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Bochum
Es fehlt an industriellen Arbeitsplätzen

Vor einem Jahr lief der letzte Opel in Bochum vom Band. Der Autobauer beschäftigte am Standort zuletzt 2.600 Mitarbeiter und über 1.000 Beschäftigte in Zulieferunternehmen. So viele Arbeitsplätze wird es so schnell nicht wieder geben, denn aufgrund gesetzlicher Vorgaben kann nicht die komplette Fläche für eine rein industriegewerbliche Nutzung zur Verfügung gestellt werden.

Von Klaus Deuse | 04.12.2015
    Düstere Wolken über dem ehemaligen Opelwerk in Bochum.
    Das Opel-Werk in Bochum wurde 2014 endgültig geschlossen. (dpa/picture alliance/Bernd Thissen)
    Ein Jahr nach der Schließung des Opel-Werkes in Bochum haben Bagger bereits unter anderem die einst modernste Autolackiererei in Europa dem Erdboden gleichgemacht und bearbeiten das Firmenareal. In einem ersten Bauabschnitt werden rund 30 Hektar für die Ansiedlung neuer Unternehmen vorbereitet. An Interessenten mangelt es nicht, sagt Rolf Heyer, Geschäftsführer der zuständigen "Bochum 2022 Perspektive GmbH":
    "Wir haben zurzeit etwa 300 Anfragen gehabt. Von denen sind also interessiert und nachhaltig interessiert etwa 60, 70. Der erste Interessent, mit dem wir auch in konkreten Verhandlungen sind, ist die Firma DHL, die hier ein Verteilzentrum für Pakete mit einer Leistung von etwa 50.000 Paketen pro Stunde errichten will. Arbeitsplätze in der ersten Ausbaustufe ca. 500."
    Verzahnung von Unternehmen mit der Forschung
    Opel beschäftigte am Standort Bochum zuletzt 2.600 Mitarbeiter. Hinzu kamen noch über 1.000 Beschäftigte in Zulieferunternehmen. So viele Arbeitsplätze wird es so schnell nicht wieder geben, denn aufgrund gesetzlicher Vorgaben kann nicht die komplette Fläche für eine rein industriegewerbliche Nutzung zur Verfügung gestellt werden. Im Zuge des Strukturwandels setzt man nach den Worten von Rolf Heyer unter dem Schlagwort "Bochum 4.0" ohnehin auf eine enge Verzahnung von Unternehmen mit der Forschung.
    "Und wir wollen in einem Bereich auch eher urbane Quartiere schaffen. Insbesondere diese Schnittstelle zwischen Wissenschaft und Forschung, zwischen Produktion und Technologieentwicklung stärken."
    Doch bis dahin werden noch einige Jahre verstreichen. Auch deshalb, sagt die zuständige IG-Metall-Bevollmächtigte Eva Kerkermeier, bieten sich für die ehemaligen Mitarbeiter keine Perspektiven.
    "Es hilft uns nichts, wenn wir da was weiß ich alles Mögliche ansiedeln. Nur: Das wird den jetzigen Opelanern nicht helfen, weil die Entwicklung dieses Geländes dauert Zeit."
    Außerdem, so Eva Kerkemeier, könne man beim Blick auf den Arbeitsmarkt Bochum nicht isoliert betrachten."
    "Wenn ich nur auf die letzten fünf Jahre kucke in dieser Region, sind uns locker um die 10.000 Arbeitsplätze verloren gegangen. Und die fehlen."
    Arbeitslosenquote bei 9,5 Prozent
    Unter diesem Aspekt spricht Geschäftsführer Heyer von der Projektentwicklungsgesellschaft von einer guten Botschaft, dass Opel ein zentrales Ersatzteillager am Standort Bochum ausbaut und den Personalstamm von 430 auf 700 Mitarbeiter aufstockt. Die Arbeitslosenquote im Raum Bochum liegt derzeit bei 9,5 Prozent.
    Aber von den knapp 18.000 Arbeitslosen sind über 14.000 langzeitarbeitslos. Und in dieser Statistik tauchen die ehemaligen Opel-Mitarbeiter noch gar nicht auf, da sie noch in einer Transfergesellschaft für eine Rückkehr in den ersten Arbeitsmarkt vorbereitet werden. Von den 2.600 Opelanern haben allerdings erst etwa 100 bislang einen neuen Job gefunden. Einige als Lokführer bei der Bahn, einige bei Berufs- oder Werksfeuerwehren.
    "Und es gibt noch mal so 150 bis 200 Leute, die in Probearbeitsverhältnissen sind, was in dieser Transfergesellschaft ja möglich ist, und die bei einem hoffentlich zukünftigen Arbeitgeber gerade in einem Praktikum sind."
    Für Arbeitnehmer mit ihren Qualifikationen fehlt es an industriellen Arbeitsplätzen. Die können den Opelanern aber weder das ThyssenKrupp-Servicecenter noch ein Kommunikationsunternehmen bieten, die zwischenzeitlich den Weg nach Bochum gefunden haben.