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Verteidiger des "American Way of Life“

Zu Beginn seiner Boxerkarriere erkämpfte sich Joe Louis den Respekt als farbiger Boxer beim weißen Publikum und den Sportreportern. Ab 1937 verteidigte er zwölf Jahre den Titel im Schwergewicht und galt bei der farbigen Bevölkerung als Ikone. Im "Kampf des Jahrhunderts“ gelang Louis sogar der Sieg über Hitler – wenn auch nur symbolisch.

Von Thomas Jaedicke | 13.05.2014
    Zu sehen ist der afroamerikanische Boxer Joe Louis in einer Aufnahme von 1950. Er trägt ein weißes T-Shirt und schwarze Boxhandschuhe und präsentiert die Fäuste in typischer Boxermanier dem Betrachter.
    Joe Louis in Boxerpose (picture alliance / dpa)
    "Good evening Ladies and Gentlemen to Caesars Palace Sports Pavillion, where tonight Don King Productions in association with Caesars Palace and Home Box Office Television presents World Championship Boxing..."
    Es ist der 11. April 1981. Die schwarzen Schwergewichte Larry Holmes und Trevor Berbick kämpfen im Caesars Palace Hotel in Las Vegas um den Weltmeistertitel.
    ..."In the red corner, from Eastville, Pennsylvania: The undefeated Heavyweightchampion, weighing 250 Pounds, Larry Holmes..."
    Wie immer bei großen Boxkämpfen ist viel Prominenz am Ring: Politiker, Künstler, der Basketballstar Magic Johnson. In einem Rollstuhl, ganz nah am Ring, sitzt ein Mann, der nicht extra vorgestellt wird. Joe Louis trägt einen riesigen Cowboyhut auf seinem alten Kopf. Nach einem Schlaganfall kann der einstige König der Schwergewichtsboxer, der seinen Titel sagenhafte 25 Mal verteidigt hat, nicht mehr gehen. Am Morgen nach dem Kampf wird Joe Louis, der erste schwarze Sportler, den ganz Amerika als Helden feierte, mit 66 Jahren in Las Vegas sterben. Der Sportjournalist Dave Kindred, der in dieser Nacht ganz nah beim Champion saß, schrieb.
    "Seine Haut war gelb-grau; die Farbe von alten Zeitungsauschnitten. Louis war selbst ein Ausschnitt geworden, ein Artefakt, eine Erinnerung aus einer anderen Zeit."
    "From Detroit, Michigan, Joe Louis...."
    Joe Louis´ Weg war hart. Geboren am 13. Mai 1914 als Sohn eines Baumwollpflückers in Lafayette, Alabama, nutzte er schon als Kind die prall gefüllten Baumwollsäcke zum Boxtraining. Als die Familie wegen der großen Depression den Süden verließ und nach Detroit zog, arbeitete Joe Louis kurz bei Ford, konzentrierte sich aber von 1932 an ganz aufs Boxen. Anfangs noch vom weißen Publikum und den Sportreportern rassistisch beleidigt, verdiente sich der überragende Boxer aber bald allseits Respekt. Im Juni 1937 holte er sich die Schwergewichtskrone von James Braddock. In Harlem, Detroit, Chicago und Pittsburgh wurde die ganze Nacht auf den Straßen getanzt. Aber vor allem tief im Süden sahen die Schwarzen in Joe Louis, der den Titel fast zwölf Jahre nicht mehr hergab, einen Erlöser.
    Charles Clothfelter ist im Süden, in Georgia, aufgewachsen. Während seiner gesamten Schulzeit bekam er als Weißer nicht einen einzigen Schwarzen zu Gesicht.
    "Besonders in diesem Teil des Landes hatten wir Menschen, die getrennte Toiletten, Bahnhöfe, Wartezimmer und so weiter benutzen mussten."
    Sieg über Adolf Hitlers Lieblingssportler - Schmeling
    In seinem Buch „Big Time American Sports" hat der Soziologe Charles Clothfelter untersucht, wie der Erfolg schwarzer Sportler die amerikanische Gesellschaft verändert hat. Joe Louis wachsende Popularität half, diese Barrieren allmählich in Frage zu stellen. Zum umjubelten Nationalhelden stieg er im Juni 1938 auf, als er im vollbesetzen Yankee Stadion in der Bronx Max Schmeling, Adolf Hitlers Lieblingssportler, nach nur zwei Minuten und vier Sekunden mit einer Serie fürchterlicher Schläge auf die Bretter schickte. Der boxende Botschafter aus dem Nazi-Reich, ausgesandt, um der Welt die Überlegenheit der arischen Rasse vorzuführen, kam nicht mehr auf die Beine. Im „Kampf des Jahrhunderts" hatte die Demokratie über die Diktatur triumphiert.
    "Zum ersten Mal in der Amerikanischen Geschichte wurde ein Schwarzer aufgefordert, den American Way of Life in einer bedeutenden, weltweit beachteten, symbolischen Arena zu verteidigen."
    Schreibt der Historiker Randy Roberts in seiner Biographie über Joe Louis.
    "Er hatte das geschafft, woran amerikanische, britische und französische Politiker gescheitert waren – einen Sieg über Hitler zu erreichen, auch wenn es nur ein symbolischer war."
    Im Zweiten Weltkrieg nutzte die US-Army Joe Louis´ enorme Popularität. Als boxender Soldat wurde er an die Front und in US-Kasernen daheim geschickt, um die Kameraden mit Schaukämpfen gegen andere Boxer bei Laune zu halten. Louis sieht, dass schwarze GI´s oft schlechter als deutsche Kriegsgefangene behandelt werden. Durch seinen Einfluss, der bis nach Washington reicht, kann er einige Verbesserungen durchsetzen. Nach dem Krieg treiben ihn hohe Steuerschulden zurück in den Ring. Aber er ist nicht mehr der Alte. Nach elf Jahren und acht Monaten verliert er am 27. September 1950 in New York seinen Schwergewichtstitel an den sieben Jahre jüngeren, schwarzen Boxer Ezzard Charles aus Lawrenceville, Georgia.