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Blutspende gegen Bluthochdruck

Wer Blut spendet, tut dies meist aus Überzeugung - um anderen im Notfall eine Hilfe zu sein. Doch auch die Spender selbst könnten durch einen Nebeneffekt profitieren: der Blutdruck sinkt - und das länger anhaltend, als man bisher glaubte.

Von Anna-Lena Dohrmann | 10.07.2012
    "Spende Blut – rette Leben": So lautet der Slogan des Deutschen Roten Kreuzes. Und genau das scheint die meisten Blutspender in Leipzig zu motivieren:

    "Also der Motivationsgrund, Blutspenden zu gehen, ist Kranken und Verletzten zu helfen."

    "Also ich geh spenden, weil ich eigentlich auch der Gewissheit bin, dass ich selber das mal in Anspruch nehmen könnte, das Blut von anderen. Und genauso brauchen andere mein Blut."

    "Es tut mir ja nicht weh, ich leide nicht groß dabei und dann kann ich das, finde ich, auch mal machen."

    "Weil es mir damit gut geht. In dem Moment, wo man spendet, ist man natürlich ein bisschen schlapp, aber so auf Tage, Wochen hinweg gesehen – ich fühl mich dann irgendwann fitter."

    Genau dieses Gefühl bestätigt jetzt eine Studie: Eine gezielte Blutentnahme senkt den Blutdruck um 16mm Hg – und auch sechs Wochen danach ist der Effekt noch da. Diese Zahl sei gewaltig, so Prof. Dietrich Pfeiffer, Leiter der Abteilung für Herz- und Gefäßerkrankungen an der Uniklinik Leipzig.

    "Wir wissen, dass eine Senkung des systolischen Blutdrucks von zwei bis drei mmHg, Quecksilbersäule, eine Verringerung von Schlaganfällen um zehn Prozent bewirkt. Also 16 ist sehr viel, das ist häufig nicht erreichbar mit blutdrucksenkenden Medikamenten."

    Zumindest nicht durch ein einziges Präparat. Oft brauchen Patienten viele verschiedene blutdrucksenkende Medikamente und müssen ihren Lebensstil verändern: mehr Sport senkt den Blutdruck beispielsweise um circa acht mmHg und auch jedes verlorene Kilo bringt zwei mmHg. Doch warum sinkt der Blutdruck nach einer Blutspende?

    Pfeiffer:

    "Aderlass-Behandlung ist ein uraltes Therapieverfahren, gab es im 18. Jahrhundert. Wenn sie aus einem dehnbaren System, aus dem Blutkreislauf, Blut entnehmen, Volumen entnehmen, dann sinkt natürlich zunächst einmal der Druck."

    Allerdings erklärt das nur einen kurzfristigen Effekt. Schließlich gleicht der Körper das fehlende Volumen schnell aus und bildet auch die Blutzellen neu.

    Der längerfristige Effekt beruht wahrscheinlich auf Stoffwechselveränderungen – vor allem durch die Senkung des Eisenspiegels. Doch diese Zusammenhänge sind komplex und nicht endgültig verstanden. Bluthochdruck tritt oft zusammen mit erhöhtem Blutzucker- und Blutfettwerten sowie Übergewicht auf. All diese Erkrankungen scheinen sich gegenseitig aufzuschaukeln. Ärzte sprechen dann von dem sogenannten metabolischen Syndrom, also einer komplexen Stoffwechselstörung. Ein kleiner Baustein dessen könnten erhöhte Sauerstoffradikale sein. Diese Moleküle sind schädlich für den Körper. Auch bei hohen Eisenwerten kommen sie gehäuft vor. Und das bedeutet Stress für den Körper. Es handelt sich um sogenannten oxidativen Stress, sagt Dietrich Pfeiffer.

    "Oxidativer Stress ist eine Belastung für das Gefäß und das Gefäß reagiert darauf – zum Beispiel dadurch, dass das Gefäß ein kleines bisschen enger wird. Und wenn das im ganzen Organismus stattfindet, dann wird bei gleicher Herzleistung natürlich auch der Blutdruck ein bisschen ansteigen."

    Und scheinbar funktioniert es auch andersherum: Verliert der Körper Eisen durch eine Blutentnahme, so werden weniger Sauerstoffradikale gebildet. Dadurch könnten die Gefäße elastischer bleiben. Bewiesen ist all das allerdings nicht. Sicher scheint dagegen eines zu sein:

    "Die Dauerlösung, die Heilung der Hypertonie wird es sicher nicht sein. Wenn der Mensch sich genauso weiter ernährt wie zuvor, genauso weiter lebt, dann wird irgendwann der Ausgangszustand wieder erreicht sein. Ich würde eher den Aderlass als ein kleines Bausteinchen in der Gesamttherapie sehen, die vielleicht die Behandlung einleiten kann."

    Denn wenn der Blutdruck schon so stark erhöht ist, dass er bereits zu Durchblutungsstörungen geführt hat, kann eine Blutspende auch schädigen. Schließlich braucht der Körper dann besonders seine Blutzellen, um überall ausreichend Sauerstoff hinzubringen.
    Der Großteil der Menschen wird wohl auch in Zukunft Blut spenden, um zu helfen und auch das kann gesund sein:

    "Macht ein gutes Gewissen, dass ich anderen helfe so."

    "Ich bin zufrieden danach, was Gutes geleistet zu haben."