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Blutspende
Ein Dienst an anderen Patienten

Rund vier Millionen Blutspenden werden in Deutschland jährlich durchgeführt. Endprodukte sind vor allem das Blutplasma und - was man landläufig als Blutkonserve bezeichnet - das Konzentrat von roten Blutkörperchen. Der Bedarf an diesen Blutprodukten ist riesig, das Deutsche Rote Kreuz und auch viele Kliniken werben daher heftig um Spender.

Von Thomas Liesen | 28.10.2014
    Bei dem Beitrag handelt es sich um eine Wiederholung.
    Blutspendezentrale, Wartezimmer: Cola- und Kaffeeautomaten an der Wand. In der Mitte des großen Raumes Bistrotische. Und auf einer Theke liegt Marmorkuchen, zur Mitnahme bereit. 20 Kölner warten hier in der Blutspendezentrale der Universitätsklinik auf ihren Aderlass. Auch Reinhard Wagner wartet - und das nicht zum ersten Mal.

    " Seit ich in der Umgebung von Köln wohne, bin ich Dauerspender. Hier in Köln an der Uniklinik war ich glaube ich das 38te Mal oder das 40te Mal schon."

    Reinhard Wagner ist Anfang 50 und damit im spendefähigen Alter. Tatsächlich kann fast jeder Blut spenden, erläutert Birgit Gathof, Medizinprofessorin und Leiterin der Blutspendezentrale.

    " Jeder gesunde Mensch zwischen 18 und 60Jahren kann das erste Mal zum Blutspenden kommen. Blut spenden kann man dann bis zum 68ten Lebensjahr. Das ist keine Diskriminierung älterer Mitbürger, sondern es gibt einfach ein höheres Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankung im Alter, das dient dem Schutz des Spenders."

    Reinhard Wagner wird aufgerufen, allerdings noch nicht zur Spende, sondern erst zur Abnahme einer Blutprobe.

    " Ich bekomme den linken Arm, ihr Ohr um die Temperatur zu messen. So, gibt einen Pieks. So, bitte einmal draufdrücken. Danke. Hinter Ihnen sind Pflaster, Sie machen bitte den Finger drauf. "

    Die Blutprobe wird eingehend getestet - vor allem auf HIV und Hepatitis. Dank dieser Untersuchung ist das Risiko eines Blutempfängers, sich zu infizieren, sehr gering. In einer Studie kam heraus, dass es in den letzten zehn Jahren bei 30 Millionen Blutspenden nur zu einer HIV-Übertragung kam. Eine Hepatitis-Infektion kam gar nicht vor.

    Reinhard Wagner wird ins Arztzimmer gerufen.

    " Guten Morgen Herr Wagner, wie geht es Ihnen heute? Genug getrunken und genug gegessen vorher? Dann können wir ja gleich loslegen. Ich gebe noch die Werte vorher ein."

    In dem vertraulichen Gespräch fragt der Arzt nach möglichen Erkrankungen, auch nach Reisen in Infektionsgebiete, aber bald kommt Reinhard Wagner zurück ins Wartezimmer.

    Einzig die Konzentration seines roten Blutfarbstoffs Hämoglobin ist ein wenig niedrig, allerdings nicht zu niedrig für eine Spende. Reinhard Wagner kennt das schon, denn er ist Vegetarier. Fleisch ist der Hauptlieferant für Eisen, einem wichtigen Bestandteil des Blutfarbstoffs. Daher haben Vegetarier oft niedrigere Werte.

    Jetzt wird Reinhard Wagner in den Spenderaum geführt. An einer Längsseite sind insgesamt zehn Liegen aufgereiht.

    " Hallo Herr Wagner, auf welcher Seite wollen sie spenden? Rechts?
    Ich legen ihnen jetzt eine Stau an.
    Jetzt kommt der Pieks. Ok. Passt perfekt."

    Das Blut fließt in einen Plastikbeutel, der auf einer Art Tellerwaage liegt. Der Teller bewegt sich hin und her und durchmischt das Blut. Wiegt der Beutel einen halben Kilo, ist also ungefähr ein halber Liter Blut gesammelt, dann ertönt ein Signal. Bis dahin sind es ungefähr 5 bis 10 Minuten. Die wird Reinhard Wagner jetzt ganz entspannt im Liegen abwarten. Insgesamt dauert die gesamte Blutsspende mit allen Wartezeiten aber deutlich länger, oft mehr als eine Stunde. Ein ganz schöner Aufwand, aber den nimmt er in Kauf.

    " Ich hoffe sehr, dass andere davon profitieren. Denn wenn ich die ganzen Krebskranken sehe zum Beispiel, die aufgrund ihrer Erkrankung mit Sicherheit auf Blutspenden angewiesen sind, dann ist es für mich eigentlich das Positive, dass ich jemanden helfen kann, der schwer krank ist und der die Blutspende benötigt. "

    Dabei wird das Blut an einen möglichen Empfänger nicht so verabreicht, wie es aus der Vene des Spenders kommt. Vielmehr wird es zu verschiedenen Blutprodukten aufgearbeitet, vor allem zu Blutplasma und zu einem Konzentrat an roten Blutkörperchen, der eigentlichen "Blutkonserve". Ein Grund für die ständige Knappheit von Blutprodukten ist ihre geringe Haltbarkeit: Blutkonserven sind höchstens sieben Wochen haltbar, denn man kann sie nicht einfrieren, sondern darf sie nur kühlen. Das Blutplasma dagegen ist zwei Jahre haltbar, denn man kann es tiefgekühlt lagern.

    Blut ist aber deshalb knapp, weil im normalen Klinikbetrieb immer mehr gebraucht wird, erklärt Professor Birgit Gathof:

    " Die Hauptabnehmer hier im Klinikum sind einerseits der Herzchirurg, der zwei, vier, sechs Blutspenden pro Operation braucht, (...) die Herzlungenmaschine muss zum Beispiel mit Blut vorgefüllt werden, wenn man Operationen am stillstehenden Herzen macht. Der zweite Hauptabnehmer ist die Onkologie, also die Behandlung von Tumorpatienten. Viele Chemotherapien wären gar nicht möglich, wenn wir nicht Blut zur Verfügung stellen könnten für die Zeit für das Knochenmark durch die Medikamente so beeinträchtigt ist, dass es selbst nicht genügend herstellen kann."

    " So, Herr Wagner, es ist fertig. Ich befreie sie jetzt von der Nadel.
    Jetzt nach der Spende, sie können noch ein bisschen sitzen bleiben und vermeiden stehen auf der Stelle. Wenn sie irgendwo warten müssen, besser auf und ab gehen. Und viel trinken heute."

    Kreislaufbeschwerden sind eigentlich die einzigen Nebenwirkungen, die durch eine Blutspende auftreten können. Zumindest wenn man sich an die Regel hält und nur alle zwei bis drei Monate spendet. Reinhard Wagner hat noch nie Probleme gehabt.

    " Überhaupt nicht. Ich spüre keinerlei körperliche Einschränkungen. Ich empfinde es sogar als sehr positiv, weil ich nach der Spende immer so für mehrere Tage den ausgeglichenen Schlaf habe. "

    " Viele unserer Spender fühlen sich nicht schlechter, sondern tatsächlich besonders wohl nach der Spende, wie so ein kleiner Fastenkur-Effekt. Wir wissen auch aus Studien, dass Blutspenden besonders gesund sein soll. Das Risiko für Herzinfarkt und Schlaganfall soll bei regelmäßigem Blutspenden niedriger sein als wenn man das nicht tut. "

    Reinhard Wagner muss zum letzten Mal kurz warten, diesmal auf sein Geld. 25 Euro wird es geben. Nicht gerade viel für den Aufwand, findet er. Manche befürchten auch, dass die Blutspendezentralen mit der billig eingekauften Ware dann einen schwunghaften Handel betreiben. Doch zumindest für die Uniklinik gilt das nicht, sagt Birgit Gathof:

    " Wir können hier sagen: Unserer Blutversorgung dient dem Klinikum und den zwei Nachbarkliniken. Geschäfte werden hier an der Uni nicht damit gemacht.

    Vielen Dank für ihre Spende, ich brauche jetzt noch eine Unterschrift. Und hier sind ihre 25 Euro. Vielen Dank, bis zum nächsten Mal."