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Brexit
Schützenhilfe nicht erwünscht

Gisela Stuart ist stellvertretende Labour-Fraktionschefin und wirbt mit Leidenschaft für den Austritt aus der EU. Ausgerechnet der französische Front National bietet Hilfe an. Gisela Stuart will das aber nicht und hat das Innenministerium gebeten, FN-Chefin Le Pen die Einreise zu verbieten – wegen ihrer Hetzreden.

Von Friedbert Meurer | 26.04.2016
    Die Chefin des rechtsextremen Front National, Marine Le Pen.
    Darf Marine Le Pen nach Großbritannien einreisen oder nicht? (picture allianc / dpa / Kristina Afanasyeva)
    Mittwoch, vor zwei Wochen in einem Saal in Westminster: Gisela Stuart begrüßt als Co-Vorsitzende die Anhänger der "Vote Leave"-Kampagne. Die führende und offizielle britische Kampagnenorganisation ruft dazu auf, für einen Brexit zu stimmen.
    "Ich muss gestehen, dass das für mich kein leichter Weg gewesen ist. Ich bin in Deutschland geboren. Meine Eltern sind aus Osteuropa geflohen. Ich bin mit den grauenhaften Geschichten des Krieges aufgewachsen. Und deswegen bin ich instinktiv für eine engere Zusammenarbeit der Völker."
    Die EU ist ein undemokratisches Projekt, das wird sich nie ändern – das ist Stuarts Credo, weswegen sie an vorderster Stelle für einen Brexit wirbt. Dabei möchte sie aber auf keinen Fall mit ausländerfeindlichen Rechtsaußen-Politikern in Verbindung gebracht werden.
    "Zum Beispiel nicht mit Marine Le Pen, der Vorsitzenden des Französischen Front National. Im Europaparlament gibt Le Pen hier eine ungebetene Solidaritätsadresse über den Ärmelkanal hinweg ab. Die Briten wollten raus aus dem Korsett der EU. Sie sehnen sich nach ihrer Souveränität zurück und danach, ihre Probleme in einem nationalen Rahmen zu lösen."
    Marine Le Pen und der Brexit
    Marine Le Pen möchte auch Frankreich aus dem Euro und der EU führen, ein Brexit könnte dieser Idee in Frankreich zu noch mehr Auftrieb verhelfen. Deswegen plant die Vorsitzende des Front National, sich in den britischen Wahlkampf einzuschalten. Die Idee wurde just bekannt, als sich gerade ein anderer ausländischer Politiker in London zum Brexit erklärte.
    "Ich sage nur meine Meinung, das ist die Entscheidung des britischen Volkes, betonte US-Präsident Barack Obama letzten Freitag-Abend. Ein Brexit sei aber schlecht für die Weltwirtschaft und schlecht für die transatlantischen Beziehungen. Ein Austritt würde dem Zusammenhalt der Europäer Schaden zufügen und der Nato."
    Obama legte noch nach: die USA wollten einen Handelsvertrag mit der EU, bei einem Austritt aus der EU müssten sich die Briten ganz hinten in der Schlange anstellen.
    Die Brexit-Befürworter auf der Insel waren empört: Die Worte Obamas wurden als unzulässige Einmischung gebrandmarkt. Dann wurde bekannt, dass Gisela Stuart Marine Le Pen nicht auf der Insel sehen will.
    "Die Labour-Abgeordnete Gisela Stuart fordert Sie auf, Marine Le Pen die Einreise zu verweigern."
    BBC-Starmoderator Andrew Marr fragt Sonntagmorgen Innenministerin Theresa May, wie sie entscheiden werde.
    Einreiseverbot für Marine Le Pen?
    Ich rede niemals über individuelle Entscheidungen, entgegnet May, und hält sich vorerst bedeckt. Das britische Innenministerium hat schon häufiger Einreiseverbote ausgesprochen, z.B. gegen Hassprediger. Was aus Le Pens Plänen wird, bleibt also offen – auch, weil die Chefin des Front National vor einem zweiten Problem steht. Niemand will sie einladen. Das Vote-Leave-Bündnis von Gisela Stuart auf gar keinen Fall, aber auch Leave.EU nicht, die zweitgrößte Brexit-Kampagne, die von UKIP-Chef Nigel Farage unterstützt wird.
    "Der französische Front National und wir haben eine völlig andere Tradition und Background, meinte Farage schon vor zwei Jahren. In dieser Partei ist Antisemitismus fest verankert. Aus prinzipiellen Gründen werden wir daher weder jetzt noch irgendwann in der Zukunft zusammenarbeiten."
    Aber: Farage sprach sich dagegen aus, Marine Le Pen mit einem Einreiseverbot zu belegen. Le Pen ließ über ihr Büro mitteilen, eine Reise werde noch geprüft.