Freitag, 29. März 2024

Archiv

Brandbekämpfer LUF
Querfeldein und ohne Schlauch - löschen mit dem Roboter

Ohne Straßen für die Löschfahrzeuge und ohne Schläuche für das Wasser geht es bei herkömmlichen Feuerwehren nicht. Ein Unternehmer und Tüftler aus Österreich setzt auf Roboter und Wasser als Sprühnebel. Er löscht, wo andere nicht helfen können.

Von Klaus Lockschen | 14.06.2019
Brennt es, ist die Feuerwehr mit ihren Löschfahrzeugen meist schnell zur Stelle. Problematisch kanns dann werden, wenn etwa das Einsatzgebiet abseits befahrbarer Wege liegt.
"Die gesamte Feuerlöschtechnik konzentriert sich straßengebunden. Da können Sie alle Großen hernehmen, also die ganzen Marktführer. Von der Straße geht ein Schlauch, und wenn der Schlauch fertig ist, ist Ende."
Bruno Walter ist Eigentümer der Firma LUF in der 2.000-Seelen-Gemeinde Thüringen im österreichischen Vorarlberg, die auf eine 1896 gegründete Schmiede zurückgeht. Seit gut zwei Jahrzehnten fertigt er Löschroboter, die zwar auch straßentauglich sind, die aber ebenfalls, wenn nötig, über Trümmerfelder steigen oder eigenständig die Treppe bewältigen.
"Der fährt auf der Stiege. Das ist in Frankfurt, da haben wir so viele U-Bahn-Übungen gemacht, U-Bahn runter, rauf…"
Selbstverständlich feuerwehrrot sind sämtliche Produkte, die in den drei Produktionshallen unmittelbar neben dem sanft dahinfließenden Flüsschen Lutz hergestellt werden.
"Wenn der Schlauch fertig ist, ist Ende."
Was hinter Firmen- und Produktnamen steht, löst der 50-Jährige schnell auf.
"LUF, Lösch-Unterstützungs-Fahrzeug, und 60 ist die Wurfweite von unserem Wassernebel. Bis 60 Meter haben Sie diesen Wassernebel."
Die Initialzündung zum Tüfteln an einem Löschroboter erfolgte Mitte der 90er-Jahre, nachdem bei einem Großbrand im Pfändertunnel mehrere Personen starben. Als damaliger Zulieferer für Schneekanonen kam Bruno Walter genau dieses Prinzip zur Brandbekämpfung in den Blick. Möglichst aus Distanz und ohne Menschen zu gefährden den Brandherd effektiv zu bekämpfen, auch bei totaler Verrauchung. 1998 war der Prototyp fertig.
"Das Ziel ist, dass das gesamte Löschwasser im Feuer verdampft. Dann hat das Wasser seinen Job gemacht. Wenn ich das nur reinkübele und unten rinnt es weg, dann hab ich der Hitze nicht weggetan. Und der Knackpunkt bei unserer Brandbekämpfung ist: Wir senken die Temperatur. Und in dem Moment, wo die Temperatur niedrig ist, brennt's nimmer."
Bruno Walter führt zu mehreren fertigen Löschrobotern. 1,3 mal 2,3 Meter groß, von Ketten angetrieben und oben ein wie ein Flugzeugtriebwerk aussehendes schwenkbares Lüfterrohr.
"Das ist eine Löschkanone, Standardkanone LUF 60. Hier sind 360 Düsen, wo wir das Wasser mechanisch aufbereiten. Das heißt, über 360 Düsen wird das Wasser zerstückelt, damit man mehr Oberfläche hat. Löschen tut die Wasseroberfläche."
Im Fahrzeug ist ein Löschwassertank integriert, zudem lassen sich Schläuche anschließen.
"Da gehen beim Wassernebel 400 Liter pro Minute, und in der Luft müssen sie sich aufheizen. Sie müssen in der Luft die Temperaturenergie entziehen."
Ein Greifarm für spezielle Fälle
Die Steuerung ist zweigleisig ausgelegt und kann sowohl von Hand am Fahrzeug als auch über 300 Meter Distanz per Funk erfolgen. Zahlreiche Features sind möglich wie Schaumrohr, Greifarm, Kamera, Seilwinde.
"Diese Maschine hat einen Minikran oben, der ist dazu da, dass eine Person in einem Vollschutzanzug mit diesem Kran ein Giftfass aufheben kann, in diese Kiste tun und aus dem Gefahrenbereich bringen".
Angetrieben wird mit einem kräftigen Dieselmotor.
"Das sind Motoren wie in jedem Bagger, wie in jedem Traktor. Jedoch werden diese Motoren von uns modifiziert. Das heißt, ein Motor von der Stange läuft nicht. Weil bei uns geht zum Luftfilter mehr Schmutz rein wie zum Auspuff rauskommt. Was ganz wichtig ist: Diese Maschinen laufen in Sibirien genauso wie auf den Philippinen."
90 Prozent gehen in den Export. Asien ist das Hauptabsatzgebiet. Hongkong, Macao, Philippinen, Burma, Thailand, Indonesien.
"Der geht nach China, diese Maschine, diese geht in die Schweiz, und diese zwei da unten gehen nach Bangladesch."
Mittlerweile steht neben der Standardvariante auch ein großer Bruder im Programm, der mit einem Wasserdurchsatz von 15.000 Litern pro Minute und einer Wurfweite von 110 Metern auf die Bekämpfung von Großbränden ausgelegt ist. Ebenso ein kleines Geschwister namens Micro.
"Diese Fahrzeuge sind 75 cm breit und 1,20 Meter lang. Die kommen in jeden Lift, ins Hochhaus, 50. Stock."
Tüftler und Unternehmer zugleich
Rund 400 der zwischen 160.000 und 350.000 Euro teuren LUF-Fahrzeuge sind im weltweiten Einsatz, und jährlich stellt die zehnköpfige Belegschaft etwa 40 Stück her. Jahresumsatz im Schnitt zehn Millionen Euro.
An Ideen hat es dem quirligen Firmenlenker nie gemangelt. Im Katalog stehen mobile Großventilatoren für die Entrauchung von Hallen, die die Luft mit 180 km/h verjagen, ebenso mobile Wasserversorgungssysteme, die über 50 Zentimeter dicke Gewebeschläuche 12.000 Liter pro Minute mit Hochdruck über eine Strecke von zwölf Kilometern befördern können.
"Diese Anlagen werden nicht nur zur Brandbekämpfung verwendet, sondern auch bei Erdbeben für die Wasserversorgung von Großstädten".
Außer Löschen geht noch mehr
In Bruno Walters Seele scheinen zwei Eigenschaften vollends verschmolzen zu sein: Tüftler- und Unternehmergeist. Gerade zurück aus Australien berichtet er, dass er dort in den Outbacks, aufbauend auf das Chassis des kleinen Löschroboters, einen allradgetriebenen Outdoor-Rollstuhl getestet hat. Gebirgspfade, seichte Wasserläufe, sandige Pisten, alles kein Problem, sagt er. Schon bald soll das Stück in Serie gehen. Wohl das einzige Produkt, das nicht zwingend das Feuerwehrrot braucht.