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Broadway
Präsident Johnson mit Energie, Sensibilität und Ängsten

Ein Vollprofi der Politik war Lyndon B. Johnson, der demokratische Präsident der USA, der Kennedy nachfolgte. Ein Broadway-Stück zeigt Politik als ein chaotisches Geschäft, präsentiert von zwei charismatischen Hauptdarstellern.

Von Andreas Robertz | 18.03.2014
    Der US-Schauspieler Bryan Cranston hält in jeder Hand einen Golden Globe. Er wurde auch 2014 wieder für seine Rolle in der Serie "Breaking Bad" ausgezeichnet.
    US-Schauspieler Bryan Cranston spielt den Politiker Johnson. (dpa / Paul Buck)
    "All the way with LBJ", so hieß der Slogan der demokratischen Präsidentschaftskampagne von 1964. Lyndon B. Johnson, der die Amtsgeschäfte nach der Ermordung John. F. Kennedys 1963 übernommen hatte, kämpfte um seine erste richtige Amtszeit. Robert Schenkkans' Stück handelt von diesen ersten elf Monaten, als Johnson, der nie Präsident werden wollte, eine aufgewühlte und trauernde Nation befrieden musste. Es war auch die entscheidende Phase im Kampf um den Civil Rights Act, das Gesetz, das endgültig die Rassentrennung zwischen Weiß und Schwarz abschaffen sollte.
    Die Bühne ist wie die Miniatur eines Plenarsaals gebaut, mit Sitzreihen auf den Rängen und einer leeren Mitte für Johnsons Oval Office und Martin Luther Kings Hotelzimmer. Mit einem 20-köpfigen Ensemble und mehr als 60 Figuren handelt das Stück von der Brisanz der damaligen Situation, von dem lähmenden Zögern der demokratischen Partei, den Widerständen der Republikaner, dem Revisionismus der Südstaaten und dem blutigen Kampf der schwarzen Bürgerrechtler auf den Straßen Alabamas und Mississippis.
    Dass man in dieser Geschichte nicht verloren geht, liegt an der immer auf das Wesentliche konzentrierten Regie von Bill Rauch und vor allem an zwei Männern: Brandon Dirden als Martin Luther King und Bryan Cranston als Lyndon B. Johnson. Dirden spielt King ruhig und überlegt, mit großer innerer Kraft und Autorität. Und Bryan Cranston, als verzweifelter Chemielehrer und Drogendealer Walter White aus der Serie "Breaking Bad" bekannt, spielt Johnson in seinem Broadwaydebut mit ungeheurer Energie und Durchsetzungskraft. Drei Stunden lang dominiert er mit seinem breiten texanischen Akzent und seinem leidenschaftlichen Charisma den Abend. Dazu Bryan Cranston:
    "Schauspieler müssen eine Schauspielerarroganz haben. Eine, die sagt: Ich will diese Rolle. Ich muss das haben. Gib mir die Chance. Du brauchst das, um in so eine Rolle springen zu können."
    Cranston kreiert eine interessante Spannung zwischen dem öffentlichen Auftritt Johnsons, in dem er abwägend und kontrolliert ist, und dessen privater Präsenz, in der er flucht, vor Lachen brüllt und gerne mal Dinge um sich schmeißt. "All The Way" hat nicht den düsteren, von schweren moralischen Erwägungen geprägten Ton wie Toni Kushners Drehbuch zum Film "Lincoln". Politik ist hier ein chaotisches Geschäft, das durch schnelles Reagieren, Hakenschlagen, Verbrüderung und Drohungen zum Abschluss geführt werden muss.
    Wie Johnson sagen würde: Politik ist nicht Krieg mit anderen Mittel, es ist schlichtweg Krieg. Cranstons Johnson ist leidenschaftlich, sympathisch und erschreckend gleichzeitig.
    "Ich wollte in der Lage sein, alle seine Seiten zu spielen. Nicht nur seine Erfolge, sondern auch seine Ängste, seine Sensibilität und Fehler."
    "All the Way" ist eine gut erzählte Geschichtsstunde über einen der entscheidenden Momente der neueren amerikanischen Geschichte, doch letztlich werden nur "Old School"-Machtmechanismen porträtiert. Und in dieser Welt war Johnson ein absoluter Profi.
    Da hilft es auch nicht, dass man seine Bauernschläue hier bewundert und weiß, dass er mit denselben Mitteln Amerika ein Jahr später davon überzeugen wird, den Vietnamkrieg zu beginnen.
    Letztendlich reflektiert der Abend die Sehnsucht nach dem starken Mann in Washington, der durchsetzt, was er sagt. Etwas, das die Amerikaner in Barack Obama und der aktuellen Regierung so vermissen.
    Standing Ovations für einen fesselnden Abend über Macht, Integrität und amerikanische Politik mit einem fantastischen Bryan Cranston.