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BND-Affäre
Rücktrittsforderungen werden lauter

Neue Enthüllungen bringen den Auslandsgeheimdienst BND in Bedrängnis. Er soll dem US-Geheimdienst über Jahre geholfen haben, Unternehmen und Politiker auszuforschen. BND-Chef Schindler soll hierfür die Verantwortung übernehmen und zurücktreten, fordern Linkspartei und Grüne.

Von Falk Steiner | 24.04.2015
    BND-Präsident Gerhard Schindler steht neben einem Schild mit Aufschrift Bundesnachrichtendienst
    BND-Präsident Gerhard Schindler (picture alliance / dpa / Stephan Jansen)
    Noch sind längst nicht alle Details rund um die BND-NSA-Kooperation geklärt, doch die Kritik an Kanzleramt und BND wird lauter. Nachdem die Linkspartei bereits am Donnerstag den Rücktritt von BND-Präsident Gerhard Schindler gefordert hatte, fordern nun auch die Grünen, so der Fraktionsvorsitzende Anton Hofreiter gegenüber der Bild-Samstagsausgabe, Schindlers "sofortige Entlassung". SPD-Generalsekretärin Yasmin Fahimi schloss gegenüber der Berliner Zeitung personelle Konsequenzen "ausdrücklich nicht aus" und will das Thema beim Koalitionsausschuss am Sonntag besprechen. Die Union hingegen nimmt Schindler in Schutz: Der BND-Präsident solle die Gelegenheit bekommen, den Sachverhalt aufzuklären und darüber das parlamentarische Kontrollgremium zu informieren, so Clemens Binninger, CDU.
    Der NSA-Untersuchungsausschuss hatte ans Tageslicht befördert, dass 40.000 Suchbegriffe, die der US-Geheimdienst den deutschen Partnern übermittelt hatte, gegen deutsche oder europäische Interessen verstoßen - die Opposition spricht von Wirtschaftsspionage und Spionage zum Beispiel gegen Politiker.
    Die Spitze des BND und das Kanzleramt wurden von den Vorfällen bis zum Februar wohl nicht in Kenntnis gesetzt - ein schweres Versäumnis, so der Fraktionsvorsitzende der Linken im Bundestag, Gregor Gysi am Morgen im Deutschlandfunk:
    "Entweder hat der BND-Chef davon nichts gewusst, dann ist er ein schlechter Leiter, oder er hat es gewusst, dann hat er rechtswidrig gehandelt. Und das Kanzleramt ist natürlich auch in einer schwierigen Situation. Das Kanzleramt ist das Kontrollgremium. Entweder sie haben nichts gewusst, dann funktioniert die Kontrolle nicht, das muss sich dann auch wiederum das Kanzleramt anrechnen lassen. Oder sie haben es gewusst, dann hätten sie sich an rechtswidrigen Handlungen beteiligt."
    Sendsburg kündigt genaue Prüfungen an
    Auch die Bundesregierung hatte in ungewöhnlich scharfem Ton ihren eigenen Auslandsnachrichtendienst kritisiert, von technischen und organisatorischen Defiziten beim BND gesprochen - zudem werde geprüft, ob die Auskünfte des BND gegenüber dem Untersuchungsausschuss noch Gültigkeit hätten. Regierungssprecher Steffen Seibert wollte am Mittag zu den konkreten getroffenen Maßnahmen keine weiteren Details nennen:
    "Ich habe da auch nichts hinzuzufügen. Ich glaube, dass sie da in dem Punkt auch sehr klar ist."
    Der Vorsitzende des NSA-Untersuchungsausschuss Patrick Sensburg, CDU, kündigte in der ARD an, dass der Ausschuss nun noch genauer prüfen wolle, was genau falsch lief:
    „Wir werden natürlich in den nächsten Wochen die Listen sehen wollen. Wir möchten schauen, welche Selektoren, also welche Emailadressen, welche Handynummern sind eingesteuert worden, die möglicherweise deutsche und europäische Firmen betreffen und sind die wirklich alle in Gänze rausgenommen worden. Oder gibt es da wirklich diese Selektoren, die deutsche Firmen betreffen, die drin geblieben sind und wo dann Daten unserer Unternehmen an Amerikaner weitergeleitet worden sind".
    7. Mai: BND-Mitarbeiter werden angehört
    Damit der Ausschuss die Listen mit den Begriffen überhaupt sehen darf, muss die Bundesregierung sie freigeben und konsultiert nun, weil es sich dabei um Begriffe der NSA handelt, zunächst die US-Regierung, ob diese Einwände gegen eine Weitergabe an den Ausschuss hat. Ob der dann die Liste bekommt, muss die Bundesregierung danach selbst entscheiden: Entweder sie übergibt die Listen mit Zustimmung der US-Regierung, oder sie setzt sich über eine Ablehnung hinweg - oder aber sie verweigert den Parlamentariern den Zugriff, was diese wohl als Affront deuten würden. Spätestens am siebten Mai soll aber Klarheit herrschen: Dann sollen zwei maßgebliche BND-Mitarbeiter im NSA-Untersuchungsausschuss gehört werden.