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Blumenmarkt
Emsflower setzt auf Hightec

Im Frühjahr herrscht Hochkonjunktur in den Gewächshäusern der Großgärtnereien. Eine davon ist Emsflower, ein deutsch-niederländisches Unternehmen aus Emsbühren. Dort setzt man bei der Blumenproduktion auf Hightec. Nur so kann kann der Großproduzent seine 500 Millionen Blumen pro Jahr pünktlich an die Kunden liefern.

Von Angelika Gördes-Giesem | 08.04.2016
    Die Inhaber der Gartenbaufirma Emsflower, Bennie Kuipers (r) und sein Sohn und mitinhaber Tom Kuipers, aufgenommen am Donnerstag (26.08.2010) in ihrem Betrieb in Emsbüren.
    Die Inhaber der Gartenbaufirma Emsflower, Bennie Kuipers (r) und sein Sohn und Mitinhaber Tom Kuipers (dpa/picture alliance/Bernd Thissen)
    Den Chef erkennt man kaum in seiner grau-grünen Arbeitsmontur. Wie alle Mitarbeiter bei Emsflower schnappt Bennie Kuipers sich jeden Morgen eines der grauen Dienstfahrräder: "Stehen bestimmt mehr als 100 Fahrräder hier vorne", bestätigt Kuipers mit deutlich hörbarem niederländischen Akzent.
    Mehr als nur ein grüner Daumen
    Und so radelt Bennie Kuipers 20 bis 30 Kilometer pro Tag mitten durch Geranien-, Fuchsien- und Begonien-Kulturen. Zu Fuß wäre das kaum zu schaffen. Jetzt herrscht Hochkonjunktur in den Gewächshäusern. Auf einer Fläche so groß wie 100 Fußballfelder produziert das Unternehmen Emsflower 500 Millionen Blumen pro Jahr: Stiefmütterchen, Primeln und Osterglocken blühen hier schon im Winter. Jetzt müssen die Geranien raus, denn im April startet die Beet- und Balkonpflanzen-Saison im Einzelhandel. Hightec und schon deutlich mehr als nur ein grüner Daumen machten es möglich, lacht Kuipers:
    "Wir haben auch grüne Finger, grüne Hände, wir sind immer zwischen den Leuten, zwischen den Pflanzen. Man ist immer dabei, man hält selber alles im Auge, das ist auch gut für die Motivation der anderen Mitarbeiter."
    Und das sind mittlerweile über 400. Angefangen hat alles in einer kleinen niederländischen Gärtnerei. Hier im Betrieb der Eltern hat Bennie Kuipers seine Gärtnerlehre gemacht und den Betrieb übernommen. Dann hatte er die Idee, nicht nur Blumengeschäfte, sondern große Handelsketten zu beliefern, erklärt er:
    "Unsere Strategie ist, dass man da produzieren muss, wo die Nachfrage ist. Darum sind wir vor 10 Jahren nach Deutschland gekommen. Unsere Kunden waren alle in Deutschland und deshalb muss man auch dort produzieren."
    Fokus auf nachhaltige Produktion
    So entstand in Emsbühren direkt an der Autobahn ein deutsch-niederländisches Gartenbau-Unternehmen. Nachhaltige Produktion wird dabei immer mehr umgesetzt, um die Umwelt zu schonen und Kosten zu senken, erklärt Hermann Hesken und verweist auf die Bewässerungsanlage. In der werde komplett auf Regenwasser gesetzt: "Wir haben Lagunen, und wir können 3oo Millionen Regenwasser lagern, alles wird von den Dachflächen aufgesammelt."
    Und für jede Charge gibt es ein Pflanzen-angepasstes Bewässerungs-Programm. Derzeit steht ein buntes Geranien-Blütenmeer in den Gewächshäusern. In dieser Saison werden 9 Millionen Geranien produziert. Dabei werden immer mehr Arbeitsschritte maschinell erledigt, erklärt Hermann Hesken. Berufskollegen aus ganz Deutschland, die hier erfahren, wie man z.B. Pflanzen vollautomatisch ein- und umtopft:
    "Das sind Begonien, die haben wir selber ausgesät", beschreibt er, "in jedem Kasten sind 264 Pflanzen, und die Maschine zieht die mit so einem Pflanzengreifer raus. Dann sind hier Kamera-Auswahl-Systeme, und die machen von jeder Pflanze ein digitales Foto. Nur die qualifizierten Pflanzen werden rüber gesetzt. "Man könne gar nicht so schnell gucken, wie die Maschine arbeite, beschreibt Hesken: Die Maschine macht in der Stunde. 35.000 Blumen, wenn sie optimal läuft."
    Stecklinge aus Tansania
    Rund 95 Prozent der Blumen werden aus Samen gezogen, der Rest aus Stecklingen, wie zum Beispiel Hängegeranien. Sie werden auf einer eigenen Farm in Tansania herangezogen. In Emsbüren angekommen, gelangen die Stecklinge direkt auf ein großes Fließband.
    "Die Stecklinge werden hier aufs Band gelegt. Oben haben wir zwei Kameras. Wir haben von jedem Steckling zehn Modelle gemacht; die Kameras erkennen dann, wo der Stiel ist, da muss die Maschine zugreifen und setzt den Steckling die Saatkiste."
    Für die nächste Generation ist das bereits Routine. Damit sorgt Junior-Chef Tom Kuipers für eine gleichbleibende Qualität und senkt so die Produktionskosten. Die Kameras kämen immer mehr zum Einsatz, beschreibt Kuipers, mittlerweile könnten sie auch den Unterschied zwischen "guten und schlechten" Pflanzen erkennen: "Dann kommen die Kleinen weg oder werden aussortieret damit sie Zeit haben zu wachsen".
    Discounter und große Ketten als Kunden
    Schließlich sei auch im Gärtnerbetrieb der Faktor Arbeit teuer, Saisonarbeiter würden, wenn es geht, durch Maschinen ersetzt: "Wir haben einen Umsatz von 40 bis 45 Millionen Euro", lässt sich Kuipers in die Bücher schauen. Die Kunden seien Discounter und große Ketten. "Wir wissen genau pro Pflanze, welche Farbe, wie lange braucht von Aussaat bis zur Auslieferung. Letzte Woche hatten wir 600 Lkw Stiefmütterchen, die in zwei Tagen raus gegangen sind. Das verlangt der Kunde."
    Und der bestellt das komplette Frühjahrsblumen-Sortiment bereits im Herbst. Senior-Chef Bennie Kuipers lässt es sich aber nicht nehmen, selbst die Preise auszuhandeln:
    "Wir fangen erst an zu produzieren, wenn ein Auftrag steht. Es wird nichts ausgesät, bevor der Vertrag da ist."
    Einen eigenen Fuhrpark unterhält der Gärtner-Großbettrieb nicht; die Logistik werde angemietet. Aber die Hallen in Emsbüren, die werden gerade umgerüstet. Neben den Radwegen werden breite Induktionsschleifen für computergesteuerte Zugmaschinen verlegt. An den Anblick muss sich Gärtner Hermann Hesken aber noch gewöhnen: "Wir bekommen 60 von diesen Elektro-Karren, um die Blumenwagen zu ziehen. Rino nennen wir die, wie so ein Rhinozeros. Da kann man sich nicht drauf setzen das sind die Transportkarren, die die Blumen nach dem Umtopfen zu den Gewächshäusern bringen. Wenn zu viele Wagen unterwegs sind und das bei der Entladung nicht auffällt, muss einer Meldung machen: Schick nicht zu viele hinterher, damit die Straßen nicht verstopft sind. Also, ohne Menschen geht es nicht, aber es geht wesentlich schneller und sauberer als vorher."