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Britische Rechtspopulisten im Aufwind

Die rechtsgerichtete Unabhängigkeitspartei Großbritanniens (UKIP) wurde bei der Europawahl 2009 zweitstärkste Kraft. Beim nächsten Mal will Parteichef Farage die EU-Gegner auf Platz eins führen. Laut Meinungsforschern ist das nicht unwahrscheinlich.

Von Jochen Spengler | 21.09.2013
    Die altehrwürdige Central Hall in Westminster ist berstend voll. Hunderte, vorwiegend männliche und ergraute Parteimitglieder tragen am Revers eine Lilafarbene Rosette, darin auf gelbem Grund das Pfundzeichen und das Kürzel UKIP.

    "Good Morning."
    Am Rednerpult heizt der Parteichef der EU-feindlichen wahren Finnen als Gastredner, die ohnehin schon aufgeräumte Stimmung an:

    "Wenn die EU ein Unternehmen wäre, dann hätte man ihre Führer rausgeschmissen - schon vor langer Zeit."

    Der Aufforderung, das britische Pfund zu behalten, hätte es hier nicht bedurft. Geht es nach UKIP würde Großbritannien eher heute als morgen die EU verlassen. Aber die Rechtspopulisten wollen nicht nur als Einpunktpartei erscheinen. Beispiel Energiepolitik. Der Europaabgeordnete Roger Helmer doziert, man wolle billige Energie

    "Durch ausgereifte Technologien wie Kohle, Gas und Atomstrom und nicht durch die Spielplatztechnik, auf die die Regierung baut, wie Wind und Sonne. Windfarmen sind eine Nicht-Lösung für ein Nicht-Problem. Sie produzieren ein unregelmäßiges Rinnsal sehr teuren Stroms – die reine Geldverschwendung und Schaufensterpolitik."

    UKIP setzt ohne Wenn und Aber auf Schiefergas und Fracking. Die Partei streitet auch für die Wiedereinführung der Gymnasien und für Law and Order. Das Menschenrechtsgesetz, so schimpft Paul Nuttall der Vizechef, sei verkommen zu einer Charta der Rechte von Kriminellen.

    "Wir wollen Strafen, die das bedeuten, was sie aussagen; wenn Du einen Mord begehst, dann muss lebenslänglich auch lebenslänglich heißen."


    Ein UKIP-Mitglied auf einer Anti-Euro-Demonstration in London


    UKIP ist die Partei der einfachen Antworten auf schwierige Fragen. Die Kaffeepause bietet Gelegenheit, zu erfahren, was die wenigen jüngeren Anwesenden umtreibt.

    "Raus aus Europa, weniger Einwanderung, bessere Bildung – ich war konservative Gemeinderätin und bin in den letzten Monaten zu UKIP gewechselt"

    Erzählt die blonde 45-jährige Aliston; Alexander ist 23:

    "Wegen der Wirtschaftspolitik, ein schlanker Staat, niedrige Steuern, ökonomische Freiheit, wenn wir weg von der Bürokratie wollen, müssen wir auch die EU loswerden."

    Maja ist 39, indischstämmig und gegen die Immigration:

    "Unser Land ist zu voll im Moment, damit kommt unsere Infrastruktur nicht mehr zurecht, unsere Schulen und Krankenhäuser – das geht nicht mehr."

    Einwanderung ist ein Lieblingsthema jenes Mannes, der bei seinem Erscheinen wie ein Star gefeiert wird und ohne den UKIP noch immer eine Splitterpartei wäre.

    "Bitte heißt mit mir den Mann willkommen, der zum Politiker des Jahres gewählt wurde und der uns bei den Europawahlen im kommenden Jahr zum Sieg führen wird."

    Nigel Farage. Der charismatische, humorvolle Parteichef watscht zunächst einmal wie üblich die anderen Parteien ab, von dem die UKIP-Mitglieder genug hätten:

    "Sie haben die Schnauze voll von den Pappfigur-Karrieristen in Westminister, die alle gleich aussehen und sich anhören und niemals bereit sind, die Interessen des britischen Volkes an die erste Stelle zu setzen."

    Dazu gehöre es auch, klar nein zur befürchteten Masseneinwanderung von Bulgaren und Rumänen zu sagen. Er wisse, sagt der 49-jährige Europaabgeordnete, dass dies die EU-Gesetze nicht erlaubten, was aber nur ein weiterer Grund sei, dem Verein endlich den Rücken zu kehren und dafür zunächst die Europawahl zu gewinnen.

    "Lass uns den 22. Mai im nächsten Jahr zu unserem EU-Referendum machen und die Gelegenheit nutzen, ein Erdbeben durch die Westminsterpolitik zu schicken, und uns als Nation aufstehen, um zu sagen: Wir wollen unser Land zurück."

    Meinungsforscher halten einen Sieg UKIPs bei der Europawahl für wahrscheinlich.