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Brügmann: Postuniversitäre Praxisausbildung für Juristen ist wichtig

Die Bundesländer Baden-Württemberg und Sachsen nehmen erneut Anlauf: Das Jura-Studium soll endlich auf Bachelor und Master umgestellt werden. Das Ansinnen selbst ist nicht neu, diesmal scheinen aber diverse Uni-Dekane schon informiert worden zu sein. Am Montag ist die offizielle Pressekonferenz. Sorge bereitet Cord Brügmann vom Deutschen Anwaltverein vor allem, dass scheinbar das Referendariat abgeschafft werden soll.

Moderation: Ulrike Burgwinkel | 30.03.2007
    Ulrike Burgwinkel: Wie reformbedürftig ist denn das Jura-Studium.

    Cord Brügmann: Aus Sicht der Anwaltschaft ist das Jurastudium dringend reformbedürftig. Es gibt sozusagen zwei Baustellen: Eine Baustelle ist das Studium, die andere aus Sicht der Anwaltschaft dringendere Baustelle ist das Referendariat, die zweijährige praktische Ausbildung, die auf das Studium folgt. Wenn wir bei dem ersten Punkt beginnen, das Jurastudium ist gar nicht so schlecht in Deutschland, es ist sogar ganz schön gut. Aber wir haben ein kleines Problem, was aus Europa auf uns zukommt, und das ist der so genannte Bolognaprozess. Alle Studiengänge sollen auf Bachelor- und Mastersysteme umgestellt werden. Da kann sich die Juristenausbildung eigentlich nicht rausziehen.

    Burgwinkel: Denken Sie denn, das das möglich ist, das Jurastudium auf Bachelor und Master umzustellen ohne Probleme?

    Brügmann: Ich denke, das geht. Die Reformen des Bolognaprozesses sind Strukturreformen. Das sind keine Inhaltsreformen, und mit Sicherheit ist es möglich, ein hochanspruchsvolles wissenschaftliches Studium auch in ein Bachelor- und Masterkorsett zu bringen.

    Burgwinkel: Und Sie glauben nicht, dass die Traditionalisten des Faches stöhnen, weil es kein Referendariat mehr geben wird, kein Staatsexamen mehr geben wird?

    Brügmann: Oh doch, das glaube ich auf jeden Fall, und wenn ich das so sagen darf, wir stöhnen, auch ohne Traditionalisten zu sein, denn der Vorschlag, der jetzt bekannt geworden ist aus Baden-Württemberg und aus Sachsen, der sieht in der Tat eine Abschaffung des Referendariats vor. Der Bolognaprozess sieht das nicht vor, und aus Sicht des Deutschen Anwaltvereins ist es auch ganz wichtig, dass man nach dem Studium eine postuniversitäre Praxisausbildung hat, denn was muss denn am Ende eines Studiums oder einer Juristenausbildung stehen? Wenn jemand den Titel Rechtsanwalt trägt, dann muss er in der Lage sein, eigenverantwortlich ein kleines Unternehmen, Rechtskanzlei, zu führen und muss so rechtsberaten können, dass der Bürger, der Mandant, sich voll auf diesen Rechtsrat verlassen kann. Wir glauben, dass es dafür eine Praxisausbildung braucht, die man nicht in das Studium integrieren kann, so wie es jetzt der Herr Professor Goll, der Justizminister aus Baden-Württemberg, vorgeschlagen hat.

    Burgwinkel: Haben Sie denn eigene Vorschläge, also im Deutschen Anwaltverein?

    Brügmann: Der Deutsche Anwaltverein hat schon seit circa 15 Jahren einen Vorschlag, den man unter die Überschrift "Spartenausbildung" subsumieren kann. Wir sagen, unabhängig davon, wie das Studium reformiert wird, muss das Referendariat so reformiert werden, dass die Hauptberufe der Juristen, nämlich der Richter- und Staatsanwaltschaftsberuf, der Beruf des Verwaltungsjuristen und der des Anwalts beziehungsweise der Rechtsanwältin, dass die je eigene Ausbildungsgänge von circa zwei Jahren bekommen. Der DAV hat da im letzten Herbst ein eigenes Ausbildungsmodell, einen Gesetzentwurf zur Einführung einer Spartenausbildung vorgestellt. Über den wird sich die Justizministerkonferenz, das sind hier die zuständigen Minister, die Justizministerkonferenz der Länder, im Jahr 2008 unterhalten.