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Brexit-Opfer
Nissan baut SUV in Japan statt in Nordengland

Die Nachricht hat die britische Regierung kalt erwischt: Nissan wird den neuen Geländewagen X-Trail nicht im nordenglischen Sunderland bauen, sondern in Japan. Ein Grund für die Entscheidung ist die Unsicherheit durch den geplanten EU-Austritt Großbritanniens.

Von Friedbert Meurer | 04.02.2019
    Das Logo des Autobauers Nissan
    Brexit verunsichert den japanischen Autobauer Nissan (epa/K. Mayama)
    Premierministerin Theresa May hatte sich persönlich kurz nach dem Brexit-Referendum für den Standort Sunderland eingesetzt - zunächst mit Erfolg. Nissan aber hat jetzt seine Meinung über den Standort geändert und als einen Grund explizit die Unsicherheit durch den Brexit aufgeführt.
    Frust und Enttäuschung
    "Das ist für mich sehr enttäuschend und frustrierend", gesteht Wirtschaftsminister Greg Clarke. Er gehört im Kabinett zu denen, die vehement vor einem harten Brexit warnen. "Weltweit haben wir den Ruf, ein guter Standort für Investitionen zu sein, und dass in unserem Parlament pragmatische Entscheidungen getroffen werden. Das wird jetzt von den Vorständen in Frage gestellt."
    Unmittelbar gehen in Sunderland allerdings keine der bestehenden 7.000 Arbeitsplätze verloren. Der Qashqai wird zum Beispiel weiterhin in dem englischen Werk gebaut. Aber der Geländewagen hätte für 740 neue Jobs gesorgt - und den Standort gestärkt.
    Welche Rolle spielt die Diesel-Krise?
    Nissans Entscheidung hat aber nicht nur mit dem Brexit zu tun. In Sunderland sollte die Dieselversion des X-Trails gebaut werden, aber die Nachfrage ist eingebrochen. Steckt also in Wahrheit die Diesel-Krise dahinter?
    James Ramsbotham, Chef der Handelskammer für Nordost-England, verneint. "Die Wahrheit ist, dass dieser Sektor jede Hilfe braucht, damit er in diesem Land bleibt. Der Brexit macht das unglaublich schwierig. Das wurde jetzt noch dadurch verschärft, dass die EU und Japan gerade ein Freihandelsabkommen beschlossen haben. Die Gefahr, dass wir nicht dazu gehören werden, ist sehr ernst zu nehmen."
    Ähnliches gilt für das bestehende Freihandelsabkommen der EU mit Südkorea. Experten halten es für möglich, dass zum Beispiel jetzt Neuwagen von Sunderland nach Südkorea verschifft werden, wochenlang unterwegs sind - und erst nach dem 29. März ankommen, dem Austrittsdatum aus der EU. Gibt es bis dahin keinen Vertrag des Vereinigten Königreichs mit der EU, werden bis zu zehn Prozent Zölle fällig.
    Investitionen sinken bereits jetzt spürbar
    Entsprechend interpretiert John Neill vom Ersatzteillieferanten Unipart Nissans Entscheidung gegen Sunderland. "Nissan hat darauf verwiesen, dass ein Exit ohne Vertrag verheerend für die Automobilindustrie wäre. Die Investitionen der Branche im Vereinigten Königreich sind um 80 Prozent zurückgegangen. Die Autoindustrie macht sich extreme Sorgen wegen des Brexits."
    Nächste Woche wird das britische Unterhaus wieder über eine Reihe von Anträgen zum Brexit abstimmen. Die Abgeordneten, die einen 'No Deal' auf jeden Fall ausschließen wollen, werden sich in ihren Warnungen bestätigt fühlen. Ausgerechnet in Sunderland hatten 2016 über 60 Prozent der Wähler für den Brexit gestimmt. Der ein oder andere dürfte das jetzt bereuen.