bis Mitte April geht er auf Europa-Tournee. Im Gepäck: 30 Stücken aus allen Phasen seiner über 50-jährigen Karriere. Die meisten davon sind neu arrangiert und sollen auch ein junges Publikum begeistern. Denn die 16/17-jährigen, die zu seinen Konzerten kommen, seien die Zukunft des Blues. Die John Mayalls von morgen.
    "Ich denke, die Zukunft des Blues liegt in den Händen einer neuen Generation, die sich von der Vergangenheit inspirieren lässt. Und es wird immer großartige Musiker geben, die sich daran versuchen. Die alle Entwicklungen und Trends absorbieren und sie in die Musik einfließen lassen. Insofern wird der Blues niemals sterben."