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Brandschutz durch Moorvernässung

Die verheerenden Brände um Moskau von 2010 und 2011 gingen zurück auf trockengelegte Moore. Sie sollen nun im Rahmen des deutsch-russischen Regierungsabkommens versumpft und renaturiert werden, um die Entflammbarkeit zu reduzieren.

Von Martin Wolter | 29.07.2013
    "Russland hat ja nun die größten Moorvorkommen, insbesondere Westsibirien, da ist ja nun alles vermoort, aber in dem Moskauer Raum, da wurden seit der Sowjetmacht – Lenin spricht ‚Elektrokraft mit den Sozialismus schafft‘ – und diese Elektrokraft wurde eben erzeugt durch die Torfverbrennung."

    Dr. Michael Succow, emeritierter Professor für Landschaftökologie und Gründungsdirektor der gleichnamigen Stiftung, war schon vor der Wende in der Moorerkundung in der ehemaligen Sowjetunion aktiv.

    "Und da liefen vor allem im Umland von Moskau, wo Industrien aufzubauen waren, in den 20er-Jahren große Moorerkundungen, es wurde auch ein zentrales ‚Institut für Torfwirtschaft‘ errichtet. Diese Institution hat die Moorerkundung gemacht und dann die gesamte Technologie entwickelt für die Brennstoffgewinnung, für das Verheizen von Torf."

    Succow kennt die trockengelegten Flächen, die nach dem Abbau zurückbleiben. Der Boden setzt im Kontakt mit dem Sauerstoff der Luft nicht nur enorme Mengen CO2 frei, sondern ist auch extrem leicht entzündlich. Insbesondere in der Provinz Moskau ist dies heute ein großes Problem – auch weil Torf als Brennstoff wieder an Popularität gewinnt.

    "Und jetzt wieder eine Renaissance: Abbau von Torf als relativ billig und reichlich vorhanden, aber jedes Moor, das ich für die Torfextraktion nutzen will, muss ich entwässern. Und in diesem subkontinentalen Klima Moskaus mit viel heißeren Sommertemperaturen, damit sehr starkem Absinken des Grundwasserstandes haben wir dann Brände, die im Sommer beginnen und bis in den Herbst, bis in den Winter als Schwelbrände auch unter der Schneedecke sich fortsetzen."

    Die dramatischen Fernsehbilder dominierten damals nicht nur die ausländische Berichterstattung, sondern setzten auch die russische Regierung innenpolitisch unter Zugzwang. Die Verantwortlichen erinnerten sich an das deutsch-russische Wirtschaftsabkommen – und baten die Succow-Stiftung um Hilfe bei der Brandvorbeugung.

    Denn diese hat schon in Niedersachsen und Vorpommern sehr erfolgreich abgetorfte Moore renaturiert. Drainagegräben wurden blockiert und die Flächen wieder vernässt. Auf diesen Böden ziehen sie Torfmoos, das auch auf Hochmooren vorkommt, als Ersatzstoff für Gartenerde heran. Da das Moos stetig nachwächst, muss kein Torf mehr für Düngemittel abgebaut werden.

    "Da haben wir mit diesem Peat-Farming, also Torfmoos-Züchtung, ein Verfahren, um eben wegzukommen vom Abbau der letzten noch intakten Moore – die sollen speichern – und jetzt Torfmoos als Kulturpflanze zu etablieren, und das läuft gut."

    Was für Projektleiter Jan Peters und die Zusammenarbeit mit den Verantwortlichen staatlicherseits nicht unbedingt gilt.

    "Das Hauptproblem in der Zusammenarbeit mit russischen Stellen ist, dass in den Verwaltungen häufig keine Experten sitzen, sondern Politiker, die häufig keinen Hintergrund haben und nicht wissen, wovon wir sie überzeugen wollen. Das zweite Hauptproblem ist, dass es sehr häufig politische Wechsel gibt und Entscheidungsträger ausgetauscht werden, ehemalige Ansprechpartner nicht mehr verantwortlich sind für unsere Projekte. Man hat häufig das Problem, dass man immer wieder von Neuem versuchen muss, an die Entscheidungsträger ranzukommen und sie auch zu überzeugen."

    Denn Beharrlichkeit und Verhandlungsgeschick gehören zum Handwerkszeug eines Naturschützers immer dazu - nicht nur in Russland.